freiw. Kv. als Schwerbehinderter (§ 9 (1) 4) / Auskunft

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Rossi
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freiw. Kv. als Schwerbehinderter (§ 9 (1) 4) / Auskunft

Beitrag von Rossi » 15.11.2013, 23:48

Nun brate man mir mal bitte einen Storch. Aber bitteschön richtig kross und braun. Ich verstehe dies derzeit noch nicht.

Die freiw. Kv. als schwerbehinderter Mensch ist ein besonderes materielles Zugangsrecht für bestimmte Personen.

Wenn eine Schwerbehinderung zugebilligt wird (min. 50 GdB), dann kann man der GKV frewillig beitreten. Grundsätzlich braucht man hierfür eine Vorversicherungszeit, die man allerdings auch über den Ehegatten ableiten kann.

Wir haben doch die klassischen Fälle, dass der Ehemannn privat versichert ist und die Ehefrau in der GKV.

Irgendwann wird die priv. Kv. für den Ehemann zu teuer. Der Ehemann überlegt und überlegt, wie man diese Kosten für die Kv. senken kann.

Nun ja, eine freiw. Mitgliedschaft in der GKV ist im Alter in der Regel wesentlich günstiger. Also versucht der Ehemann in die GKV zu kommen. Dies funktioniert über eine Schwerbehinderung und die VVZ über die solidarversicherte Ehefrau. Nu wunderbar.

Der priv. versicherte Ehemann hat das Ziel erreicht; es wurde vom Versorgungsamt eine MdE von min. 50 festgestellt. Also erklärt er den freiw. Beitritt als schwerbehinderter Mensch bei einer Kasse, die eine passende Altersgrenze hat.

Was macht die Kasse? Sie fragt beim Versorungsamt per E-Mail an, wieviele und welche Krankheiten der Ehemann hat.

Hm, was soll das?!

Es kommt doch nicht auf die Anzahl der Krankheiten an, sondern einzig und allein, dass eine MdE von min. 50 festgestellt wurde.

Oder gibt es jetzt irgendwo ein Rundschreiben vom SpiBu, dass diese Anfrage zu stellen ist?! Was steckt hinter so einer schwurbeligen Anfrage, die meines Erachtens überhaupt kein Fundament hat.

Kostenmangement der Kasse, um die Taktik einer ggf. rechtswidrigen Ablehnung zu beurteilen!?

Poet
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Beitrag von Poet » 16.11.2013, 15:40

@Rossi: Die Kasse lehnt sich damit zudem auch sehr weit aus dem Fenster, denn das Vorgehen ist weder durch SGB V noch durch SGB X abgedeckt. Einzig und allein um KRG-Ansprüche zu ermitteln sind Fragen (aber an die Vorkasse!) zu Erkrankungen notwendig aber das ist hier ja nicht der Fall.

Nur noch mal blöd nachgefragt: Die Versicherungsfreiheit wg. Ü55 plus PKV ist damit ganz ausgehebelt? Wie hat sich die PKV verhalten? Kündigung akzeptiert?

derKVProfi

Beitrag von derKVProfi » 16.11.2013, 18:34

Mit 9.1.4 wird keine Versicherungsfreiheit ausgehebelt, Poet.

Und das Alter ist in diesem diskutierten Fall unerheblich und der Delinquent ist mutmaßlich auch nicht Ü55, weil die Kassen die Altersgrenze gesenkt haben. Ist er Ü45 muss es ein Altfall sein.

Und außerdem bleibe ich dabei, dass die Altergrenze, auch wenn sie durch das SGB V gedeckt sein sollte, unter anderen rechtlichen Aspekten ungültig ist!

zost
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Beitrag von zost » 16.11.2013, 19:34

Die Altersgrenze für Schwerbehinderte kann per Satzung geregelt werden

Poet
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Beitrag von Poet » 16.11.2013, 19:37

derKVProfi hat geschrieben:Mit 9.1.4 wird keine Versicherungsfreiheit ausgehebelt, Poet.

Und das Alter ist in diesem diskutierten Fall unerheblich und der Delinquent ist mutmaßlich auch nicht Ü55, weil die Kassen die Altersgrenze gesenkt haben. Ist er Ü45 muss es ein Altfall sein.

Und außerdem bleibe ich dabei, dass die Altergrenze, auch wenn sie durch das SGB V gedeckt sein sollte, unter anderen rechtlichen Aspekten ungültig ist!
@derKVProfi: Genau darum geht es mir. Solche Fälle bringen mich immer zum Zweifeln. Mal angenommen derjenige ist Ü55 und war vorher PKV, bliebe also versicherungsfrei, aber jetzt kommt der GdB dazu und die Regelung mit der EH 9.1.4 kann angewandt werden. Muss die PKV gekündigt werden? Fristen? Normalerweise sehen die PKV ja gerne eine Bescheinigung über den Eintritt von Versicherungspflicht, das geht ja aber hier nicht. Verlangt die PKV irgendetwas an Nachweisen?

@zost: Das ist mir klar.
Zuletzt geändert von Poet am 16.11.2013, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 16.11.2013, 19:44

Meines Erachtens lehnt sich die Kasse nicht nur weit aus dem Fenster, sondern ist die Vorgehensweise völlig rechtswidrig.

@Poet
Die Versicherungsfreiheit für über 55-Jährige gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für "Versicherungspflichtige"! Wir landen dann wieder bei den Äpfeln und Birnen.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes spielen die über 55-Jährigen natürlich keine Rolle bei den "Versicherungsberechtigten (freiw. Kv.)" und selbstverständlich auch nicht bei den "Familienversicherten".

Völlig klar, wenn man in die freiw. Kv. als schwerbehinderte Mensch huschen will, dann gilt natürlich nicht das außerordentliche Kündigungsrecht für die priv. Kv. (vgl. § 205 Abs. 2 VVG). Man muss also hier die ordentliche Kündigungsfrist beachten bzw. einhalten. Aber auch solche Fälle habe ich schon im beiderseitigen Interesse sehr gut lösen können. Wenn die PKV auf Einhaltung der Kündigungsfrist besteht, dann werden selbstverständlich auch noch die Krankheitskosten während der Kündigungsfrist mit der PKV und nicht mit der GKV abgerechnet. In der Regel ging die PKV darauf ein.

@KvProfi
Du kannst einen drauf lassen; meine Kollegin und ich haben schon vor Monaten einen Referenten der AGG-Stelle auf die Klamotte (Altersgrenze ist rechtlich unzulässig / Diskrimminierung) angesetzt. Es sieht nicht gut aus. Das SGB V (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V) räumt den Kassen das Recht einer Altersgrenze ein. Dies ist fakt. Dann gibt es noch den § 33c SGB I und § 2 Abs. 2 AGG.

Zitat aus einem 4-seitigen Antwortschreiben des BMG an den Beauftragten Bund des AGG.


Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kommt nicht in Betracht.

Aufgrund des Verweises in § 2 Absatz 2 Satz 1 AGG auf die Vorschrift des § 33c SGB I ist geregelt, dass im Bereich der Sozialversicherung das Alter ein zulässiges Unterscheidungsmerkmal ist.



Ich kann Dir gerne das Antwortschreiben zur Verfügung stellen. Aber ich glaube, dass man damit keinen Hering vom Teller ziehen kann.

Oder hast Du andere Ideenansätze, dann mal her damit.

Last und least; der Kunde ist über 70 Jahre alt. Es gibt noch eine Krankenkasse in Deutschland, die keine Altersgrenze hat. Vor 2 Jahren gab es noch ca. 10 Kassen in Deutschland ohne Altersgrenze.

Poet
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Beitrag von Poet » 16.11.2013, 19:56

Rossi hat geschrieben:Last und least; der Kunde ist über 70 Jahre alt. Es gibt noch eine Krankenkasse in Deutschland, die keine Altersgrenze hat. Vor 2 Jahren gab es noch ca. 10 Kassen in Deutschland ohne Altersgrenze.
...und dessen Rente/Einkünfte liegen sicher über 385€ monatlich so dass Du ihn auch nicht in die Fami stecken kannst. Bekommt der von der DRV wenigstens den Beitragszuschuss mit ausgezahlt?

Rossi
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Beitrag von Rossi » 16.11.2013, 20:04

Völlig klar; die vorrangige kostenlose Fami wurde natürlich geprüft. Dort kommt er nicht rein.

Selbstverständlich bekommt er den Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI. Aber diesen wird er in gleicher Höhe erhalten, wenn er in der GKV freiwillig als Schwerbehinderter wechselt. Dort ändert sich nix, außer, dass die Krankenversicherung jetzt im Alter bezahlbar wird.

Poet
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Beitrag von Poet » 16.11.2013, 20:16

...jo, dann geht nur noch diese eine Kasse oder mit dem Beitragszuschuss und der PKV glücklich werden.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 16.11.2013, 20:37

Okay, jetzt aber mal zurück zur eigentlichen Problematik.

Was soll das - Kasse fragt nach den Krankheiten beim Versorgungsamt an!?

Ich neige dazu das Bundesversicherungsamt hinsichtlich § 175 Abs. 2a SGB (Bußgeld bis zu 50.000,00 €) und den Datenschutzbeauftragten einzuschalten.

Es werden ganz offensichtlich im Background versucht Informationen einzuholen, die für die Eintragung der Mitgliedschaft überhaupt nicht erforderlich sind.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 16.11.2013, 20:44

Nicht das die Kasse jetzt noch auf die Idee kommt die Altersgrenze aufgrund des großen Zuspruches auf 40 zu senken.

Poet
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Beitrag von Poet » 16.11.2013, 21:19

@Rossi: Wenn es eine große grüne Kasse ist, kannst Du nur über das BVA an die Landesaufsicht oder direkt an die Landesaufsicht (Gesundheitsministerium des Bundeslandes) gehen bzw. den Datenschutzbeauftragten des Bundes einschalten.

Die Daten sind für die Durchführung der Mitgliedschaft unerheblich.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 16.11.2013, 22:53

Jetzt kommt wieder unser Jochen (alias CiceroOWL) mit seiner vermeintlichen Bauernschlauheit.

Zitat Jochen:
Nicht das die Kasse jetzt noch auf die Idee kommt die Altersgrenze aufgrund des großen Zuspruches auf 40 zu senken

Dies kann die Kasse gerne machen (Altersgrenze heruntersetzen).

Leider geht dies wohl nicht rückwirkend, sondern erst künftig.

Jochen, Du bist doch bei einer BKK; pfeiffe Dir doch mal die entsprechende Satzungsregelung herein.

@Poet
Mir ist dies völlig klar, dass die Kassse solche Geschichten nicht machen darf. Aber dennoch hat der Kassenmitarbeiter dies gemacht. Tja, jetzt gibt es etwas auf die Bummelbacken!!

derKVProfi

Beitrag von derKVProfi » 17.11.2013, 01:00

Ganz kurz noch zum Thema PKV:

1. § 205 VVG ist eindeutig. Da steht ganz klipp und klar, wann ich ein außerordentliches Kündigungsrecht habe.

2. können wir mal ganz klar davon ausgehen, dass eine PKV (also die Mitarbeiter) das gar nicht erkennen wird.

3. ist das ja ein potentielles schlechtes Risiko, wird also raus gelassen.

P.S.: Und wenn alle Stricke reißen ordentlich!

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 17.11.2013, 10:02

Rossi hat geschrieben:Jetzt kommt wieder unser Jochen (alias CiceroOWL) mit seiner vermeintlichen Bauernschlauheit.

Zitat Jochen:
Nicht das die Kasse jetzt noch auf die Idee kommt die Altersgrenze aufgrund des großen Zuspruches auf 40 zu senken

Dies kann die Kasse gerne machen (Altersgrenze heruntersetzen).

Leider geht dies wohl nicht rückwirkend, sondern erst künftig.

Jochen, Du bist doch bei einer BKK; pfeiffe Dir doch mal die entsprechende Satzungsregelung herein.

@Poet
Mir ist dies völlig klar, dass die Kassse solche Geschichten nicht machen darf. Aber dennoch hat der Kassenmitarbeiter dies gemacht. Tja, jetzt gibt es etwas auf die Bummelbacken!!
Rossi du bist und bleibst ein Ignorant. Ich habe nicht von der Vergangenheit gesprochen sondern von dern Zukunft, im übrigen..

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 29977.html

Mit ein paar Tools kann man sehr schnell erkennen warum denn aufeinmal soviele Schwerbehinderte neuaufgenommen werden, ein bisschen Statistik, eine Vorlage für den Verwaltungsrat für die Kanidaten nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V für die Zukunft auf 40 gesenkt und schon werden wieder ein paar finanzielle Risiken für die Zukunft verringert. Und deine Klientel hat mal wieder ein Problem Sonst noch Fragen?

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