Krankengeld-Falle - setzt sich Recht durch?

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billy
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Beitrag von billy » 13.05.2017, 13:54

Ich denke, bevor wir Glückwünsche verteilen oder sie wieder zurückziehen, sollten wir auf das vollständige Urteil warten. Vielleicht bekommt Herr Butz nachträglich Recht und in der Urteilsbegründung steht etwas von "es ist egal, wann die AUB ausgestellt wird", denn der KG-Anspruch entsteht unbegrenzt für die Dauer der Gesamt-AU mit der erstmaligen Feststellung.

Daran habe ich allerdings Zweifel. Denn in dieser Presseerklärung steht auch, dass die getroffene Entscheidung nur unter "engen Voraussetzungen gilt".

Meine Einschätzung danach ist, dass bei nicht rechtzeitigem Arztbesuch auch der 3. Senat einen KG-Anspruch verneinen wird. Glücklicherweise gibt es mit der Gröfin und dem neuen Fall im SKF neue Probanden, die von Herrn Butz auf die Reise geschickt werden können.

Warten wir ab, ob die Ueteilsbegründung der aktuellsten Urteile dem guten Mann Recht geben. Wenn nicht, dann wird er mit Hilfe der neuesten Opfer weiterkämpfen. Wenn ja, wird er es dennoch versuchen. Das mag dann Altersstarsinn sein.

Es ist eine Never-Ending-Story. Ich persönlich warte jetzt die Urteilsbegründung ab. Und wenn dort auch nur ansatzweise die Butzschen Theorien bestätigt werden, werde ich sofort Abbitte leisten.

Ein sonniges Wochenende für alle
billy

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 13.05.2017, 18:53

Gab es tatsächlich in der Vergangenheit ein Urteil, bei dem Krankengeldanspruch versagt wurde, obwohl tatsächlich ein Arztbesuch stattfand und es nur an der Formalie scheiterte?

Ich habe jetzt keine Zeit, alle Urteile durchzugehen, glaube mich aber daran zu erinnern, dass dieses "den Arzt in Regress nehmen" darauf bezogen war, wenn man gerade nicht rechtzeitig zum Arzt gegangen ist, weil der Arzt gesagt hat, das sei nicht notwendig.

Unsere Praxis sieht schon immer so aus im Urteil beschrieben. Bestätigt der Arzt, dass derjenige in der Praxis war und aus welchen Gründen auch immer das Ausstellen der Bescheinigung vergessen wurde, zahlen wir Krankengeld.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 14.05.2017, 09:14

.
"Turbulenzen im Landeanflug"

billy hat geschrieben: Es ist eine Never-Ending-Story.
Gratuliere – damit liegen Sie richtig! Deswegen nochmals:
Deutschlands Papageien brauchen klare Ansagen!

GerneKrankenVersichert hat geschrieben: Gab es tatsächlich in der Vergangenheit ein Urteil, bei dem
Krankengeldanspruch versagt wurde, obwohl tatsächlich ein
Arztbesuch stattfand und es nur an der Formalie scheiterte? ...

Unsere Praxis sieht schon immer so aus (eingefügt: "wie") im Urteil
beschrieben. Bestätigt der Arzt, dass derjenige in der Praxis war und
aus welchen Gründen auch immer das Ausstellen der Bescheinigung
vergessen wurde, zahlen wir Krankengeld.
Und was will uns dies sagen? Etwa: Deutschlands Krankenkassen machen
was sie wollen
, sie juckt weder der Gesetzeswortlaut noch die BSG-"Recht"-
sprechung!


Diese "erneute Entschärfung der BSG-Krankengeld-Falle"
sind hier und heute die Fakten:

Bild
.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 14.05.2017, 09:23

Hallo Anton,
Ich verstehe nicht so ganz, was du daran als Erfolg in eigener Sache feiern könntest- eher ist das Gegenteil der Fall, denn dazu wurde und wird doch gar nix gesagt.
Was GKV geschrieben hat, kann ich nur bestätigen, zwar mit einer Phrase, die aber passt - "das haben wir schon immer so gemacht " - und ich füge gerne dazu, auch wenn wir in solchen Faellen kein Gesetz im Ruecken hatten.
Gruß
Guenter

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 14.05.2017, 09:57

Hallo Guenter,

klar: Erfolg - ebenso klar: nicht in eigener Sache.

Wenn jetzt von allen kommt:

"haben wir schon immer so gemacht"

bleiben am Schluss die hkk (Handelskrankenkasse)
und zumindest eine AOK übrig.

Von daher die Frage:

Wieso haben es diese nicht auch schon
immer so gemacht?

Schönen Gruß
Anton

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 15.05.2017, 00:36

.
Der 3. BSG-Senat hat – nach 2 ½-jähriger Zuständigkeit – gleich bei erster Gelegenheit bewiesen,
dass er eine eigene, andere Meinung hat, indem er die restriktiven Ausnahmefälle erweiterte und die
sog. „Recht“sprechung des 1. BSG-Senats „aufgab“ (bzw. als Unsinn verwarf). Das Ergebnis stimmt!

Die Begründung kennen wir noch nicht genau. Spannend wird, ob die Aufhebung des LSG-Urteils
aus Rheinland-Pfalz mit Argumenten aus Rheinland-Pfalz, z. B. der dort (im Gegensatz zu Koblenz)
standhaften Sozialgerichte Speyer und Mainz begründet wird – oder ob diese weiterhin ignoriert
werden.

Nach dem Rechtsprechungs-Wechsel bräuchten die nachgeordneten Gerichte jedenfalls schnell
klare Ansagen, denn das nun vorgelegte Schema ist ebenso ausbaufähig wie das frühere:

Bild

Dabei ist es der gesamten Sozialgerichtsbarkeit bereits in den letzten 12 Jahren nicht gelungen, die
Formulierung
„durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert
(zB durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und
des MDK)“
auf Fehlentscheidungen im Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu
übertragen. Der Alt-Fall, in dem der Arzt Arbeitsunfähigkeit nur bis Freitag bescheinigte, obwohl ihm
klar war, dass diese weiterhin besteht und er meinte, es reiche, wenn er die Folgebescheinigung
beim Termin am Montag ausstelle, hätte sich ohne weiteres und zwangläufig eingepasst. Doch
offenbar fehlte das „grüne Licht“ bzw. der „Papageien-Vorsprecher“.

Ähnlich ignorant und „BSG-gläubig“ waren die Gerichte auch gegenüber Irritationen aus § 6 Abs. 2
AU-RL a.F., obwohl sie von Wolfgang Keller, Krankengeld-Richter im LSG RP, und von Ulrich Knispel,
damals Vorsitzender Krankengeld-Richter im LSG NRW, ausreichend Denkanstöße hatten.

Also wird es mit Blick auf das vom BSG genannte Ziel, dem „Schutz des Versicherten in der
sozialen Krankenversicherung gerecht zu werden (vgl § 2 Abs 2 SGB I: möglichst weitgehende Verwirk-
lichung der sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften des SGB)“ sehr auf die Urteilsbegründung
ankommen – auf jedes einzelne Wort! Auch darauf, dass es unverhältnismäßig wäre, einem Pflicht-
versicherten, der alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, den ggf bis zu 78 Kalen-
derwochen währenden Krg-Anspruch zu versagen, nur weil er die Folge-AUB bei eindeutig
fortbestehender AU nicht rechtzeitig geholt
(„verbummelt“) hat, obwohl in solchen Fällen
nur das Ruhen des Anspruchs angemessen wäre.

Eine Rechtsauslegung mit dem gegenteiligen Ergebnis wäre jedenfalls erklärungsbedürftig.
.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 15.05.2017, 10:31

.
WAS FOLGT DARAUS?


Einstweilen stellen sich (vielleicht nun auch der bisher so ignoranten Fachwelt) vom BSG noch
nicht ausreichend klar beantwortete Fragen

- WAS GILT NUN?

- WELCHE KONSEQUENZEN ERGEBEN SICH DARAUS?


Eines ist schon glasklar: Der Entscheidung des BSG kommt grundsätzliche Bedeutung bei – nicht
nur für Alt-Fälle der BSG-Krankengeld-Falle bis 22.07.2015, sondern auch für Neu-Fälle der
gesetzlichen Krankengeld-Falle
ab 23.07.2015.

Auf dieser Basis hat die AOK - Die Gesundheitskasse für Niedersachsen im zweiten BSG-Termin vom
11.05.2017 den eingeklagten Anspruch auf Krankengeld in einem Alt-Fall anerkannt.

Ähnliche Folgen sind auch bei den Krankenkassen im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren so-
wie bei den Sozial- und Landessozialgerichten im Klage- oder Berufungsverfahren anhängigen (auch
ruhenden) Sachen zu erwarten, zumindest geltend zu machen.

Sogar zum Nachteil der Versicherten bestandskräftig bzw. unanfechtbar abgeschlossene Fälle kön-
nen von den Krankenkassen über § 44 SGB X https://dejure.org/gesetze/SGB_X/44.html überprüft und
ggf. korrigiert werden: Kontakt aufnehmen, Antrag stellen!

Erfolge sollten z. B. Versicherte verbuchen können, die durch eine Fehlentscheidung im Zusammen-
hang mit der (bisherigen) AU-Bescheinigung und der Vergabe des nächsten Arzt-Termins die Folge-
AUB zu spät erhielten.

Für die nähere Betrachtung eignen sich beispielsweise die aktuellen Fälle von „Roland119“ mit der


BKK MOBIL OIL . . . Bild

von „Lisa Simpson“ mit der BARMER GEK:
http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post22865

von „Gee Cee“ mit der BARMER
http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post23846

und natürlich von Lena Köhle mit der Techniker Krankenkasse
http://www.krankenkassenforum.de/1-vt96 ... sc&start=0

P. S.: wo Verfahren fortgeführt werden sollte keinesfalls übersehen werden, zusätzlich auch den
Anspruch auf unbefristete Bewilligung von Krankengeld und das Fehlen der wirksamen Aufhe-
bungsentscheidung
ausdrücklich zum Gegenstand der Verfahren zu machen, z. B. durch Hinweis
auf die rechtlichen Argumente aus den Urteilen der Sozialgerichte

Speyer vom 30.11.2015, S 19 KR 160/15
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L

Mainz vom 21.03.2016, S 3 KR 255/14:
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L

Speyer vom 11.07.2016, S 19 KR 599/14:
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L

Mainz vom 25.07.2016, S 3 KR 428/15:
http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/p ... doc.part=L

Auch diese Entscheidungen sind überzeugend, obwohl sie von den Krankenkassen und von der
Sozialgerichtsbarkeit bisher ebenfalls insgesamt beharrlich ignoriert werden. Nachvollziehbare
Einwände gibt es auch dagegen nicht.

Viel Erfolg!
.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 17.05.2017, 08:31

.
Hier der Rechtstipp eines Rechtsanwalts, der dazu seine Dienste anbietet
https://www.anwalt.de/rechtstipps/sozia ... 06289.html

und die BSG-freundlicheren, im Zusammenhang mit dem 16.12.2014 aber
irreführenden, Veröffentlichungen
http://www.juragentur.de/meldungen/meldung/id/8785
http://www.juraforum.de/recht-gesetz/tr ... ung-592128
http://www.kanzlei-blaufelder.com/krank ... n-dornhan/
.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.05.2017, 10:01

.
Im JURAFORUM und bei BLAUFELDER hinterlassener Kommentar:
Das hier dargestellte Urteil ist bereits im Ansatz mit § 46 SGB V a. F. un-
vereinbar.

Dessen Singular-Wortlaut geht von „einem Anspruch“ auf Krankengeld aus,
der von dem Tag an entsteht, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der
Arbeitsunfähigkeit folgt.

Die bereits betagte fiktive BSG-Konstruktion zu mehreren Ansprüchen auf Kran-
kengelder, die jeweils vom Tag nach der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit an
für die Dauer der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung befristet entstehen,
hat keine rechtliche Basis, widerspricht jeder herkömmlichen Rechtsauslegungstech-
nik.

Offenbar hat das BSG bei seiner Entscheidung vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, unter
Vorsitz des jetzigen Präsidenten Prof. Dr. Schlegel schlicht verkannt, dass es zum Kran-
kengeld seit 1961 immer nur einen Karenztag gab, nie jeweils einen Karenztag zu jeder
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Ohne diesen Fehler wäre der strikte Einsatz der „illegalen BSG-Krankengeld-Falle“ mit
restriktiven Ausnahmen – seit 11.05.2017 wieder eine mehr – nicht möglich gewe-
sen.

Dieser Hintergrund wird hier übergangen.

Außerdem ist der Zusammenhang mit den BSG-Entscheidungen des 1. Senats vom
16.12.2014 unzutreffend dargestellt. Stattdessen wäre ein Bezug zu den damali-
gen Falsch-Urteilen – Aktenzeichen B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 19/14 R – zu-
treffend gewesen.

Daneben erscheinen die zahlreich weiteren Unrichtigkeiten der obigen Ver-
öffentlichung geradezu belanglos.

.

billy
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Beitrag von billy » 18.05.2017, 22:04

Nun kann also auch der 3. Senat des BSG das Recht nicht korrekt anwenden.....

Herr Butz, ist Ihnen noch nie in den Sinn gekommen, dass womöglich Sie irren? Es sind ja nicht die "Sozialgerichte" Trier, Mainz und Speyer, sondern lediglich jeweils 1 Kammer dieser Gerichte. Gleiches gilt für die wenigen LSG-Urteile....insgesamt eine Handvoll Richter von über 1000 Richtern an Sozialgerichten.

Sie haben durchaus Ahnung von Recht, aber ist Ihnen dabei auch der Sinn für Realität verloren gegangen? Und gleichzeitig der Hang zur Arroganz gewachsen?

Eigentlich könnte mir das egal sein. Was mich aber ärgert, ist die Tatsache, dass sie Menschen in Not mit falschen Hoffnungen auf den Irrweg durch Instanzen lotsen bis hin zum BSG und wenn es dann eng wird, tauchen Sie ab. Sie propagieren dabei Thesen, die unhaltbar sind. Bestes Beispiel: Krankengeld als Antragsleistung im Zusammenhang mit der Genehmigungsfiktion nach Paragragh 13 SGB V. Krankengeld ist keine Antragsleistung und der Anspruch entsteht Kraft Gesetz. Und vor allem bezieht sich die genannte Rechtsgrundlage auf Kostenerstattung....was hat dies mit Krankengeld zu tun?

Ja, ich weiß, Sie werden jetzt in einer Endlosschleife mit den altbekannten Argumenten gegenhalten. Ohne Reflektion, ohne Nachdenken und ohne Selbstkritik. Insofern frage ich mich, warum ich doch ab und zu auf Sie reagiere. Eine vernünftige Auseinandersetzung mit Ihnen ist ja nicht möglich. Entweder ist man Ihrer Meinung oder man hat keine Ahnung. Fällt das jetzt schon unter Altersstarrsinn (der Jüngste sind Sie ja wohl nicht unbedingt) oder ist das pure Arroganz?

Warum reagiere ich überhaupt auf Sie? Ich bin nicht betroffen und Sie selber sind mir zutiefst egal. Aber mir tun Menschen wie z.B. die Gräfin leid, die Sie mit Ihrer kruden Anschauungsweise auf den Weg durch Instanzen jagen und wenn es dann schief geht.....dann ist der Anton raus. Kennen Sie den Rattenfänger von Hameln?

Nein, ich erwarte keine Antwort (auf Kritik haben Sie bislang ja eh nur sehr selektiv reagiert). Aber ich wollte es mal loswerden. Sie kommen wir wirklich vor wie der Geisterfahrer in dem unsäglichen Witz....aber ich glaube, der Vergleich wurde schon mal gebracht.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.05.2017, 22:49

Hallo billy,

welche sachliche Meinung haben Sie denn im Zusammenhang mit
der „illegalen BSG-Krankengeld-Falle“ und mit dem „SGB-X-wid-
rigen Selbstvollzug des Krankengeld-Rechts“
? Oder begnügen Sie sich
mit der „anderen Ebene“ (unter dem Tisch)?

Zum Fall der Gräfin und zur Genehmigungsfiktion liefen die Diskussionen bis
jetzt dort:

http://www.krankenkassenforum.de/-vp84809.html#84809
http://www.swr.de/forum/read.php?2,8359 ... #msg-86583

Leider haben Sie sich bisher nicht beteiligt – haben Sie nichts beizutra-
gen, oder lassen Sie sie ins „offene Messer“ laufen? Also los jetzt,
vielleicht nach dem Motto eines bekannten Kolumnisten:

Bürger vertraut eurer Justiz, fordert sie heraus, macht
sie besser als sie jetzt ist!


Schönen Gruß
Anton Butz

billy
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Beitrag von billy » 18.05.2017, 23:38

Ach Herr Butz, an dieser Diskussion habe ich mich sehr rege beteiligt, als Sie Ihre Thesen noch unter ihrem Zweitprofil Machts Sinn hier verbreitet haben. Ihre Einträge haben Sie ja bekanntlich löschen lassen, meine können Sie dort noch nachlesen. Mir fehlt sowohl die Zeit wie auch die Lust, alles zu wiederholen. Das unterscheidet uns beide.....Sie sind sich für keine Wiederholung zu schade, aber Sie haben offensichtlich auch mehr Zeit.

Unabhängig davon liegt Ihnen doch in Wirklichkeit nichts an einer echten Diskussion. Argumente und Beiträge, die Ihnen nicht gefallen oder die Ihrer Auffassung "gefährlich" werden könnten, ignorieren Sie üblicherweise oder Sie kanzeln Ihren jeweiligen Gesprächspartner als unwissend ab. Oft genug passiert mit Usern, die von der Marterie durchaus Ahnung haben.

Insofern....nein, ich fange nicht von vorne an. Wie gesagt, Sie können alles nachlesen. Ansonsten.....auch gut. Wir kommen eh nicht zu einer vernünftigen Diskussion.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.05.2017, 00:05

Ja billy,

Dokumentation ist einfach prima: schon mit Ihren beiden ersten Beiträgen ist Ihr Standpunkt
umfassend dargestellt:

http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... ght=#16490

Und mit Ihrem 9. Beitrag (Urteil v. 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, unter Vorsitz des jetzigen
Präsidenten Prof. Dr. Schlegel, s. vorletzten Beitrag) scheiden sich unsere Geister
endgültig!

Schönen Gruß!
Anton Butz

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 01.06.2017, 20:23

.
Das Versagen des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, Mainz:
- ebenfalls im Zusammenhang damit: http://www.krankenkassenforum.de/knnen- ... ght=#84998 -

Die Watsch´n durch das Urteil des BSG vom 11.05.2017 geht allein auf das Konto des 5. Senats des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, Mainz, unter Vorsitz des Vizepräsidenten Dr. Follmann, des stellvertretenden Vorsitzenden Keller sowie der Richterin am LSG Dr. Jutzi und des Richters am LSG Wiemers. Wenn die Ignoranz nicht unendlich wäre, müsste die Watsch´n besonders beeindruckend, vielleicht sogar schmerzhaft sein, nachdem das sonst lienientreue Sozialgericht Koblenz vorgelegt hatte:
Ausnahmsweise räumt die Rechtsprechung jedoch dem Schutzzweck des Krankengeldrechts Vorrang vor dem Erfordernis der formalen Feststellung ein, wenn der Versicherte seinerseits alles Erforderliche und ihm objektiv Mögliche getan hat, um die gesundheitlichen Voraussetzungen seiner Arbeitsunfähigkeit zeitnah feststellen zu lassen (vgl. dazu BeckOK SozR/Tischler SGB V § 46 Rn. 23 mit Hinweis auf BSGE 24, 278, 279). So liegt es hier.

Dass die von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. am 04.01.2013 (bis einschließlich 25.01.2013), am 24.01.2013 (bis einschließlich 14.02.2013), 13.02.2103 (bis einschließlich 06.03.2013), am 06.03.2013 (bis ein-schließlich 27.03.2013), am 26.03.2013 (bis einschließlich 16.04.2013) und am 15.04.2013 (bis einschließlich 07.05.2013) ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eine nahtlose Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im Sinne der obi-gen Ausführungen begründen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich, ob vom 03.01.2013 auf den 04.01.2013 eine Nahtlosigkeitslücke vorliegt. Eine solche besteht zur Überzeugung der Kammer nicht.

Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wurde zunächst vom behandelnden Allgemeinarzt Dr. S. bis einschließlich zum 03.01.2013 bescheinigt. Ab dem 04.01.2013 war die Klägerin bei der Fachärztin Dr. K. in Behandlung. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer glaubwürdig und glaubhaft Abläufe am 03.01.2013 und 04.01.2013 geschildert, die nach Auffassung der Kammer eine Nahtlosigkeit begründen.

Nach den Schilderungen der Klägerin war ihr bewusst, dass die bis zum 03.01.2013 befristete Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit wesentliche Bedeutung für den Fortbestand ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten und den weitergehenden Krankengeldbezug hatte. Sie hat sich deshalb am letzten Tag des befristeten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes bei Dr. S. in der Praxis vorgestellt. Dies bestätigen die Eintragungen in der vom Gericht beigezogenen Krankenakte (Bl. 55 der Gerichtsakte). Für den 03.01.2013 ist dort eine Diagnose eingetragen, im Gegensatz zu den vorhergehenden Eintragungen am 23.11.2012, 0.12.2012 und 21.12.2012 fehlt es an der Ausstellung einer AU-Bescheinigung. Der Grund dafür ergibt sich aus den Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die durch die weiteren Eintragungen in der Krankenakte bestätigt werden: Die Klägerin hatte für den 04.01.2013 bereits einen Termin bei Frau Dr. K. Nach den überzeugenden Schilderungen der Klägerin war dies auch Thema bei der Vorstellung am 03.01.2013 bei Dr. S. Dass Dr. S. hiervon Kenntnis hatte, ergibt sich aus der Eintragung in der Krankenakte vom 21.12.2012. Dass Dr. S. weiterhin davon ausging, dass mit seiner Befristung der Arbeitsunfähigkeit auf den 03.01.2013 und der Ausstellung einer Folgebescheinigung durch Frau Dr. K. am 04.01.2013 die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit weiter gewährleistet sei, ergibt sich darüber hinaus aus der Eintragung in der Krankenakte vom 04.01.2013.

Entscheidend sind vorliegend die glaubhaften Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach sie am 03.01.2013 Dr. S. explizit auf die befristete Krankmeldung angesprochen hat und dieser ihr versichert habe, dies reiche aus. Zum Praxistermin am 04.01.2013 bei Frau Dr. K. hat die Klägerin in Bezug auf die erst ab dem 04.01.2013 ausgestellte Bescheinigung nachgefragt und um einen Anruf in der Praxis Dr. S. gebeten. Nach kritischer Nachfrage und telefoni-scher Rückversicherung wurde der Klägerin von zwei zugelassenen Ärzten versichert, die ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen reichten aus. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG, wonach das Unterbleiben einer objektiv zutreffenden Würdigung durch den aufgesuchten Arzt nicht dazu führen darf, dass sich das nicht im Verantwortungsbereich des Versicherten liegende Ergebnis zum Nachteil des Versicherten auswirkt (so BeckOK SozR/Tischler SGB V § 46 Rn. 23 mit Verweis auf BSG Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04), muss hier davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs am 03.01.2013 ausreichend festgestellt waren. Die Klägerin hat jedenfalls alles in ihrer Macht Stehende getan, die Voraussetzungen für ein Fortbestehen der Mitgliedschaft und damit für ihren Anspruch auf Krankengeld aufrecht zu erhalten: Es lagen sowohl (unstreitig) die medizinische Arbeitsunfähigkeit als auch die ärztliche Feststellung derselben durch Dr. S. beim Praxisbesuch am 03.01.2013 vor Ablauf der letzten befristeten Bescheinigung vor. Eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bedarf es hier nicht. Der Krankengeldanspruch erstreckt sich damit auf den Zeitraum bis einschließlich 07.05.2013.

Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.


Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 06.06.2017, 13:40

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Die sog. "Recht"sprechung "blinder Papageien" des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, Mainz, dazu sieht so aus:
Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Die Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, strikt zu handhaben (BSG Urteile vom 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R, juris, Rdnr. 19 und B 1 KR 20/11 R, juris, Rdnr. 19; kritisch hierzu zuletzt Knispel, NZS 2014, 561). Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.

In seiner Entscheidung vom 04.03.2014 (B 1 KR 17/13 R, juris) hat das Bundessozialgericht ausdrücklich bestätigt, dass die Obliegenheit Versicherter, zur Aufrechterhaltung ihres Krankengeldanspruchs ihre Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf je-des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen, nicht deshalb entfällt, weil der behandelnde Arzt den Versicherten unzutreffend oder gar nicht rechtlich beraten hat.

Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin keinen Anspruch auf weitere Zahlung von Krankengeld. Nachdem ihr Beschäftigungsverhältnis am 31.12.2012 geendet hatte, blieb ihre Mitgliedschaft gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 03.01.2013 erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt hat Dr. S ihr Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Die Klägerin hat sich zwar am 03.01.2013 bei Dr. S persönlich vorgestellt, dieser hat jedoch eine weitere Arbeitsunfähigkeit gerade nicht nach außen dokumentiert. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die Krankenakte hingewiesen hat, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Dabei kann dahinstehen, ob die Angabe der Arbeitsunfähigkeit in den Krankenunterlagen des Arztes ausreichen würde, da Dr. S ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Ausdrucks des Krankenblatts am 03.01.2013 lediglich eine Diagnose gestellt hat (Somatisation – F45.9, G). Eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit lässt sich hieraus gerade nicht entnehmen. Erst am 04.01.2013 hat Dr. K Arbeitsunfähigkeit attestiert, so dass gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erst am 05.01.2013 ein Anspruch auf Krankengeld hätte entstehen können. Zu diesem Zeitpunkt war sie indessen nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit konnte auch nicht ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden. Ausnahmsweise steht die fehlende ärztliche Fest-stellung einem Anspruch auf Zahlung von Krankengeld nicht entgegen, wenn (a) der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, (b) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde und (c) zusätzlich seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend gemacht hat (BSG 08.11.2005 – B 1 KR 30/05 R, juris Rdnr. 22). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Klägerin war nicht durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung daran gehindert, ihre Ansprüche zu wahren. Soweit Dr. S die Klägerin unzutreffend beraten hat, ist dies nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen.

P.S.: der SGG-Kommentator und Verfasser des nachstehenden Aufsatzes, Wolfgang Keller, war daran nicht unmittelbar beteiligt:
https://www.krvdigital.de/ce/die-rechtz ... etail.html

Die Entscheidung geht aus das Konto von
Vizepräsident des Landessozialgerichts Dr. Follmann
Richterin am Landessozialgericht Dr. Jutzi
Richter am Landessozialgericht Wiemers
ehrenamtlichen Richter Gläser
ehrenamtlichen Richter Schweitzer
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