Krankengeld nach Sperrzeit

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

Wusch65
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Krankengeld nach Sperrzeit

Beitrag von Wusch65 » 28.02.2018, 09:59

Liebe Experten,

mein Sohn hat bis Mitte Oktober im Angestelltenverhältnis gearbeitet (gekündigt zu 15.10.17). Er hat sich dann bei der Agentur für Arbeit gemeldet, wissend, dass er bei Eigenkündigung eine Sperrzeit hat. Ab 8.1.18 hätte dann Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt.
Am 29.12.17 ist er schwer erkrankt (auch Gehirnblutung) und musste ins Krankenhaus. Es folgten mehrere Wochen Krankenhausaufenthalt incl. künstliches Koma. Seit Anfang Februar ist er jetzt auf der ersten Reha (noch pflegebedürftig, Grad B), dieser Aufenthalt wird von der Krankankasse bezahlt. Ab Mitte März kommt nahtlos die nächste Reha, bezahlt von der DRV.

Nun lehnt das Arbeitsamt die Zahlung von Arbeitslosengeld ab, da er sich dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung stellen kann. Nach längeren Diskussionen wurde mir geraten, für ihn einen Antrag auf Nahtlosigkeitsregelung zu stellen.
Jetzt habe ich aber gehört, dass durch eine Gesetzesänderung ab Mitte letzten Jahres bei Eintritt eines Krankheitsfalls in der Sperrzeit nach der Sperrzeit Anspruch auf Krankengeld besteht (bei ihm also 8.1.18 ).
Heute war ich bei der KK. Die Dame sagte, er wäre aktuell freiwillig versichert, deshalb hat er keinen Anspruch auf KRG. Gemäß diesem neuen Gesetzt müsste er aber doch pflichtversichert sein, oder?

Ich kenne mich jetzt leider überhaupt nicht mehr aus, bin neben der Sorge um meinen Sohn auch ob der Behandlung durch die KK und AA wirklich am Ende. Bitte helfen Sie mir.

Verzweifelte Grüße,
Cesaro

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 28.02.2018, 17:06

Hallo,
schau mal hier - vielleicht hilft das etwas weiter - https://www.haufe.de/sozialwesen/sgb-of ... 06313.html
Du schreibst, lt. Kasse wäre dein Sohn aktuell freiwillig versichert - seit wann genau ist er das ?.
Gruss
Czauderna

Wusch65
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Beitrag von Wusch65 » 28.02.2018, 18:14

Danke für den Tip, ich habe mir das jetzt durchgelesen.

Warum die Dame meint, er sei freiwillig versichert, verstehe ich nicht. Er hat das ja nie beantragt. Wenn ich mir den Text von Ihrem Tipp durchlese, dann müsste er doch pflichtversichert sein. Und auch ab 8.1.17 Krankengeld erhalten.
Vielleicht liegt ein Problem darin, dass er zwar vor Ende der Beschäftigung beim Arbeitsamt war, die Formulare, die er mitgekriegt hat, aber vor seiner Krankheit nicht abgegeben hat. Ich habe das dann Ende Januar erledigt (hat wegen Betreuerausweis gedauert). Ich habe heute vom Arbeitsamt aber erfahren, dass er bereits ab 16.10.17 arbeitslos gemeldet war.
Kann es sein, dass hier irgendetwas vom Arbeitsamt nicht an die Kasse gemeldet wurde?

Wenn alles richtig lief, dann müsste er doch bei Sperrzeit vom 16.10. bis 7.1. und Krankheit ab 29.12. Krankengeld ab 8.1. erhalten, oder?

(evtl. kommt meine Antwort jetzt zweimal, der erste Versuch ging irgendwie schief ...

Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 28.02.2018, 20:00

Verstehe ich das richtig, dass es bis jetzt noch keinen schriftlichen Bescheid von der KK gibt, weder über die Auszahlung des Krankengeldes noch über die freiwillige Versicherung?

Von was lebt er denn derzeit? Auch wenn er sich derzeit im Krankenhaus bzw. Reha befindet und wohl nicht verhungern dürfte, wird es doch wohl andere Kosten geben, die gedeckt werden müssen z. B. die Zuzahlung.

broemmel
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Beitrag von broemmel » 28.02.2018, 20:24

Hat er einen Bescheid vom Arbeitsamt vorliegen?

Dort steht drin ab wann er über die Arbeitsagentur versichert wird

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 28.02.2018, 23:00

Hallo,
Ich bin jetzt nicht der Arbeitsamtsexperte, abermreicht die Meldung allein aus oder löst erst der Antrag etwas aus. Wenn ich es richtig gelesen habe, wurden die Antragsunterlagen doch erst Ende Januar abgegeben.
Gruß
Czauderna

Wusch65
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Beitrag von Wusch65 » 01.03.2018, 11:25

Allen, die geantwortet haben, vielen Dank.

Ich habe jetzt alle Unterlagen meines Sohnes von der KK und AA rausgesucht:
Von der AA gibt es ein Schreiben vom 01/2018, in dem steht '"über den Antrag mit Wirkung zum 16.10.2017 kann ich nur vorläufig entscheiden...", die Überschrift ist "Antrag auf Arbeitslosengeld". Das bedeutet also m. E., der Antrag auf ALO-Geld wurde korrekt zum 16.10.2017 gestellt.
Ergo sollte damit doch die Pflichtversicherung von der KK greifen, bei der doch auch die KK-Beiträge von der AA gezahlt werden, oder?

Von der KK kam 2.1.18 ein Schreiben, in dem Stand, dass mein Sohn zum 15.10.17 bei der KK abgemeldet wurde und zu klären sei, wie er jetzt versichert sei. Darauf bin ich in Panik zur KK, habe dort gesagt, mit der AA ist im Moment noch alles unklar (mein Sohn war da schon im Koma...), worauf mir mitgeteilt wurde, er müsse sich rückwirkend freiwillig versichern. Es liegt auch mittlerweile ein Schreiben der KK vor, dass er freiwillig versichert ist.

Wenn ich jetzt den von Czauderna genannten Beitrag richtig verstanden habe, müsste mein Sohn rückwirkend pflichtversichert werden bei der KK, da der Antrag auf ALO-Geld korrekt gestellt war, müsste seine freiwilligen Beiträge zurückbekommen und ab 8.1.18 Krankengeld erhalten. ISt das richtig???

Rossi
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Beitrag von Rossi » 01.03.2018, 11:58

Oh, oh, das sieht überhaupt nicht gut aus.

Der Sohn wird offensichtlich weder ALG I noch Krankengeld bekommen, er fällt durch das Netz. Ggf. muss er beim Jobcenter ALG II beantragen.

Warum fällt er durch?

Er wird - so wie geschildert - eine Sperrzeit bis zum 07.01.2018 erhalten und somit keine Leistungen.

Dies setzt aber voraus, dass er dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Genau jenes liegt ab dem 29.12.2017 (Krankheit) nicht mehr vor. D.h., dass die Sperrzeit bis zum 28.12.2017 verhängt wird. Während dieser Sperrzeit bezieht er zwar keine Leistungen, er ist aber dennoch über das ALG I bis zum 28.12.2017 versichert (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).

Dann geht es weiter mit einem vermeintlichen Krankengeldanspruch ab dem 28.12.2017.

Für das ALG I gibt es Sondervorschriften hinsichtlich des Krankengeldes.

Zitat:



§ 47b SGB V Höhe und Berechnung des Krankengeldes bei Beziehern von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld


(1) 1Das Krankengeld für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 wird in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes oder des Unterhaltsgeldes gewährt, den der Versicherte zuletzt bezogen hat.
2Das Krankengeld wird vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an gewährt.

D.h., Krankengeld wird in Höhe des ALG I gewährt, welches zuletzt bezogen wurde. Und genau dort liegt der Hase im Pfeffer. Er hat nämlich kein ALG I bezogen, weil eine Sperrzeit eingetreten ist. Er war zwar versichert, hat aber keine Leistungen bezogen.

Von daher wird er meines Erachtens leider durch das Netz fallen und mittelos sein.

Ab dem 29.12.2017 muss er sich freiwillig versichern.

Das Ganze setzt natürlich voraus, dass das Arbeitsamt die Sperrzeit erst einmal schriftlich festsetzt, den Sohn bei der Kasse an- und abmeldet.

Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 01.03.2018, 15:04

Ich teile die Einschätzung des Kollegen Rossi nicht und zwar aus einem einfachen Grund:

Selbst wenn der rechnerische Anspruch auf Krankengeld 0 Euro betragen würde, ließe dies die Versicherungspflicht nicht entfallen. Denn nach § 192 Abs. 1 Punkt 2 SGB V reicht der bloße Anspruch auf Krankengeld aus, und zwar auch dann, wenn der Anspruch auf Krankengeld aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ruht. Das muss auch dann gelten, wenn zwar dem Grunde nach Anspruch auf Krankengeld bestünde, aber der Zahlbetrag 0 Euro beträgt.

Darüber hinaus habe ich starke Zweifel, ob in diesem Sonderfall § 47b SGB V anwendbar ist. Diese Regelung stellt nach dem BSG eine lex specialis nach § 47 SGB V zugunsten des Leistungsbeziehers dar. Meines Erachtens darf sich aber durch diese Regelung keine Verschlechterung für Leistungsbezieher ergeben, die ausgerechnet während der Sperrzeit längerfristig erkranken.

Ich würde auf jeden Fall klagen und zwar allein deshalb, weil die Gesetzesänderung nach dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz noch recht frisch ist und noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser besonderen Konstellation existiert, weil vor der Gesetzesänderung Betroffene in einer solchen Konstellation bereits aus anderem Grund aus der Pflichtversicherung fielen. Darüber hinaus würde ich aber auch deshalb klagen, weil bei Unterlassung der Klage möglicherweise ein Schadensersatzanspruch gegen den TE wegen Betreuerhaftung entsteht, denn der Betreuer haftet für jeden Grad der Fahrlässigkeit, leichte Fahrlässigkeit reicht bereits aus. Wenn auch nur die theoretische Möglichkeit besteht, dass die Klage Erfolg haben könnte, muss der Betreuer die Klage auch einreichen.

Wusch65
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Beitrag von Wusch65 » 01.03.2018, 16:55

Wollte man aber genau diese Lücke nicht schließen mit dem neuen Heil- und Hilfsmittelgesetz? Diese wäre ja nicht geschlossen, wenn in so einem Fall kein Anspruch auf Krankengeld besteht.
Geht man bei sowas nicht von einem fiktiven Arbeitslosengeld aus, also dem Anspruch, den er eigentlich hätte? Es geht hier zwar um Recht, aber das ist doch nicht immer unlogisch...

Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 01.03.2018, 17:31

Wusch65 hat geschrieben:Geht man bei sowas nicht von einem fiktiven Arbeitslosengeld aus, also dem Anspruch, den er eigentlich hätte?
Ja, würde ich auch vermuten. Es gibt da einen vergleichbaren Fall des BSG (B 1 KR 19/05 R) zur Konstellation, dass eine Person nur wenige Tage nach Wechsel in ein anderes Beschäftigungsverhältnis AU wurde und sich die Frage stellte, ob sich das Krankengeld nach dem derzeitigen (zum Zeitpunkt der AU noch nicht ausgezahlten) oder dem vorherigen Arbeitsentgelt berechnet. Da hat das BSG entschieden, dass das zu erwartende Arbeitsentgelt für die Berechnung des Krankengeldes zugrundezulegen ist, auch wenn das Beschäftigungsverhältnis zum Zeitpunkt der AU weniger als einen Monat bestand.

Aber wie gesagt, es gibt noch keine gerichtlichen Entscheidungen zu dieser Frage. Allein deshalb und auch zur Vermeidung des Eintritts der Betreuerhaftung wäre die Frage gerichtlich zu klären. Ich weiß nicht, ob der Bescheid des Eintritts in die freiwillige Versicherung bereits für sich genommen anfechtbar ist, spätestens der zu erwartende Beitragsbescheid der KK ist definitiv mit Widerspruch und Klage anfechtbar. Der ist aber auch sofort vollstreckbar, ein Widerspruch würde daher in jedem Fall die gleichzeitige Beantragung der aufschiebenden Wirkung erfordern.

ALG II kannst und solltest du für den Sohn aber trotzdem beantragen, damit er für die Zeit des Rechtsstreits finanziell abgesichert ist. Ausgeschlossen von ALG II wäre der Sohn nur dann, wenn die Reha von vornherein auf einen längeren Zeitraum als sechs Monate angesetzt ist, das kann ich hier gerade nicht erkennen.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 01.03.2018, 21:24

.
Wie wäre es damit:

- Versicherungspflicht, § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V
- ab 29.12.2017 Anspruch auf Krankengeld, § 44 SGB V
- ruht bis 07.01.2018, § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V
- (kostenfreie) Mitgliedschaft bleibt erhalten, § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V
- ab 08.01.2018 Krankengeld
- in Höhe des fiktiven Alg 1, Krankenkassen-Entscheidung, Urteile des LSG NRW
.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 02.03.2018, 13:30

Na, dann bin ich mal gespannt, was die hier involvierte Kasse macht.

Auszug aus einem Kommentar (SGB Haufe):
Rz. 6

Maßgeblich für die Anwendung der Vorschrift ist, dass die Arbeitsunfähigkeit erst nach dem Beginn des Arbeitslosengeldes eingetreten ist, also während des tatsächlichen Bezugs (vgl. BSG v. 2.2.1984, 8 RK 43/82).


Nun ja, diese Entscheidung erging noch zur Zeiten der guten alten RVO.

Wusch65
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Beitrag von Wusch65 » 07.03.2018, 11:11

Jetzt haben wir die Entscheidung der Krankenkasse (telefonisch, schriftlich folgt):

Er ist pflichtversichert, wir haben die freiwilligen Beiträge schon zurückerhalten. Die Agentur für Arbeit hatte wohl nicht an die Krankenkasse gemeldet, dass er korrekt ab 16.10.17 arbeitslos gemeldet war.

Die Agentur für Arbeit prüft zur ZEit noch, ob er aus gesundheitlichen Gründen gekündigt hat (implizit, leider nicht explizit). Dann würde die Sperrzeit entfallen, er würde ab 16.10.17 Arbeitslosengeld erhalten, weiter ab Beginn der AU (29.12.17) für 6 Wochen, dann ab 9.2.18 Krankengeld.

Wenn die Agentur zu einem anderen Ergebnis kommt, dann greift natürlich die Sperrzeit. Dann würde die Krankenkasse ab 8.1.18 (Sperrzeitende) Krankengeld zahlen - in Höhe des Arbeitslosengeldes.

Somit bekommt er jetzt sicher mal ab 9.2.18 Krankengeld, evtl. später rückwirkend (s.o.).
Soweit die telefonische Auskunft der KK. Wenn alles geregelt ist, dann melde ich mich noch mal.

Danke an alle, die mir geholfen haben, ich kann jetzt endlich wieder klar denken. Uff...

lachmannsamir
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Beitrag von lachmannsamir » 13.03.2018, 15:50

Ich denke auch so

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