Die rechtliche Bewertung medizinischer Gutachten

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CiceroOWL
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Die rechtliche Bewertung medizinischer Gutachten

Beitrag von CiceroOWL » 29.12.2013, 11:01

Quelle: WzS 12.13 Roller Die rechtliche Bewertung medizinischer Gutachten im Sozialrecht S 332 -337

Die rechtliche Bewertung
medizinischer Gutachten im
Sozialrecht*
Dr. Steffen Roller, Richter am Sozialgericht (sV), Konstanz

Das Sozialrecht ist in wesentlichen Bereichen durch Sachverhalte geprägt, die die Feststellung von Gesundheitsbeeinträchtigungen und den daraus sich ergebenden tatsächlichen Folgen erfordern. Be-hörden und Gerichte bedienen sich dazu der Hilfe medizinischer Sachverständiger. Wer medizinische Gutachten erstattet, muss deren rechtliche Rahmenbedingungen kennen. Auch wer mit diesen Gut-achten umzugehen hat – sei es bei der Entscheidung in Behörde oder Gericht, sei es bei der Rechts- oder Sozialberatung – muss deren Inhalt rechtlich bewerten können. Vergleichbare Fragen stellen sich auch bei medizinischen Gutachten, die im Verwaltungsverfahren erstattet werden, insbesondere dann, wenn diese einer Überprüfung in einem nachfolgenden gerichtlichen Gutachten unterzogen werden.

I. Die Person des Sachverständigen
1. Unabhängigkeit
Das Gutachten ist unparteiisch und nur nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten, so lautet die Eidesformel des Sachverstän¬digen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 410 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Sachverständige ist gegenüber den Beteiligten des Verfahrens neutral. Er kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO).1 Auch wenn allein deswegen noch kein Ablehnungsgrund vorliegt, wird das Gericht schon aus Gründen der Akzeptanz des Gutach¬ters keinen Arzt beauftragen, der häufig für einen der Beteiligten gutachtlich oder in sonstiger Weise tätig ist.
Gutachten, die ein befangener Sachverständiger erstattet
hat, sind mangelhaft und für das Gericht nicht verwertbar. Es
droht der Verlust des Vergütungs­ und Entschädigungsanspruchs.
Trotz dieser klaren gesetzlichen Vorgaben herrscht teil
weise ein diffuses Misstrauen im Hinblick auf persönliche und
wirtschaftliche Abhängigkeiten von Ärzten gegenüber manchen
Versicherungen und Sozialleistungsträgern. Dieses Misstrauen
zieht sich etwa durch eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE
vom Frühjahr 2013 – bezogen insbesondere auf gerichtliche
Verfahren im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, Arzthaftung
und Berufsunfähigkeitsversicherungen.2 Ähnlich motiviert ist der
Vorschlag, Sachverständige vor Gericht auszuschließen, wenn sie
* Der Beitrag beruht auf einem Vortrag im Zentrum für Psychiatrie Reichenau am 6. 11. 2013. Die Vortragsform wurde weitgehend beibehalten.

schon einmal für einen Beteiligten ein Gutachten erstellt haben3 – eine Regelung, die die Tätigkeit der Sozialgerichte faktisch un¬möglich machen würde.
Eine Abhängigkeit des Sachverständigen besteht durch¬aus – die gegenüber dem Gericht. Das sieht das Gesetz auch so vor. Richter und Gutachter kooperieren, sind in Teilbereichen geradezu Partner,4 aber sie sind nicht gleichgeordnet. Das Gericht hat die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen (§ 404a Abs. 1 ZPO). Wenn Sachverständige – auch im Hinblick darauf, dass sie zukünftig wieder als Gutachter beauftragt werden – ihre Tätigkeit danach ausrichten, was das Gericht von ihnen möglicherweise er¬wartet, ist das nicht problematisch, sondern richtig.
Das Gericht erwartet kein bestimmtes Ergebnis. Es er-wartet, dass es seine Entscheidung auf das Gutachten stützen kann. Wann aber können sich Gerichte auf Gutachten stützen? In den Urteilen finden sich immer wieder Formulierungen wie, das Gutachten ist „schlüssig“, „schlüssig und nachvollziehbar“, „schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar“ oder „schlüssig und nachvollziehbar und damit überzeugend“.5 Nur ein Sachver¬ständiger, welcher die für die Erstellung des Gutachtens geltenden gesetzlichen Vorschriften beachtet und darüber hinaus „fachmännisch“ vorgeht, vermag diese Anforderungen zu erfüllen.

2. Sachkunde
Maßgebliches Kriterium bei der Auswahl eines Sachverständigen ist seine Sachkunde. Diese kann u. a. durch eine im Einzelfall notwendige apparative Ausstattung bestimmt werden, denn die Kenntnis der Bedeutung medizinischer Befunde nützt wenig, wenn man sie nicht feststellen kann. Inhaltlich ist die Sachkunde von Ärzten i. d. R. durch ihr Fachgebiet bestimmt,6 wobei die Einteilung nach Gebieten in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern die wesentliche Abgrenzung liefert. Im Einzel¬fall können „fachübergreifende“ Erfahrungen bestehen.7 Innerhalb eines Gebiets, in dem ein Arzt die Facharztbezeichnung führt, ist er als insgesamt sachkundig und damit geeignet anzusehen, auch wenn er in Ausbildung und beruflicher Tätigkeit einen Schwerpunkt auf Teile des Gebiets gesetzt hat.8 Eher selten handelt es sich um Spezialfragen innerhalb eines medizinischen Fach¬gebiets, die spezielle Kenntnisse verlangen, die über dasjenige des Facharztes hinausgehen.

Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weite¬rer Sachverständiger erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständi¬gen (§ 407a Abs. 1 ZPO).
Hält der Sachverständige eine Begutachtung auf einem anderen bzw. weiteren Fachgebiet für notwendig, auf dem er nicht sachkundig ist, hat er auf ein anderes Fachgebiet zu verweisen bzw. ein entsprechendes Zusatzgutachten anzuregen. Im Regelfall enthalten die gerichtlichen Gutachtensaufträge die Frage nach der Notwendigkeit einer weitergehenden Begutachtung. Wichtig ist, dass das Zusatzgutachten für die Beantwortung der Beweisfragen notwendig sein muss, nicht allein zur medizinischen Abklärung oder Behandlung. Auch darf nicht bereits eine entsprechende Untersuchung bzw. Begutachtung vorgenommen worden sein, die die maßgebliche Frage befriedigend beantwortet.
Immer wieder zu Irritationen führt die Frage, von wem chronische Schmerzen am besten beurteilt werden können. Dies kann nicht vorrangig einer besonderen fachärztlichen Ausrich-tung zugewiesen werden. Für die Qualifikation eines Sachverstän¬digen kommt es nicht darauf an, ob er von Haus aus als Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater tätig ist. Die Beurteilung von Schmerz fällt nicht zwingend in ein bestimmtes Fachgebiet. Notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfah¬rungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen.9
Neben der „rein medizinischen“ Sachkunde bedarf es der Kenntnis wie eine gutachtliche Untersuchung durchgeführt und ihre Ergebnisse dargestellt werden. Hilfestellung geben Begutachtungsleitlinien und auch Leitlinien der medizinischen Fach­gesellschaften.10 Diese sind zunächst Hilfestellungen ohne einen weitergehenden Geltungsanspruch. Gutachten müssen ihnen nicht zwingend folgen. Trotzdem setzen sie, schon weil die maßgeb¬lichen Fachkreise an ihrer Erstellung beteiligt sind, Standards. An diesen muss sich das Gutachten messen, wenn es sich nicht aus¬drücklich und mit überzeugenden Gründen gerade gegen sie wendet.11 Die Beteiligung von Sozialversicherungsträgern spricht nicht gegen diese Vorgaben; teilweise verpflichtet der Gesetzgeber Sozialversicherungsträger sogar, an der Gewinnung neuer medi¬zinischer Erkenntnisse mitzuwirken (§ 138 Abs. 1 Satz 2 Nr. 15 SGB VI, § 9 Abs. 8 SGB VII). Wichtig ist, dass die Leitlinien dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen.12 Ähnliches gilt für Erfahrungswerte (Tabellen, Empfehlungen, Richtwerte), die in der medizinischen Literatur zur Sicherstellung der Gleichbehand¬lung allgemein verwendet werden (etwa MdE­Werte in der gesetz¬lichen Unfallversicherung). Insoweit herrscht eine recht enge Bin¬dung in dem Sinne, dass eine Abweichung nur ganz ausnahms¬weise und nur nach eingehender Begründung zulässig ist.13
Juristische Kenntnisse sind vom Sachverständigen im Grundsatz nicht zu verlangen. Es ist jedoch für das Verständnis des Gutachtensauftrages wichtig zu verstehen, auf welche medizi¬nischen Fragen es rechtlich ankommt.14 Nur im Idealfall geben die Beweisfragen dies vollständig wieder. Kenntnisse über die vom Gericht zu prüfenden Voraussetzungen des konkret geltend gemachten sozialrechtlichen Anspruchs vermeiden Missverständ¬nisse. Das gilt natürlich auch in umgekehrter Richtung. Fazit: Der Mediziner muss wissen, auf was es dem Richter bei der Beantwortung der Beweisfragen rechtlich ankommt; der Richter muss wissen, wie er die Beweisfragen formuliert, damit sie der Mediziner auch beantworten kann.

3. persönliche Erstattung des Gutachtens
Das Gericht beauftragt einen bestimmten Arzt (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO), keine Abteilung eines Krankenhauses. Der Gutachter darf das Gutachten nicht auf andere übertragen (§ 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Er darf aber für die Vorbereitung und Abfassung seines schriftlichen Gutachtens ärztliche Mitarbeiter und sonstige geeig¬nete Hilfskräfte einsetzen, wenn seine persönliche Verantwortung für das Gutachten insgesamt uneingeschränkt gewahrt bleibt und er, außer bei untergeordneten Hilfstätigkeiten, die ärztlichen Mitarbeiter mit dem Umfang ihrer Tätigkeit namhaft macht (§ 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO). Bei Gutachtensaufträgen an einen Oberarzt hatder Chefarzt das Gutachten nicht mit zu unterschreiben, da sonst Unklarheiten über die Person des Gutachters entstehen und vor allem die ärztliche Schweigepflicht sowie der Sozialdatenschutz verletzt werden.15

4. eigene Untersuchung durch den Gutachter
Die Grenze der zulässigen Einbeziehung von Mitarbeitern ist vor allem im Verhältnis Chefarzt zu den ihm unterstellten Klinikärzten sowie in ärztlichen Gemeinschaftspraxen von Bedeutung. Bei psy¬chiatrischen Begutachtungen ist eine persönliche Untersuchung durch den Sachverständigen selbst unabdingbar; in anderen Fach¬gebieten hängt es vom Einzelfall ab.16 Die Grenze der zulässigen Heranziehung von Mitarbeitern wird jedenfalls dann überschritten, wenn ohne vorherige Einwilligung des Gerichts ein Zusatzgutachten eingeholt wird. Ein Zusatzgutachten liegt vor, wenn eine eigenständige Bewertung vorgenommen wird, die nicht mehr im Bereich dessen liegt, für die der beauftragte Sachverständige auf¬grund seiner eigenen Sachkunde die Verantwortung übernimmt.

II. Die gutachtliche Untersuchung
1. Der Akteninhalt als Grundlage der gutachtlichen Untersuchung Der Akteninhalt liefert die Anknüpfungstatsachen. Er muss schon zur Vorbereitung der gutachtlichen Untersuchung kritisch ausge¬wertet werden. Nur so kann der Sachverständige erkennen, welche ergänzenden Fragen er ggf. an den Probanden stellen, auf welche Befunde sich die Untersuchung beziehen und auf welche mög¬lichen Schlussfolgerungen er ein besonderes Augenmerk richten muss. Fehlende Unterlagen oder Röntgenbilder, auf die es für die Beantwortung der Beweisfragen ankommt, sind beim Gericht nachzufordern und zwar bereits vor Abschluss des schriftlichen Gutachtens.
Für das schriftliche Gutachten ist zu beachten, dass der Akteninhalt dem Gericht und den Beteiligten bekannt ist. Einer erschöpfenden Wiedergabe bedarf es nicht.17 Viel wichtiger ist es, sich in der späteren Epikrise mit den in der Akte befindlichen Tatsachenangaben, Befunden und Diagnosen auseinanderzusetzen.

2. Umgang mit dem Probanden
Ein stets sachlich­neutraler Umgang mit dem Probanden vermeidet etwaige Anträge auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit und erhöht die Chancen auf Akzeptanz des Ergebnisses des Gutachtens durch den Probanden. Nicht selten be¬schweren sich Probanden, dass sie nur kurz untersucht worden sind, dass mitgebrachte Unterlagen vom Gutachter nicht angesehen und vorgebrachte Beschwerden nicht zur Kenntnis genommen worden sind. Der Proband sollte das Gefühl haben, ernst genommen zu werden.18 Der Sachverständige sollte sich neben dem schriftlichen Gutachten aber nicht mündlich zu den Beweisfragen oder gar zum wahrscheinlichen Ausgang des gerichtlichen Ver¬fahrens äußern. Es besteht keine Gewähr, dass dies der Kläger richtig verstehen kann oder auch nur richtig verstehen will.19 DerSachverständige sollte sich bei der gutachtlichen Untersuchung auch nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wird aber die Grenze des Zumutbaren überschritten, etwa bei Beschimpfungen, Bedrohun¬gen oder gar einem tätlichen Angriff, bricht der Sachverständige die Begutachtung ab und verständigt das Gericht.20


3. Anwesenheit Dritter bei der gutachtlichen Untersuchung Umstritten ist die Frage, ob der Proband beanspruchen kann, Angehörige oder einen (sonstigen) Beistand zur Untersuchung mitzubringen. Hierzu wird entweder die Ansicht vertreten, es be¬stehe grundsätzlich kein solcher Anspruch, oder aber, ein An¬spruch bestehe, der jedoch ausnahmsweise ausgeschlossen sei.21 In der Praxis dürften die verschiedenen dogmatischen Ansätze zu keinen großen Unterschieden führen. Maßgeblich sind jeweils mögliche störende Auswirkungen der Anwesenheit Dritter auf die Untersuchungssituation und die darauf gestützten Feststellungen. Hierbei handelt es sich um eine medizinische Frage, die vom Gut¬achter zu beantworten ist.22 Oftmals lässt sich eine unnötige Aus¬einandersetzung vermeiden, etwa indem der Gutachter anbietet, Angehörige in einem gesonderten Gespräch anzuhören.

4. Befragung des Probanden
Insbesondere im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist oft¬mals der genaue Unfallhergang von Bedeutung. Dazu finden sich in aller Regel bereits Angaben in der Akte. Enthält diese abwei¬chende Darstellungen, die für die Beantwortung der Beweisfragen von Bedeutung sind, oder kommt es nach der Einschätzung des Sachverständigen auf bisher noch nicht erfragte Einzelheiten an, hat er den Probanden (nochmals) zu befragen. Der Proband kann zudem Bewegungsabläufe demonstrieren oder die Lokalisation von Beschwerden veranschaulichen. Solche ergänzenden Angaben sind im Gutachten zu dokumentieren.23 Vergleichbares gilt für Angaben zu Aktivitäten des täglichen Lebens (Tagesstruktur, Hobbys), die insbesondere in psychiatrischen Gutachten üblich sind. Finden sich Widersprüche zu den entsprechenden Angaben in den Akten, darf der Sachverständige nicht einfach die zuletzt gemachten Angaben als richtig unterstellen. Soweit seine Sachkunde dies zulässt, muss er eine Bewertung vornehmen, welche der Varianten zutrifft. Ansonsten muss er der Beantwortung der Beweisfragen alternative Geschehensabläufe zugrundelegen. Die (abschließende) Bewertung, welche Angabe glaubwürdiger ist, unterliegt dem Ge¬richt.
Verständigungsschwierigkeiten aufgrund mangelhafter Sprachkenntnisse werden für den Sachverständigen insbesondere22 Nach Stevens/Fabra/Merten, MedSach 2009, 100, 102 ist die Anwesenheit „involvierter Dritter“ (Angehörige, Freunde) bei psychiatrischen Begutachtungen grundsätzlich beeinträchtigend, außer der Proband ist minderjährig oder wird vormundschaftlich betreut; kritisch auch Deutsch­Schmid, Sozialrecht aktuell 2008, 121, 123.
23 Toparkus, MedSach 2012, 230, 232 schlägt vor, das Diktierte vorzuspielen oder das Notierte vorzulesen und ausdrücklich bestätigen zu lassen. Denkbar sind auch Fragebögen, die der Proband unmittelbar vor der Untersuchung ausfüllt.dann zum Problem, wenn sie sich erst in der Untersuchungssituation herausstellen. Auf anwesende Familienangehörige als „Dolmetscher“ zurückzugreifen, ist nur dann unproblematisch, wenn es um einen Austausch von Informationen geht, bei denen ihrer Natur nach eine Verfälschung ausscheidet. Insbesondere bei psychiatrischen Gutachten ist hingegen die Heranziehung eines vereidigten Dolmetschers unabdingbar, wenn nur so eine hinreichende Verständigung notwendig ist.24 Zeichnet sich das mangelnde Sprachvermögen des Probanden schon im Vorfeld der Untersu-chung anhand der Akten oder aufgrund einer Anzeige des Pro-banden ab, sollte der Sachverständige die Beiziehung eines Dolmetschers anregen. Allerdings ist gerade in sozialgerichtlichen Verfahren teilweise eine gewisse „Mitnahmementalität“ anzutreffen, da die Entschädigung des Dolmetschers nicht durch den Beteiligten selbst, sondern durch den Staat erfolgt. Nicht selten erwartet ein Proband vom Dolmetscher eine über die bloße Über¬setzung hinausgehende Unterstützung; ein „Fürsprecher“ ist er aber nicht. Bei Ausländern, die seit vielen Jahren in Deutschland leben und bei denen keine erheblichen Sprachbarrieren im Kon¬takt mit den behandelnden Ärzten aufgefallen sind, sollte die Un¬tersuchung ohne Dolmetscher erfolgen können. Die Entscheidung über die Hinzuziehung des Dolmetschers trifft das Gericht.

Die Befragung von Familienangehörigen (Fremdanamnese) ist nur eingeschränkt, als lediglich ergänzende Informationsquelle zulässig, da es sich beweisrechtlich um eine Zeugenvernehmung handelt, die nicht Aufgabe des Sachverständigen ist. Korrekterweise bedarf es der Einwilligung des Gerichts und der Beteiligten, doch wird es in der Praxis oftmals nicht beanstandet.
Der Arzt als Gutachter befindet sich in einer anderen Rolle als der Arzt als Diagnostiker oder Therapeut. Er muss Angaben des Probanden kritisch überprüfen, darf nichts als gegeben unterstellen, was er nicht aufgrund der erhobenen Befunde begründen kann. Im Regelfall ist der Kläger eines sozialgerichtlichen Verfahrens beweispflichtig. Es bestehen durchaus Hinweise darauf, dass sich Probanden auf absehbare Fragestellungen vorbereiten und von Rechtsanwälten oder Rentenberatern entsprechend bera¬ten werden.25 Hinweisen auf Diskrepanzen zwischen Beschwerde¬schilderung und Befunden ist nachzugehen. Das Verhalten des Probanden in scheinbar „unbeobachteten Momenten“ eröffnet oft erstaunliche Erkenntnisse. Meint der Sachverständige, Unstimmig¬keiten im Verhalten des Probanden zu bemerken, schließt er gar auf Aggravation oder Simulation, hat er seine Bewertung durch entsprechende Tatsachenangaben zu untermauern.26

III. Befunderhebung
Die körperliche Untersuchung ist Kernstück der Begutachtung und auch bei einem psychiatrischen Gutachten nicht entbehrlich. Werden Bewegungsmaße aufgenommen, sind diese exakt zu erfassen (Neutral­O­Methode) und dabei sollte auch angegeben werden, ob es sich um die aktive oder die passive Beweglichkeit handelt.27
Auch in psychiatrischen Gutachten stellt allein die Aufnahme der Beschwerdeangaben keine tragfähige Grundlage für
die Feststellung des Befundes dar.28 Sie ist mit der Beobachtung des Probanden und der sonstigen Konsistenz­/Plausibilitätsprü-fung zu verbinden. Normierte Testverfahren (Selbst­ und Fremdbeurteilungsfragebögen, computergestützte Verfahren)29 sind eine wichtige Erkenntnisquelle. Weiter geht die üblicherweise von einem Psychologen durchgeführte testpsychologische Untersuchung oder Zusatzbegutachtung. Das völlige Fehlen einer Testung stellt einen Mangel des Gutachtens dar.30 Raum muss aber auch für den persönlich gewonnenen Eindruck des Sachverständigen bleiben. Insbesondere in psychiatrischen Gutachten ließe sich bei einer Beschränkung auf „harte Fakten“ oftmals nur der Negativbe-weis führen (der Proband simuliert oder aggraviert) oder feststel¬len, dass die Beschwerdeangaben allein möglicherweise zutreffen können. Ein positiver Nachweis darf aber nicht von vornherein ausscheiden. Der erfahrene Diagnostiker und Therapeut kann durchaus eine Einschätzung abgeben, ob die Beschwerdeangaben authentisch sind.
Die Erhebung der Befundtatsachen soll nicht schema-tisch durchgeführt, sondern auf das Notwendige beschränkt wer¬den.31 Das gilt insbesondere für die bildgebende Diagnostik und sonstige technische Untersuchungen. Den Leitmaßstab bilden die zu beantwortenden Beweisfragen. Allerdings müssen Befunde, auf die es ankommt, selbst überprüft werden. Hier darf sich der Sach¬verständige im Regelfall nicht auf Vorbefunde verlassen.
Wie intensiv einer Frage nachgegangen werden muss, bestimmt das notwendige Beweismaß. Hierbei handelt es sich um eine rechtliche Kategorie, die auf die richterliche Beweiswürdi¬gung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) ausgerichtet ist. Für den Gutachter hat sie insoweit Bedeutung, als sie den Umfang der notwendigen Feststellungen bestimmt, die von ihm verlangt werden. Deswegen weist das Gericht den Sachverständigen im Gutachtensauftrag üblicherweise auf das Beweismaß hin. Unterschieden wird insbesondere zwischen Nachweis (Vollbeweis) und Wahrscheinlichkeit.32 Grundsätzlich bedarf es des Vollbeweises, d. h. „eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamt-ergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenser-fahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen“.33 Bloße Möglichkeiten oder Plausibilitäten reichen in keinem Fall aus.

IV. Diagnosen
Frühere Untersuchungen zeigten, dass viele Gutachter nicht in der Lage waren, eine korrekte psychiatrische Diagnose zu stellen.34 Heute macht sich auch für die Gutachten vor den Sozialgerichten eine zunehmende Standardisierung und Professionalisierung bemerkbar, die den gestiegenen Anforderungen der höchstrichterichen Rechtsprechung folgt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Begrifflichkeit gängiger Diagnosemanuale (ICD 10 und DSM­IV) zu verwenden.35 Das dient zum einen der Sicherung der Diagnose, zum anderen der besseren Verständlichkeit.36

Nicht immer kommt es auf die genaue Diagnose an. Steht fest, dass eine leichte Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt krankheitsbedingt nicht mehr verrichtet werden kann, spielt die exakte Benennung der Krankheit nur im Rahmen einer mehr oder weniger überzeugenden Begründung dieses Er¬gebnisses eine Rolle. Manchmal, aber nicht durchgehend, interes¬siert sich das Gericht für die Ursache einer diagnostizierten Erkrankung. Das ist etwa im Bereich der gesetzlichen Unfallver¬sicherung der Fall, wenn es sich um die Feststellung der Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit handelt.

V. Epikrise / Diskussion und Zusammenfassung
Hierin liegt das Herzstück des Gutachtens. Dieser Teil des Gutach¬tens wird vom Gericht besonders genau geprüft, er muss einge¬hend begründet sein.37 Der Sachverständige muss versuchen, die Beantwortung der Beweisfragen in der Weise argumentativ zu un¬termauern, dass sich die Antworten aus den von ihm getroffenen Feststellungen ableiten lassen. Einige wesentliche Punkte, die es zu beachten gilt, sind dabei:
– Anamnese und Befunderhebung stellen die Grundlagen der Epikrise dar. Die wissenschaftliche Argumentation des Sach-verständigen muss sich an das anbinden, was er tatsächlich festgestellt hat. Die von dem Sachverständigen erhobenen Befunde müssen die von ihm getroffenen Diagnosen und die Feststellungen zum Leistungsvermögen stützen.38
– Die Ergebnisse normierter Tests bedürfen stets der kritischen Handhabung und Kontrolle. Das gilt auch, wenn die Tests be¬reits Validisierungselemente enthalten. Ein erheblicher Mangel des Gutachtens besteht dann, wenn der Sachverständige seine Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsver¬mögens im Wesentlichen auf die von den Klägern ausgefüllten Selbsterhebungsfragebögen stützt.39

– Es gehört zum Standard fachlichen Vorgehens, vorhandene Be¬richte über frühere einschlägige stationäre oder ambulante Therapien in die Beurteilung einzubeziehen. Die Akte weist in der Regel bereits Argumentationslinien von behandelnden Ärzten, früheren Sachverständigen oder Beratungsärzten auf. Der Sachverständige muss sich hiermit auseinandersetzen, also erklären, warum er sich dem anschließen kann oder nicht. An¬sonsten ist das Gutachten mangelhaft.40 Gleiches gilt für nahe liegende Einwendungen gegen die selbst gegebene Begrün¬dung. Die Ausführungen sollen sachlich, nicht herablassend oder herabsetzend sein.41
– Abzustellen ist auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkennt-nisstand.42 Dieser ist darzustellen, soweit er für die Beant-wortung der Beweisfragen von Bedeutung ist. Will der Sachverständige hiervon abweichen, muss er dies eingehend begründen.

– Medizinisch­wissenschaftliche Erfahrungswerte dürfen nicht nur behauptet, sondern müssen durch entsprechende Literatur¬angaben belegt werden. Der Sachverständige wäre zwar über¬fordert, wenn er jede einzelne Publikation zu einer medizinischen Fragestellung kennen müsste. An grundlegenden Veröffentlichungen, die insbesondere bisherige Erkenntnisse in einem neuen Licht darstellen, darf er jedoch nicht vorbeigehen. Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines wissenschaftichen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbringen nachzugehen haben.43
– Bei der Anführung und Gewichtung der Argumente hat die Person des Sachverständigen weitgehend in den Hintergrund zu treten; persönliche Wertungen, Meinungen und Empfindun¬gen sind auszublenden.44 Formulierungen, die den Eindruck mangelnder Objektivität erwecken, bieten nur überflüssige Angriffsflächen.

VI. Beantwortung der Beweisfragen
Der Sachverständige muss aus den von ihm getroffenen Feststel¬lungen konkrete Schlussfolgerungen für den jeweiligen Fall zie¬hen. Die Beweisfragen sind vollständig und eindeutig zu beant¬worten. An hypothetischen Ausführungen sowie Angaben zu Möglichkeiten oder Wahrscheinlichkeiten (wenn nach dem Nach¬weis gefragt wird) hat das Gericht kein Interesse. Der Sachverstän¬dige muss sich festlegen. Kann eine Frage aus medizinischer Sicht nicht beantwortet werden, ist dies offen zu legen. Das Gericht wird dann zumeist eine Beweislastentscheidung zu fällen haben. Wohlgemerkt: Das sollte der Ausnahmefall sein. Das Gericht erwartet im Regelfall eine Antwort und geht davon aus, dass der Sachverständige sich dazu äußern kann. Ansonsten hätte es die Frage nicht an ihn gestellt.
Es ist nicht Aufgabe des Sachverständigen, nicht ge-stellte Fragen aufzuwerfen, nicht erbetene Vorschläge zu machen oder Ausführungen zu Punkten vorzunehmen, zu denen er nicht gefragt worden ist. Die einzige Ausnahme hiervon folgt aus der Stellung des Sachverständigen als Arzt: Ergeben sich Anhalts¬punkte auf eine bisher nicht erkannte Erkrankung, die dringend weiterer diagnostischer Abklärung und/oder Therapie bedarf, muss er darauf hinweisen, um einer Gefährdung des Probanden entgegenzuwirken.
VII. Das schriftliche Gutachten
In dem meisten Bundesländern ist die schriftliche Erstattung des sozialgerichtlichen Gutachtens (§ 411 ZPO) der Regelfall. Auch die mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens (§ 411 Abs. 3 ZPO)45 ist selten. Der Gutachter „spricht“ also allein durch sein schriftliches Gutachten. Umso wichtiger sind Inhalt und Form.

1. Aufbau, Terminologie, Sprache
Die Beachtung gewisser in der Praxis etablierter formaler Ge sichtspunkte der äußeren Gestaltung des Gutachtens erhöht seine Akzeptanz.46

Gleiches gilt für die richtige Verwendung der sozial-rechtlichen Terminologie (z. B. die Unterscheidung zwischen „Grad der Behinderung“ und „Minderung der Erwerbsfähigkeit“).
Es sollte eine dem medizinischen Laien verständliche Sprache gewählt werden. Fachbegriffe sind naturgemäß notwen-dig, wenn ohne ihre Verwendung die Aussage­/Überzeugungs-kraft des Gutachtens leiden würde. Manche Fachausdrücke sind zudem für die Beteiligten ohne Weiteres verständlich, etwa weil sie allgemein verwandt werden oder weil sie im bisherigen Ver-fahren laufend Verwendung gefunden haben.
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn in Zeiten computergestützter Schreibprogramme und Textbausteine allgemeine medizinische Ausführungen in standardisierter Form wiedergegeben werden. Wichtig ist aber, dass sie dem besseren Verständnis des Gutachtens dienen, einen konkreten Bezug zu der konkreten gutachtlichen Fragestellung haben und vom Umfang her nicht primär auf die Festsetzung der Vergütung durch den Kostenbeamten ausgerichtet sind.47 Entbehrlich ist die ausführ¬liche Darlegung medizinischen „Basiswissens“, unzulässig die Darlegung rechtlicher Fragestellungen.
2. Angemessene Zeit
Ein Gutachten sollte in angemessener Zeit vorgelegt werden. Das Gericht soll hierfür eine Frist setzen, bei deren Versäumnis ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann (§ 411 Abs. 1, 2 ZPO). Auch die Ladung des säumigen Sachverständigen zur Erstattung des Gutachtens im Termin kann verfügt werden. Einem Arzt, der aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage ist, ein Gutachten innerhalb einer vom Gericht gesetzten angemessenen Frist zu erstatten, fehlt die Eignung zur Erstattung des Gutachtens.48 Absehbare Schwie¬rigkeiten, das Gutachten zeitnah erstellen zu können, sollte der Sachverständige dem Gericht daher unmittelbar mitteilen.49" Zitatende

VIII. Schluss
Für die Begutachtung vor dem Sozialgericht stellt sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und dem Rechtsträger des Gerichts als ein öffentlich­rechtliches dar. Es wird vorrangig durch Rechtsvorschriften des SGG und der ZPO (sowie für die Entschädigung des JVEG) bestimmt. Werden zwingende Verfahrensorschriften verletzt, ist das Gutachten i. d. R. mangelhaft und darf nicht verwertet werden. Sonstige Mängel können die Überzeu¬gungskraft des Gutachtens beeinträchtigen, so dass das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) zu dem Ergebnis gelangen muss, dass es sich für seine Entscheidung nicht auf das Gutachten stützen kann.
Sozialgerichte sind auf medizinische Gutachten ange-wiesen, die mangelfrei und darüber hinaus überzeugend sind. Sachverständige, die solche Gutachten erstatten können, sind zu Recht hoch geschätzt. Sie unterstützen die Sozialgerichte damit in ihrer Aufgabe, den Rechtsfrieden und auch den sozialen Frieden zu sichern.

Quellenverzeichnis:

1 Vgl. hierzu Kater, Das ärztliche Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren, 2. Aufl. 2011, S. 65 ff.; Roller, in: Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 118 Rn. 26; Becker, MedSach 2008, 85, 87 f.
2 BT­Drs. 17/12673 („Medizinische Gutachten in Gerichtsverfahren“); Antwort der Bundesregierung, BT­Drs. 17/12947.
3 S. Welt­online vom 11. 6. 2013: „Wie Bürger Horst G. im Alleingang Gesetze ändert“.
4 Kaiser, MedSach 2012, 19, 20.
5 Eher veraltet „richtig, vollständig und schlüssig“ (BSG v. 30. 4. 1985,
2 RU 81/84), da es problematisch erscheint, von „falschen“ und „richtigen“ Gutachten zu sprechen.
6 Ockenga, SozVers 2003, 118, 121; zur Psychosomatik s. Schneider/Gagel, SGb 2003, 492.
7 S. auch Roller, SGb 2007, 271; Hess. LSG v. 1. 2. 2002 – L 12/13 RA 1554/00, NZS 2002, 279 (als Psychotherapeut zugelassener Neurologe für das psychosomatische Fachgebiet); Udsching, in: Krasney/Udsching,
Hdb SGG, III Rn. 94 (Chirurgie und Orthopädie).
8 Eine andere Frage ist diejenige nach der besseren Eignung; s. Francke, ASR 2011, 92, 93 zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.
9 BSG v. 9. 4. 2003 – B 5 RJ 80/02 B (Rheumatologe); BSG v. 12. 12. 2003 – B 13 RJ 179/03 B, SozR 4­1500 § 160a Nr. 3 (Facharzt für Innere Medizin sowie für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie, Rehabilitations¬wesen, Sozialmedizin)
10 Allgemein Drechsel­Schlund, MedSach 2006, 63, 66; Siefert, MedSach 2010, 60; Siefert, ASR 2011, 45; Kranig, MedSach 2010, 54, auch zu antizipierten Sachverständigengutachten, hierzu BSG v. 2. 5. 2001 – B 2 U 24/00 R, SozR 3­2200 § 581 Nr. 8 (zu MdE­Tabellen in der gesetzlichen Un-fallversicherung) und BSG v. 22. 11. 2011 – B 4 AS 138/10 R, SozR 4­4200 § 21 Nr. 14 sowie BSG v. 14. 2. 2013 – B 14 AS 48/12 R, SozR 4­4200 § 21 Nr. 15 (Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe). Die Arbeitsgemein¬schaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) legt die Grundlagen für die Begutachtungsanleitungen fest und veröffentlicht die Begutachtungsanleitungen im Internet.
11 BSG v. 27. 10. 2009 – B 2 U 16/08 R, UV­Recht Aktuell 2010, 418 zu den Konsensempfehlungen der Berufskrankheiten nach Nr. 2108 ff. der Anlage 1 der BKV; LSG Berlin­Brandenburg v. 20. 4. 2009 – L 3 R 1685/08, juris¬Rn. 37 zur Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen; Steiner, MedSach 2010, 245, 252; Francke, ASR 2011, 92, 95.
12 Jung, SuP 2011, 323 ff.
13 Vgl. BSG v. 18. 3. 2003 – B 2 U 31/02 R, Breithaupt 2003, 565; LSG Nordrhein­Westfalen v. 29. 8. 2008 – L 4 U 110/04, juris­Rn. 30; Kater, Das ärzt¬iche Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren, 2. Aufl. 2011, S. 36 ff.
14 Beispiele bei Steiner, MedSach 2010, 245, 247; vgl. auch Deutsch­Schmid, Sozialrecht aktuell 2008,, 121, 126; Elling, NZS 2005, 121; Knittel, MedSach 2004, 46, 47.
15 F. M. Bauer, MedSach 2006, 79, 80 f.; Deitmaring, MedSach 2011, 223, 227.
16 Becker, MedSach 2008, 85, 88; Feddern/Widder, MedSach 2009, 93; Roller,
in: Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 118 Rn. 22 m. w. N.; Steiner, MedSach 2010,
245, 248; Toparkus, MedSach 2012, 330, 331 (zur Schmerzbegutachtung).
17 Toparkus, MedSach 2012, 230, 232 mit dem Hinweis, dass sich eine über¬bordende Aktenwiedergabe auch nicht auf das Honorar des Sachverständi¬gen auswirkt.
18 Deutsch­Schmid, Sozialrecht aktuell 2008, 121, 125.
19 Roller, SGb 1998, 401, 403.
20 Toparkus, MedSach 2012, 230, 231.
21 Für einen grundsätzlichen Anspruch: LSG Rheinland­Pfalz v. 23. 2. 2006
L 4 B 33/06 SB, SGb 2006, 500–502 m. Anm. Tamm; Roller, MedSach 2007,
30; Roller, in: Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 116 Rn. 6; a. A. LSG Nieder
sachsen­Bremen v. 20. 11. 2009 – L 2 R 516/09 B; LSG Baden­Württemberg
v. 24. 10. 2011 – L 11 R 4243/10 m. krit. Anm. Reyels, jurisPR­SozR 20/2012
Anm. 4; Deitmaring, MedSach 2009, 105; Toparkus, MedSach 2012, 230,
234; zweifelnd Keller, in: Meyer­Ladewig/Keller/ Leitherer, 10. Aufl. 2012,
§ 118 Rn. 11m. Zur fehlenden Verpflichtung des Sachverständigen, eine Mitschrift über das Explorationsgespräch vorzulegen s. Hamburgisches OVG v. 27. 4. 2011 – 1 So 15/11, MedSach 2012, 209.
24 Krutzki, ASR 2010, 106, 111; enger Elling, NZS 2005, 121, 123 und Toparkus, MedSach 2012, 230, 234: immer vereidigter Dolmetscher.
25 Roller, SGb 2007, 271, 274.
26 Zur Bewertung aggravierenden (und auch dissimulierenden) Verhaltens s. Steiner, MedSach 2010, 245, 249.
27 G. Schmid, MedSach 2005, 62, 63.
28 Stevens/Fabra/Merten, MedSach 2009, 100, 103; Drechsel­Schlund, MedSach 2006, 63, 64 unter Hinweis auf BSG v. 9. April 2003 – B 5 RJ 80/02 B.
29 Francke, ASR 2011, 92, 94; Lang, Diskussionsforum Rehabilitations­ und Teilhaberecht, Forum C, Diskussionsbeitrag 10/2011; Stevens/Fabra/Merten, MedSach 2009, 100, 103.
30 VG Gießen, Urteil vom 16. 11. 2009 – 21 K 1220/09. GI. B, NVwZ­RR 2010, 481, 483.
31 A. A. Deutsch­Schmid, Sozialrecht aktuell 2008, 121, 124:
immer Gesamtstatus „von Kopf bis Fuß“ zu erheben.
32 Die Glaubhaftmachung spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Einzelheiten bei Roller, in: Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 103 Rn. 7.
33 BSG v. 22. 9. 1977 – 10 RV 15/77, BSGE 45, 1, 9.
34 Francke, ASR 2011, 92, 94: ca. 1/3.
35 BSG v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4­2700 § 8 Nr. 17; VG Gießen v. 16. 11. 2009 – 21 K 1220/09. GI. B, NVwZ­RR 2010, 481; Becker, MedSach 2006, 74, 77; Becker, MedSach 2008, 85, 89; Drechsel­Schlund, MedSach 2006, 63, 64; Stevens/Fabra/Merten, MedSach 2009, 100, 104.
36 Roller, SGb 1998, 401, 403.
37 BSG v. 22. 8. 1975 – 5 RKnU 6/75.
38 LSG Berlin­Brandenburg v. 20. 4. 2009 – L 3 R 1685/08, juris­Rn. 37.
39 LSG Berlin­Brandenburg v. 20. 4. 2009 – L 3 R 1685/08, juris­Rn. 37.
40 VG Gießen v. 16. 11. 2009 – 21 K 1220/09. GI. B, NVwZ­RR 2010, 481, 483.
41 G. Schmid, MedSach 2005, 62, 64.
42 BSG v. 24. 7. 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4­2700 § 8 Nr. 44; Becker, MedSach 2008, 85, 89.
43 BSG, Urteil v. 24. 7. 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4­2700 § 8 Nr. 44.
44 Deutsch­Schmid, Sozialrecht aktuell 2008, 121, 125.
45 Hierzu Bultmann, MedSach 2011, 84; Meyer­Clement, MedSach 2011, 88.
46 Becker, MedSach 2008, 85, 89 f. mit entsprechendem Aufbauschema.
47 Ähnlich Steiner, MedSach 2010, 245, 251.
48 Roller, SGb 2010, 636, 639 f.
49 G. Schmid, MedSach 2005, 62.

Quelle: http://www.wzsdigital.de/ce/die-rechtli ... etail.html

Kosten bei Erwerb 6,95 €

Wenn es denn mal intressiert.

Gruss.

Jochen

Netti
Beiträge: 67
Registriert: 29.03.2013, 19:47

Beitrag von Netti » 29.12.2013, 18:59

oh wie schön...

das sind also die Anforderungen an ein Gutachten...

der Gutachten bewertet also absolut neutral...

soll man meinen...

ich selber habe gerade ein Gutachten von meinem Anwalt zugesandt bekommen...wenn es nicht so schlimm wäre, müßte man lachen..

das ist nun das letztmögliche Gutachten bzgl. einer Berentung gewesen...es liegen so viele unterschiedliche Gutachtenergebnisse vor...

von voll erwerbsfähig, über 3 - bis unter 6 Stunden, sogar unter 3 Stunden...

dieser letzte Gutachter hat nun den Vogel abgeschossen..

er hatte mich bereits einmal begutachtet, im gleichen Verfahren und nun sollte er weiter Stellung nehmen...auch zu den anderen Gutachten..

im 1. Gutachten hat er mir, neben anderen Erkrankungen, auch eine mittelschwere bis schwere Depression bescheinigt..

nun ist er davon abgewichen...

in den Testverfahren, die er mir vorgelegt hatte, hat er erkannt, dass zwar eine mittelschwere bis schwere Depression vorliegt...teilweis mehr als 80 % aller Wertungen (Schweregrad)...

aber..jetzt kommt der Hammer:

er hält mich für zu intelligent...!! ja,ja, ich hätte also die Intention dieser Fragebögen erkennen können und somit müsse man das Ergebnis relativieren...und ich hätte nur eine leichte Depression..

das muß man sich mal vorstellen...

hätte ich die Fragebögen versucht zu manipulieren (falsche Antworten, längere Zeitspanne) dann hätte es geheißen, ich hätte überdurchschnittlich viel Zeit gebraucht und hätte manipuliert..

nun heißt es, ich habe die normale Zeit gebraucht, wäre aber zu intelligent....ich hätte die Antworten dem Ziel des Fragebogens angepasst..

das war nicht nur ein Fragebogen..nein, nein, ungefähr 7 oder 8 von diesen Test's hab ich machen müssen....

so und was macht das SG nun?

würfeln?

welcher Gutachter hat mehr Gewicht?

ich hab im orthop. BEreich 2 Gutachter die sagen: voll erwerbsgemindert
1 sagt: voll erwerbsfähig
2 sagen: 3 bis unter 6 Stunden

im psych. Bereich: 2 Gutachter, die sagen voll erwerbsfähig
2 Gutachter, 3 bis unter 6 Stunden
1 Gutachter sagt: voll erwerbsgemindert..

alle psych. Gutachter haben bislang noch einen Orthopäden hinzuziehen wollen...

er hatte auch einen Orthopäden hinzugezogen...der allerdings der Meinung war, 3 bis unter 6 Stunden..
war ein Chefarztkollege der gleichen Klinik...

dem Gericht zitiert er aber einen von den 2 anderen Gutachtern die sagen; voll erwerbsfähig..

seinen eigenen Chefarztkollegen unterschlägt er dabei..

und das soll neutral sein?

ich hab den Glauben verloren..

naja..die 2 Jahre bis zur vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte krieg ich auch noch über die Bühne und dann müssen sie zahlen, ob sie wollen oder nicht..

DAnke..

reallyangry
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Beitrag von reallyangry » 29.12.2013, 21:23

Danke, CiceroOwl,
nachdem ich jetzt endlich das letzte Gutachten (Klage SB) erhalten habe, ist der von dir eingebrachte Text sehr wertvoll.
Vielleicht schreib ich irgendwann mal was in meinem "thread" dazu, hier nur soviel:
Der Gutachter kommt zum Schluss, dass ich ein Simulant bin.

Komisch, der Gutachter danach (Erwerbsminderungsrente) kommt zum Schluss, dass ich nicht nur voll erwerbsgemindert bin, sondern weder Aggravations- noch Verdeutlichungs- noch Simulationstendenzen aufweise.

Da keiner von beiden Gutachtern die verpflichtende "Ausweiskontrolle" gemacht hat, glaube ich langsam, dass ich entweder multiple Persönlichkeiten habe oder eine Zwillingsschwester. :wink:
LG
Und: Guten Rutsch und alles Gute für 2014 an alle hier im Forum Schreibenden
ReallyAngry :wink: :wink: :wink:

Czauderna
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Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 30.12.2013, 20:56

Hallo,
auch dir einen guten Rutsch ins neu Jahr und möge es ein besseres sein, als die vergangenen. Gib den Gruß auch gerne weiter - du weißt schon wer gemeint ist.
Gruss
Czauderna

CiceroOWL
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DER MDK

Beitrag von CiceroOWL » 06.01.2014, 07:56

aerzteblatt.de/archiv/152736/Dr-med-Sabine-Schellert-Medizinischer-Dienst-der-Krankenversicherung-%28MDK%29-Nordrhein-Aus-dem-OP-zum-Medizinischen-Dienst

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 06.01.2014, 20:08

Danke für den Link! Ein lesenswerter Einblick, der auch die Vorurteile gegenüber dem MDK anspricht.

Carola
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Beitrag von Carola » 06.01.2014, 20:40

Nicht mehr als blabla.
lg

Poet
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Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 06.01.2014, 21:36

@Carola:...im kassen- und MdK-kritischen Ärzteblatt? Das macht keinen Sinn.

roemer70
Beiträge: 1445
Registriert: 23.06.2010, 01:59

Beitrag von roemer70 » 07.01.2014, 14:14

Carola hat geschrieben:Nicht mehr als blabla.
lg
Das verrät mehr über Dich als über den Artikel.
Lies ihn doch bitte einmal möglichst unvoreingenommen!

Edit: Und wenn Dir das nicht möglich ist, setz' Dich doch bitte inhaltlich mit ihm auseinander!

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