Änderungsvorschlag zu § 46 SGB V neu

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billy
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Beitrag von billy » 12.02.2017, 18:22

Ich habe das vor Urzeiten schon einmal gefragt und frage heute noch einmal: was spricht dagegen, sich rechtzeitig spätestens am nächsten Arbeitstag nach der bescheinigten AU bei seinem Arzt vorzustellen? Jeder Arbeitgeber erwartet spätestens an diesem Tag eine Nachricht von seinem Mitarbeiter. Warum ist dies für Arbeitslose unzumutbar?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.02.2017, 18:43

billy hat geschrieben:Ich habe das vor Urzeiten schon einmal gefragt und frage heute noch einmal: was spricht dagegen, sich rechtzeitig spätestens am nächsten Arbeitstag nach der bescheinigten AU bei seinem Arzt vorzustellen? Jeder Arbeitgeber erwartet spätestens an diesem Tag eine Nachricht von seinem Mitarbeiter. Warum ist dies für Arbeitslose unzumutbar?
Hallo,
konkret auf die Frage - natürlich ist das zumutbar.
Aber das ist hier nicht unbedingt das Problem sondern es geht um die "Lücken", die entstehen und für deren Entstehung eben der oder die Betroffene nicht verantwortlich gemacht werden kann - Praxis geschlossen, überfüllte Wartezimmer oder akute medizinische Gründe, die das Aufsuchen der Praxis verhindern. Dann schnappt eben die "Krankengeldfalle" zu für Arbeitslose.
Meiner Meinung nach wäre es die einfachste Regelung, wenn in diesen Lücken eben kein Krankengeld gezahlt wird aber der Anspruch nicht unterbrochen wird bei weiterbestehenden und ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, a-n-a-l-o-g der Regelung bei verspäteter Meldung oder Sperrung wegen fehlender Mitwirkungspflicht. Aber so ist es eben nicht - die gesetzlichen Vorgaben sehen anders aus.
Gruss
Czauderna
Zuletzt geändert von Czauderna am 12.02.2017, 19:54, insgesamt 1-mal geändert.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 12.02.2017, 19:10

.
billy hat geschrieben: Ich habe das vor Urzeiten schon einmal gefragt und frage heute
noch einmal: was spricht dagegen, sich rechtzeitig spätestens am
nächsten Arbeitstag nach der bescheinigten AU bei seinem Arzt vor-
zustellen? Jeder Arbeitgeber erwartet spätestens an diesem Tag eine
Nachricht von seinem Mitarbeiter. Warum ist dies für Arbeitslose un-
zumutbar?
Das ist nicht die Frage, sondern:

Was ist gerecht daran, dass der Krankengeld-Anspruch für bis zu 72 Wochen
insgesamt vernichtet ist, nur weil es trotz eindeutig weiterer Arbeitsunfähigkeit
mit der Formalität der Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - aus welchen
Gründen auch immer - nicht lückenlos geklappt hat?


Im Übrigen:

Bild


Hallo Guenter,

schon wieder einig: allenfalls ein Ruhen nach § 49 SGB V!

Die Regelung gibt es tatsächlich noch nicht. Aber der vollständige Verlust
des Krankengeld-Anspruchs wegen einer irrelevanten Formalität dürfte kaum
verhältnismäßig sein, zumal das Gesetz auch die gegenteilige Auslegung
zulässt.

Die „BSG-Krankengeld-Falle“ und die „Gesetzliche Krankengeld-Falle“ sind
die denkbar ungerechtesten Konstruktionen sowohl eines höchsten Gerichts
wie auch des Souverän im sog. sozialen Rechtsstaat, das Ergebnis eines
dreidimensionalen Staatsversagens von Judikative, Exekutive und
Legislative.

Wenn er zu seinem Wort steht, muss das Problem bald ein Fall
für den Kanzlerkandidaten Martin Schulz sein.

.

Anton Butz
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Der Knaller

Beitrag von Anton Butz » 28.03.2017, 02:18

.
Bei der Nachfolge-Konstruktion zur „illegalen BSG-Krankengeld-Falle“ ist der Gesetzgeber
ausgerechnet den Vorschlägen des AOK-Bundesverbandes und des GKV-Spitzenverbandes
gefolgt.

Das ist nicht mehr neu. Neu ist hier aber, dass es bereits seit 23.04.2015 einen viel besseren
Vorschlag von einer zumindest etwas neutraleren staatlichen Stelle gab.

Er lautete:

Diese Fälle könnten gelöst werden, indem § 46 SGB V
wie folgt geändert wird:

§ 46 SGB V: Der Anspruch auf Krankengeld entsteht

1. (…)

2. Im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit an.

Der Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen, solange
Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit
fortdauert. Der Anspruch auf Krankengeld ruht,
soweit Tage der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit
wegen derselben Krankheit nicht durch ärztliche
Feststellung nachgewiesen sind. (…)

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG, Drucksache 18/2911 (S. 14 links unten):
http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wah ... 8-2911.pdf

Stattdesssen trat am 23.07.2015 die unverhältnismäßige gesetzliche Krankengeld-
Falle in Kraft. Seitdem wirkt sie.
.

Anton Butz
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Registriert: 16.09.2010, 15:43

Beitrag von Anton Butz » 25.06.2017, 08:58

.
Von der "illegalen BSG-Krankengeld-Falle" über die "unverhältnismäßige
gesetzliche Krankengeld-Falle" zu "mehr Information und Transparenz"



Dies ist die aktuelle Bilanz des Patientenbeauftragten Laumann zur Änderung des
§ 46 SGB V vor zwei Jahren:

Bild

Fundstelle:
https://www.patientenbeauftragter.de/im ... aumann.pdf

Basis dafür sind die Feststellungen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland – UPD:

Bild

Fundstelle:
https://www.patientenbeauftragter.de/im ... de_UPD.pdf

Anmerkung:
Offenbar hat der Patientenbeauftragte nicht mitbekommen, dass die Informations- und
Transparenz-Kampagne der Krankenkassen bereits seit Jahren läuft, Krankengeld-Fallen-
Opfer aber nicht verhindern kann. Und vielleicht sollte er mal in die Arbeitsunfähigkeits-
Richtlinien schauen. Dort wird die Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit eben-
so wie die rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit aus-
drücklich erlaubt. Nach Auffassung des BSG kann regelmäßig nicht angenommen werden
kann, dass der Vertragsarzt weiß, dass das ihm erlaubte rückwirkende Attest zum Verlust
langzeitiger Krankengeld-Ansprüche des Versicherten führt. Das Problem ist so alt wie die
„illegale BSG-Krankengeld-Falle“ (Ulrich Knispel: "Zur ärztlichen Feststellung des Fortbe-
stehens von Arbeitsunfähigkeit bei abschnittsweiser Krankengeldgewährung", NZS 2014
Heft 15, 561 – 569).

In Wirklichkeit geht es jetzt darum, das Krankengeld-Versagen der Deutschen
Sozialgerichtsbarkeit und des Gesetzgebers
zu kaschieren. Anstatt den Murks noch
weiter auszubauen, müssen die Schikanen durch Abschaffung der „unverhältnismäßigen
gesetzlichen Krankengeld-Falle“ beendet werden. Auch der „SGB X-widrige Selbstvollzug
fiktiven Krankengeld-Rechts“ ist nicht länger hinnehmbar. Gröhe, Laumann und die
Große Koalition sind gefordert, noch vor der Wahl aktiv zu werden.

Heuchelei ist nicht hilfreich; was der Staatssekretär Lauman jetzt sagt, war schon vor
dem 23.07.2015 inhaltlich richtig: "Es kann nicht sein, dass Patienten ihren Kranken-
geldanspruch nur deshalb verlieren und damit womöglich in massive finanzielle Nöte
geraten, weil sie die Leistungsvoraussetzungen nicht kennen."
.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 05.07.2017, 21:28

.
ANDREAS MIHM und FRANKFURTER ALLGEMEINE -
was wollen sie uns damit eigentlich sagen über diesen
Staat - außer vielleicht, dass die willkürliche Trennung
der Versicherten von ihren mit Zwangsbeiträgen er-
worbenen Versicherungsansprüchen wie selbst-
verständlich zu seinen Praktiken gehört?

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 91324.html
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Anton Butz
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nun wieder: Änderungsvorschlag zu § 46 SGB V neu

Beitrag von Anton Butz » 27.11.2018, 19:45

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zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der
unverhältnismäßigen gesetzlichen Krankengeld-Falle
Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär, und der sanktionierende Staat
https://www.abgeordnetenwatch.de/profil ... -27/296547

ein weiteres halbes Jahr später:
Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister, die CDU und ihr – halbes – Einsehen
aktuelles-und-meinungen-zur-gesundheits ... 10146.html
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