Änderungsvorschlag zu § 46 SGB V neu

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broemmel
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Beitrag von broemmel » 01.02.2016, 08:26

Ich glaube er möchte für diesem Tag das Krankengeld doppelt ausgezahlt bekommen.

Auf jeden Fall mal wieder ein schönes Beispiel für selektives Lesen. Die angenommene Übereinstimmung habe ich nicht heraus gelesen

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 01.02.2016, 13:36

Anton Butz hat geschrieben:.
zwei Ansprüche - o. K.

Also sind wir zu zwei Krankengeld-Ansprüchen für den Tag der lückenlosen
Verlängerung der AU schon mal einig.
Nein Anton, wir sind uns nicht einig. Ich habe nur keine Lust, mit dir darüber zu diskutieren, da es vollkommen unerheblich ist, wieviele Ansprüche auf Krankengeld bestehen.
Anton Butz hat geschrieben: Die Versicherten werden damit wohl kein Problem haben - aber vielleicht werden
die Krankenkassen eines bekommen, weil der zweite Anspruch nicht erfüllt
werden soll ...

.
Eins, zwei oder drei. Ist doch vollkommen wurst. Die Höhe des Krankengeldes laut SGB V ist maßgebend. Höchstens 90 % des entgangenen Nettoarbeitsentgeltes. Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 02.02.2016, 10:42

GerneKrankenVersichert hat geschrieben: da es vollkommen unerheblich ist, wieviele Ansprüche auf Krankengeld
bestehen.

Eins, zwei oder drei. Ist doch vollkommen wurst. Die Höhe des Kranken-
geldes laut SGB V ist maßgebend. Höchstens 90 % des entgangenen
Nettoarbeitsentgeltes. Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung.
Warum nicht gleich so eindeutig und überzeugend? Ich muss dir leider zu-
stimmen: zum Krankengeld ist es bisher wirklich "Wurst" was im Gesetz
steht.

Anton Butz
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gesetzliche Krankengeld-Falle seit 23.07.2015

Beitrag von Anton Butz » 03.02.2016, 21:54

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Die „BSG-Krankengeld-Falle“ ist seit 23.07.2015 in die – entschärfte – „gesetzliche Krankengeld-Falle“ umkonstruiert. Die Problematik und die damit verbundene Dramatik blieben unverändert. Dass die Fälle seltener sind, hilft dem Ansehen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht. Hier das Parade-Beispiel: http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post21103

Aber auch der Gesetzgeber – wenn so bezeichnet werden darf, wer blind die Vorschläge von AOK-Bundesverband und GKV-Spitzenverband umsetzt? – hat sich mit seiner gesetzlichen Krankengeld-Falle einen „Bärendienst“ erwiesen. Darauf lässt zumindest die erste allgemein bekannte richterliche Einschätzung schließen (Urteilsauszug):


4.8 Durch die inzwischen vollzogene Änderung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V und durch die Einfügung des neuen § 46 Satz 2 SGB V mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) mit Wirkung zum 23.07.2015 ist weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft eine wesentliche Änderung der Rechtslage bezüglich der Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs eingetreten. Mit der Neuregelung wird die gesetzeswidrige Normkonkretisierung des BSG weder für die Zukunft legalisiert, noch für die Vergangenheit legitimiert.

4.8.1 § 46 Satz 1 SGB V lautet in der neuen Fassung:

„Der Anspruch auf Krankengeld entsteht

1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an,

2. im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.“

Mit dieser Neureglung wurde der verbliebene „Karenztag“ abgeschafft, sodass der Anspruch auf Krankengeld in den Fällen des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nunmehr bereits am Tag der ärztlichen Feststellung und nicht erst am Folgetag entsteht.

§ 46 Satz 2 SGB V lautet in der neuen Fassung:

„Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.“

Diese Neuregelung könnte den Anspruch auf Krankengeld allenfalls für den Fall begrenzen, dass ein Arzt ein Ende der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Sie sieht zugleich eine Ausnahme von dieser – möglichen – Rechtsfolge für den Fall vor, dass spätestens am nächsten Werktag nach dem „bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit“ die weitere Arbeitsunfähigkeit auf Grund derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird. Allerdings ist zweifelhaft, ob anhand dieser Vorschrift überhaupt ein Beendigungstatbestand für den materiellen Krankengeldanspruch konstruiert werden kann. Es fehlt an dieser Stelle und auch sonst im SGB V nach wie vor an einer Regelung, die eine Beendigung des Krankengeldanspruchs durch eine ärztliche Handlung („Feststellung der Arbeitsfähigkeit“, „Bescheinigung des Endes der Arbeitsunfähigkeit“) vorsieht. In § 46 Satz 2 SGB V n.F. wird eine entsprechende Rechtsnorm möglicherweise vorausgesetzt. Eine solche lässt sich aber nicht auf einen geltenden Normtext zurückführen. Der in § 46 Satz 2 SGB V n.F. normierten Regelung zum Fortbestand des Krankengeldanspruchs fehlt es somit an einem hiermit korrespondierenden Beendigungstatbestand.

Vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen (Art. 20 Abs. 3 GG) Gebotes der Normenklarheit und Normenwahrheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.2003 – 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 – Rn. 61: „Gesetzliche Regelungen müssen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (…). (…) Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen (…), sondern auch bei der Gewährung von Leistungen und deren zivilrechtlicher Behandlung müssen die Normen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein.“) sowie des Gesetzesvorbehalts des § 31 SGB I erscheint es nicht vertretbar, einen Beendigungstatbestand für den Krankengeldanspruch als durch § 46 Satz 2 SGB V n.F. mittelbar oder indirekt mitnormiert anzusehen. Die hieraus resultierende weitgehende Funktionslosigkeit der Regelung ist vielmehr als Folge ihrer Unvollständigkeit hinzunehmen. Sie ist letztendlich Ausdruck des Versuchs der Legislative, auf eine nicht vom Gesetz gedeckte Rechtsprechung des BSG nur punktuell zu reagieren, anstatt sie entweder umfassend in rechtsstaatlich gebotener Klarheit zu positivieren oder ihr im Wege einer Klarstellung vollständig den Boden zu entziehen.

Aus dem Normtext des § 46 Satz 2 SGB V n.F. ergibt sich erst recht kein Anknüpfungspunkt dafür, dass die in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V vorausgesetzte ärztliche Feststellung sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, der Anspruch auf Krankengeld von vornherein nur für einen „bescheinigten“ Prognosezeitraum entsteht, der Anspruch mit dem Ablauf eines „Bewilligungsabschnitts“ endet oder der Arzt mit der Angabe eines Datums bezüglich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit das (vorläufige) Ende des Krankengeldanspruchs bewirkt. Des Weiteren wird weder in § 46 Satz 2 SGB V n.F. noch anderswo im SGB V vorgeschrieben, dass der Arzt das Ende der Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen hat.

Selbst wenn davon ausgegangen würde, durch § 46 Satz 2 SGB V n.F. würde mittelbar eine Begrenzung des materiellen Krankengeldanspruchs auf einen vom Arzt bescheinigten Endpunkt normiert, wäre diese Tatbestandsvoraussetzung nicht mit dem vom Arzt in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder anderweitig dokumentierten Prognose über das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Wenn ein Arzt prognostiziert, dass die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten voraussichtlich bis zu einem bestimmten Datum andauern wird, stellt dies semantisch keine Bescheinigung über das Ende der Arbeitsunfähigkeit, sondern eine Bescheinigung über die ärztliche Prognose des voraussichtlichen Endes der Arbeitsunfähigkeit dar. Die vom 1. Senat des BSG letztlich vertretene Rechtsauffassung, die in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentierte Prognose eines Enddatums der Arbeitsunfähigkeit setze dem materiellen Krankengeldanspruch ein (ggf. vorläufiges) Ende, steht somit auch im Widerspruch zum Normtext des § 46 Satz 2 SGB V in der neuen Fassung.

Die semantisch zwingende Unterscheidung zwischen bescheinigter Prognose der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und Bescheinigung des Enddatums der Arbeitsunfähigkeit hat auch in der als Anlage zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) mit Wirkung zum 01.01.2016 vereinbarten Muster-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Niederschlag gefunden. Hierin ist vorgesehen, dass der bescheinigende Arzt neben einer Erst- oder Folgebescheinigung auch eine „Endbescheinigung“ erstellen kann, in der er nicht anzugeben hat, bis wann voraussichtlich Arbeitsunfähigkeit bestehen wird, sondern wann der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit war. In den Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung heißt es hierzu:

„Liegt ein potentieller Krankengeldfall vor und der Vertragsarzt/die Vertragsärztin kann bereits bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einschätzen, dass die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich an dem im Feld „voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich bzw. letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit“ angegebenen Datum endet, enden wird bzw. geendet hat, ist zusätzlich zur Angabe des letzten Tages der Arbeitsunfähigkeit das Kästchen „Endbescheinigung“ anzukreuzen. Auf diese Angabe ist besondere Sorgfalt zu verwenden, weil das bescheinigte Datum für die Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, die Leistungsfortzahlung der Agentur für Arbeit und die Krankengeldzahlung wichtig ist.“

Aus § 46 Satz 2 SGB V n.F. folgt wiederum zwingend, dass in einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthaltene Angaben über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit keinerlei Auswirkungen auf den materiellen Krankengeldanspruch des Versicherten haben. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage und entzieht der Rechtsprechung des BSG zur Wirkung der ärztlichen Prognose der Arbeitsunfähigkeitsdauer ein weiteres Mal die Legitimation.

Fundstelle: Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 31.08.2015, S 3 KR 405/13:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 88BF13F803}


Hier wird sicher hoch interessant, was das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - vermutlich auch dann nicht veröffentlicht - meint. Und das wird sicher nicht das letzte Wort dazu sein.

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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 04.02.2016, 21:09

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AOK-BV und GKV-SV in neuem Licht?


Die am 23.07.2015 in Kraft getretene Änderung des Krankengeld-Paragrafen 46 Satz 2 SGB V
Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die
weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn
diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt be-
scheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht
als Werktage.
https://dejure.org/gesetze/SGB_V/46.html

stammt aus den Federn des

AOK-Bundesverbandes (Seite 38, letzter Absatz):
http://www.bundestag.de/blob/365550/0e6 ... d-data.pdf

und des

GKV-Spitzenverbandes (Seite 53, letzter Absatz):
http://www.bundestag.de/blob/366576/712 ... d-data.pdf

Dies ist bisher nicht näher bzw. wohl nicht ausreichend objektiv betrachtet worden. Inzwischen
stellt sich durch das Urteil des SG Mainz konkret die Frage:

Erscheinen der AOK-BV und der GKV-SV in einem neuen Licht, ggf. in welchem?


.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 13.03.2016, 09:23

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"Filzpflege" oder Opposition" ?

Die Wahl in drei Bundesländern heute kann ein Beitrag sein - gegen
Filz allgemein, auch gegen "BSG-Krankengeld-Falle" und die Nachfolge-
Konstruktion, die "gesetzlichen Krankengeld-Falle".

Die Wähler entscheiden zwischen möglichst vielen "Läusen für den Pelz der
Etablierten" und dem Dank an sie, auch für ihre Front gegen Krankengeld-
Bezieher, die zuvor Krankenversicherungsbeiträge gezahlt haben.

Claer ist das typische Opfer-Beispiel:
Krankengeldverlust wegen Falschberatung der KK-Mitarbeiter - Krankengeld - Sozial-Krankenkassen-Gesundheitsforum

Schönen Wahlsonntag!

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Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 13.03.2016, 10:36

Hallo Anton,
Das ist kein Politik-Forum, von daher halte ich dieses Statement für überflüssig. Aber wenn wir dann doch dabei sind, außer dir wird wohl kein Mensch dieser Partei wegen der Krankenfeldfalle, die es in der schlimmen Form nicht mehr gibt, seine Stimme geben, dies auch deshalb weil dort, außer Auslaenderfeindlichkeit und Fluechtlingspolutik gähnende Leere herrscht in Sachen Argumentation und wirklicher Sachkenntnis.
Administrator, wenn Antons Beitrag gelöscht wird, dann bitte den meinigen auch.
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 13.03.2016, 10:56

Klar Czauderna,

da hast du vollkommen recht: die "gesetzliche Krankengeld-Falle" ist ein "i-Tüpfelchen".
Deswegen genügt auch das "i-Tüpfelchen" hier - nicht mehr, aber auch nicht
weniger.

Schönen Gruß
an die Moderatoren
Zuletzt geändert von Anton Butz am 13.03.2016, 11:58, insgesamt 1-mal geändert.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 13.03.2016, 11:50

Hallo Anton,
einverstanden - ich habe gelöscht - "wehret den Anfängen".
Gruss
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 13.03.2016, 12:00

Hallo Czauderna,

ich auch.

Schönen Gruß
Anton Butz

Anton Butz
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Sozialgerichts Speyer, Urteil vom 30.11.2015, S 19 KR 160/15

Beitrag von Anton Butz » 24.03.2016, 17:43

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zur neuen Rechtslage (2):
Die zum 23.07.2015 erfolgte Änderung des § 46 SGB V durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) führt weder für die Zukunft noch rückwirkend zu einer wesentlichen Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Anforderungen für den Fortbestand des einmal entstandenen Krankengeldanspruchs. Die Änderung des Satz 1 der Vorschrift führt zum Wegfall des Karenztages. Der neu eingefügte Satz 2 der Vorschrift lautet:

„Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.“

Der Regelungsbereich dieser Norm betrifft also lediglich Fälle, in denen bereits ein Ende der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Derartige Fallkonstellationen entstehen vereinzelt, wenn ein Arzt – möglicherweise „auf Anweisung des MDK“ und sogar entgegen der eigenen Einschätzung (vgl. nur SG Speyer, Urteil vom 20.03.2015 – S 19 KR 969/13) - ein Ende in der ausgestellten Bescheinigung mitgeteilt hat, obwohl die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich fortbestand. Auch sind Fallkonstellationen denkbar, in denen ein Arzt tatsächlich (zutreffend oder auch nicht) von einem Ende der Arbeitsunfähigkeit ausgeht und dieses bescheinigt.

Auf die im Regelfall von der Rechtsprechung für die Begründung eines vermeintlichen Anspruchsendes bislang in Bezug genommene ärztliche Prognose ist die Regelung des § 46 Satz 2 SGB V aber bereits begrifflich nicht anwendbar. Die üblicherweise in den verwendeten Formularen vom Arzt bescheinigte Prognose über ein voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit ist gerade kein „bescheinigtes Ende“ derselben. Die durch die Rechtsprechung des 1. Senates des BSG begründete Auffassung, wonach die in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentierte Prognose das Ende auch des materiellen Krankengeldanspruchs zur Folge habe (s.o.), lässt sich daher auch nicht auf die Neufassung des § 46 Satz 2 SGB V stützen.

Der zwingenden Differenzierung zwischen ärztlicher Prognose und ärztlicher Bescheinigung des Endes tragen die in der als Anlage zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) mit Wirkung zum 01.01.2016 vereinbarten Muster-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Rechnung, indem nunmehr vorgesehen ist, dass der bescheinigende Arzt neben einer Erst- oder Folgebescheinigung auch eine „Endbescheinigung“ erstellen kann, in der er nicht anzugeben hat, bis wann voraussichtlich Arbeitsunfähigkeit bestehen wird, sondern wann der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit war.

...
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 9286A92FA}

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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 10.01.2017, 22:20

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Nachkarteln aus aktuellem Anlass:


Derzeit aktuelle – in Foren laufende – „gesetzliche Krankengeld-Fallen-Fälle“:


lilly68: http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post23082

Sharima: http://www.swr.de/forum/read.php?2,8359 ... #msg-86008

DieGräfin: http://www.swr.de/forum/read.php?2,8359 ... #msg-85807

kasse die kränker macht: http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... ght=#82675

Lisa Simpson: http://www.sozial-krankenkassen-gesundh ... #post22788


Bald wird wieder gewählt!


Schönen Gruß
Anton Butz

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 12.02.2017, 11:40

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1 ½ Jahre nach der Gesetzesänderung
von der „BSG-Krankengeld-Falle“ zur „Gesetzlichen Krankengeld-Falle“:

Patientenschützer warnen vor der „Krankengeldfalle“
Von Anette Dowideit | heute auf WELT und N24


https://www.welt.de/finanzen/verbrauche ... falle.html


Auszüge
In Deutschland rutschen nach Einschätzung von Patientenschützern jedes Jahr mehrere Tausend Menschen durch das soziale Sicherungsnetz, weil sie in die sogenannte Krankengeldfalle tappen. Das schätzt die Unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD). Im vergangenen Jahr suchten dort etwa 10.000 Menschen Rat zum Thema Krankengeld, „ein ganz erheblicher Anteil von ihnen“ wegen einer Lücke in ihrer Krankschreibung, die dazu führt, dass die Betroffenen vor dem finanziellen Ruin stünden, sagte die juristische Leiterin der UPD, Heike Morris, der „Welt am Sonntag“. ...

Die Politik bekommt dieses Problem nach Einschätzung der UPD bislang nicht in den Griff. Zwar gab es 2015 eine Gesetzesänderung, die die Krankengeldfalle entschärfte. Seither müssen sich die Krankschreibungen nicht mehr wie bisher um einen Tag überlappen. Doch das Problem sei damit längst nicht behoben, sagt UPD-Juristin Morris. „Die Grundproblematik hat die Gesetzesänderung nicht beseitigt“, sagt sie. Dafür sprechen auch Angaben der Techniker Krankenkasse, die auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ mitteilte, zwei Drittel dieser Lückenfälle entstünden nach wie vor.

Das Krankengeld ist einer der größten Kostenblöcke für die gesetzlichen Krankenkassen. … „Da entlastet es die Kassen natürlich erheblich, wenn ein Langzeitkranker, der sonst Anspruch auf Leistungen im Wert von Zehntausenden Euro hat, plötzlich durch solch eine Lücke aus der Versorgung fällt“, sagt Morris. Die Patientenberatung fordert die Kassen auf, ihren Spielraum für mehr Kulanz zu nutzen.

Einen weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf gebe es nicht, urteilt der Patientenbeauftragte Laumann. Ihn erreichten heute nur noch „vereinzelt“ solche Bürgerbeschwerden, sagt er.

Klar: Laumann, Gröhe, Merkel .... alle CDU – Und was meint wohl Martin Schulz dazu? Das Thema passt prima in seinen Wahlkampf!

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Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.02.2017, 13:40

Hallo,
Ebenso klar - hier werden die Kassen aufgefordert ".... ihren Spielraum für mehr Kulanz zu nutzen" - so, so - na, da lobe ich mir doch eher die Meinung von Anton.
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 12.02.2017, 14:49

Hallo Guenter,

wir sind mal wieder einig: "Kulanz" ist hier nicht das richtige Wort.

Aber wahrscheinlich stehe ich mit der Überzeugung bisher allein, dass die
Krankenkassen das Recht einheitlich auch anders auslegen könnten, sogar
müssten, so dass von einer "Gesetzlichen Krankengeld-Falle" nicht mehr
die Rede wäre.

Sie machen sich mitschuldig: dreidimensionales Staatsversagen von
Legislative, Exekutive und Judikative

Schönen Sonntag
Anton

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