Änderungsvorschlag zu § 46 SGB V neu

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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 22.07.2015, 22:31

Bundesminister, Bundeskanzlerin und Bundespräsident haben das Gesetz
unterschrieben; es wurde heute im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt
morgen in Teilen in Kraft:

http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav ... 7596713106

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 09.08.2015, 09:11

Tatsache ist, dass "der Gesetzgeber" die vom Sozialgericht Speyer mit Urteil
vom 22.05.2015, S 19 KR 959/13, so kritisierte "Recht"sprechung des BSG-
Präsidenten-Senates

http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 400D013D77}

auf Wunsch der Krankenkassen um einen Tag sowie um Wochenend- und Feier-
tage entschärft fortgeschrieben und zum Gesetz erhoben hat.

Deutlicher kann sich der Zustand unseres "sozialen" "Rechts"staates kaum
ausdrücken als durch die Entwicklung von der "BSG-Krankengeld-Falle" zur
"Gesetzgeber-Krankengeld-Falle".

Anton Butz

KKA
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Beitrag von KKA » 09.08.2015, 12:30

Kannst Du dem Urteil keinen Fortschritt in die richtige Richtung entnehmen?

Und, wie viele Karenztage sind deines Erachtens angemessen?

Versuche deine Forderung ohne §§ Wald und zig-LSG/BSG-Urteilen zu verstehen...

Gruß
KKA

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 09.08.2015, 22:10

Hallo KKA,

das Problem ist nicht das Urteil aus Speyer, sondern dass die "BSG-Krankengeld-
Falle
" trotz solcher Urteile (auch aus Trier, Mainz und vom 16. Senat des LSG Essen)
entschärft zur "Gesetzgeber-Krankengeld-Falle" erhoben worden ist und dabei sowohl
der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wie auch die Gleichheit im Recht missachtet wurden.

Unter "Karenztagen" verstehen wir beide nicht dasselbe. Anders als du halte ich auch
3 und jede andere Zahl von Karenztagen (in deinem Sinne) nicht für angemessen oder
erforderlich. Angemessene Gerechtigkeit wäre hergestellt, wenn auch Personen ohne
Beschäftigungsverhältnis den Anspruch im Falle einer Lücke nicht ganz verlieren,
sondern lediglich für die "Lückentage" kein Krankengeld erhalten (nach dem Modell
des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V: http://dejure.org/gesetze/SGB_V/49.html ) - im Ergebnis
also nicht schlechter behandelt werden als Personen im Beschäftigungsverhältnis.

Schönen Gruß!
Anton Butz

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 17.08.2015, 08:12

Alle Staatsgewalt geht vom VolkeR aus
http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... -1.5318056

Mit diesem neuen Text des Art. 20 GG witzeln die Abgeordneten der Unionsfraktion in erster Linie über sich selbst.
Mit Politik haben die in diesem Thread dargestellten Vorgänge zur Rechtsänderung beim Krankengeld aber nichts
zu tun, eher mit blindem Gehorsam, der im Bereich "Gesundheit" von Dr. Edgar Franke offenbar vorbildlich garantiert
wird. Ohne zu diskutieren, streiten und abzustimmen sind offenbar alle - blind - gefolgt. Damit empfehlen sich nach
der Kauder´schen Logik alle für größere Aufgaben, jedenfalls muss keiner um seinen verantwortungsvollen Posten
fürchten.

Das ist für sie beruhigend. Aber nicht für uns und für den Staat!

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.08.2015, 12:14

Neue Hoffnungen zur alten Krankengeld-„Rechts“lage (BSG-Krankengeld-Falle bis 22.07.2015)


Die BSG-Krankengeld-Falle hat ausgedient. An ihre Stelle ist am 23.07.2015 die um einen
Werktag sowie um Wochenend- und Feiertage entschärfte Gesetzgeber-Krankengeld-Falle
getreten (geänderter § 46 SGB V).

Bereits seit 01.01.2015 sind die früheren Herren der BSG-Krankengeld-Falle, darunter BSG-
Präsident Peter Masuch, nicht mehr für Krankengeld zuständig, sondern der 3. BSG-Senat.

Doch Ruhe wird zum Krankengeld noch lange nicht einkehren. Zunächst stellt sich die Frage:
Was wird aus den Opfern der früheren Konstruktion? Dürfen sie hoffen, wird jetzt alles anders,
vielleicht besser?

Nach den bisherigen Erfahrungen mit der sog. BSG-„Recht“sprechung zum Krankengeld erscheint
unter Berücksichtigung der bisher völlig übergangenen rechtlichen Argumente der Sozialgerichte
Trier, Mainz und Speyer sowie des Landessozialgerichtes Essen alles möglich:

Bisher hat sich der 3. BSG-Senat noch nicht erkennbar positioniert, „ob der Rechtsprechung des
1. Senats in Bezug auf alle Einzelheiten zur Voraussetzung nahtloser ärztlicher Bescheinigungen
der Arbeitsunfähigkeit zu folgen ist.“ Dies dürfte sich aber alsbald ändern.

In der Liste der anhängigen Rechtsfragen des 3. Senats vom 06.08.2015 ist das Revisionsverfahren
3 KR 22/15 gegen das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 16.10.2014, L 5 KR 157/14, bereits auf-
geführt und die Rechtsfrage so beschrieben: „Zu den Voraussetzungen der rechtzeitigen ärztlichen
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit iSd § 46 SGB 5“.
http://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Publi ... cationFile

Außerdem dürfte über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz
vom 20.11.2014 - L 5 KR 149/13, noch zu entscheiden sein - B 3 KR 16/15 B.

Das könnte Grund genug sein, in laufenden Verfahren die Hoffnung weiterhin aufrecht zu erhalten.

Zum Nachteil der Versicherten bestandskräftig bzw. unanfechtbar abgeschlossene Fälle können
über § 44 SGB X (und evtl. Sonderregelungen dazu) überprüft werden; Argumente gibt es massig:

§ 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.08.2015, 16:45

.
Im Zusammenhang mit dem andernorts diskutierten Urteil des LSG BW vom 21.10.2014,
L 11 KR 1242/14, (und noch mehr der Klageabweisung durch die erste Instanz, SG Stuttgart)

http://openjur.de/u/756050.html
http://www.wkdis.de/aktuelles/rechtsnews/310799

sind die Gerichte bereits intensiv kritisiert worden. Noch mehr Kritik verdienen die Krankenkasse
und die "soziale" Krankenversicherung insgesamt:

Was muss dort für ein Selbstverständnis zum Nachteil der Versicherten vorherrschen, wenn die
Entscheidung des LSG BW nicht vollzogen werden kann, sondern sich die Meinung durchsetzt,
das BSG müsse korrigierend eingreifen!?

Nichts anderes kann der Grund dafür gewesen sein, dass die Krankenkasse das Urteil des LSG
BW mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten hat, zum Glück vergeblich:

s. Beschluss des BSG vom 08.07.2015, B 3 KR 20/15 B:
http://www.rechtsportal.de/Rechtsprechu ... d/(off)/64

Anton Butz
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Der große Sumpf

Beitrag von Anton Butz » 01.12.2015, 11:42

.
Der GKV-Spitzenverband …

…. ist der Verband mit den meisten Hausausweisen!

Insgesamt 21, 13 von der CDU, 8 von der SPD
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 22320.html

Damit dürfte zur Krankengeld-Rechtsänderung ab 23.07.2015 alles klar sein:


Regierungsentwurf 12/2014
Der Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen, wenn nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ärztlich festgestellt wird.
Vorschlag GKV-Spitzenverband 23.03.2015
Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem Ende des zuletzt bescheinigten Endes der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

Gesetzestext seit 23.07.2015
Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.
Offene Fragen beantwortet gerne Dr. Edgar Franke, SPD
https://www.bundestag.de/gesundheit

.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 04.12.2015, 14:21

.
Macht und Krankenkassen:

dazu passt: http://www.buerger-initiative-gesundhei ... 2.2015.pdf

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Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 04.12.2015, 15:27

Hallo,
dazu passt aber auch - wer hat diesen Beitrag unterschrieben ?? - und wenn man die Kassenvertreter gegen Ärzte austauschen würde, dann wäre der Dr. Müller aber so etwas von zufrieden.
Ich bin grundsätzlich gegen Lobby´isten im Bundestag, egal wen oder was sie vertreten !.
Gruss
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 13.12.2015, 20:55

.

Zur "Gesetzgeber-Krankengeld-Falle" ab 23.07.2015 als Co-Produktion
von AOK Bundesverband, GKV-Spitzenverband und Parlament hier ein Beispiel:

http://www.derwesten.de/staedte/oberhau ... 66484.html

Ein verantwortungsvoller - sozial-rechtlich orientierter - Gesetzgeber hätte
diese Problematik vermieden und "die Lücke" stattdessen mit einer Zahlung-
sunterbrechung - . R u h e n . statt . E r l ö s c h e n . - des Krankengeldes
geregelt. Aber wenn Vorschläge des AOK-Bundesverbandes bzw. des GKV-
Spitzenverbandes ohne Sachkenntnis blind abgenickt werden, dann brauchen
wir (Versicherte) uns nicht zu wundern – wir müssen uns fürchten!

Das gilt natürlich auch, wenn ein Sachverständigenrat gar kein "echter Sach-
verständigenrat" ist, denn ein „echter Sachverständigenrat“ wäre über die
rechtliche Problematik der früheren "BSG-Krankengeld-Falle" ebenso wenig
hinweg gegangen wie über die Nachfolge-Konstruktion mit ihren weiter-
gehenden sozial-rechtswidrigen Funktionen.

.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 13.12.2015, 22:43

Hallo,
an dieser Stelle vielleicht mal eine Zusammenfassung aus all dem bisher Geschriebenen.
Wer verhält sich so, dass man sagen könnte - ja - im Sinne des Krankengeldbeziehers bzw. nicht zum Nachteil des Krankengeldbeziehers.

1. Ärzte - nein
2. Krankenkassen - nein
3. MDK - nein
4. Sozialgerichte (verschiedene Instanzen) - bis auf wenige Ausnahmen - nein
5. Bundessozialgericht - nein
6. Gesetzgeber - nein
7. Unabhängige Patientenberatung - nein
8. VDK - nein
9. Gewerkschaften - nein
10 Rechtsanwälte - nein
11.Sachverständigenrat - nein
12. politische Parteien - nein

Sollte ich irgendjemand vergessen haben - bitte Liste ergänzen

Natürlich muss es bei dieser Aufzählung auch eine Position geben - die mit einem klaren und unumstößlichen "ja" beantwortet werden muss.
Im Sinne des Krankengeldbeziehers bzw. nicht zu seinem Nachteil handelt immer der Versicherte selbst - ich denke, darüber muss man nicht diskutieren.

"qui praeerant custodiae" - eine Frage, die sich wahrscheinlich nie beantworten lässt.
Gruss
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 31.01.2016, 16:35

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Krankengeld-Doppelanspruch

Die Gesetzesbegründung ist – wohl bewusst – unvollständig, irreführend. Wahrscheinlich haben die
Entscheidungsträger deswegen nicht vollständig erfasst, was sie da letzten Sommer als Vorschlag des
AOK-Bundesverbandes und des GKV-Spitzenverbandes abnickten.

Jetzt drängt sich ein weiterer Aspekt in den Vordergrund – der tageweise Doppelanspruch.

Wenn nach der Neuregelung des § 46 SGB V https://dejure.org/gesetze/SGB_V/46.html der vorherige Anspruch
auf Krankengeld bis zum Tag der lückenlosen ärztlichen Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit bestehen
bleibt und an diesem Tag durch die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der weitere Anspruch entsteht,
existieren jeweils an diesen Tagen zwei Ansprüche auf Krankengeld.

Das erscheint vielleicht nicht gewollt. Auszuschließen ist es aber auch nicht, denn damals wurde so manches
geregelt, was sich – außer vom AOK-BV und vom GKV-SV – nicht als gewollt darstellt. Immerhin könnte der
Gesetzgeber damit einen Anreiz für nur kurzfristige AU-Bescheinigungen geschaffen haben, nachdem sich
die Krankenkassen gegen die Rechtsprechung zur Wirksamkeit unbefristeter AU-Bescheinigungen
(„bis auf weiteres“) auflehnten.

Das zu klären, dürfte eine Kleinigkeit sein, ebenso wie jetzt schon das Ergebnis zu erahnen. Aber es
eröffnet den zusätzlichen Weg, die Neuregelung einfach-rechtlich, wie – aus anderen Gründen –
verfassungsrechtlich in Frage zu stellen.

.

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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 31.01.2016, 23:36

Der Anton hat ein neues Steckenpferd. Jetzt gibt es nicht mehr den EINEN Anspruch auf Krankengeld, nein, plötzlich existieren ZWEI Ansprüche! Da fragt sich der geneigt SoFa: Und? Was ist jetzt das Problem?

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 01.02.2016, 00:03

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zwei Ansprüche - o. K.

Also sind wir zu zwei Krankengeld-Ansprüchen für den Tag der lückenlosen
Verlängerung der AU schon mal einig.

Die Versicherten werden damit wohl kein Problem haben - aber vielleicht werden
die Krankenkassen eines bekommen, weil der zweite Anspruch nicht erfüllt
werden soll ...

.

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