Ermessensverwaltung und gebundene Verwaltung

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GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 13.12.2016, 23:43

Anton Butz hat geschrieben:Hallo GKV,

sind deine Sach-Argumente auch dazu erschöpft?
Ich halte es für wenig zielführend über etwas zu diskutieren, das ganz klar geregelt ist. So wie die Normenhierarchie z. B.
Anton Butz hat geschrieben: Höre mal auf deinen Bauch - zu diesem Fall, den du
offensichtlich meinst, wenn du von Rechtsbeugung
schreibst:

http://www.ardmediathek.de/tv/Serviceze ... d=37575314
In dem Fall hat der Arzt doch die Arbeitsunfähigkeit festgestellt und sogar eine Krankenhauseinweisung ausgestellt, wenn auch nicht mittels einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert. Das ist etwas anderes, als wenn jemand eben nicht beim Arzt war.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 14.12.2016, 00:01

.
Sehr interessante Rechtsauslegung! Darüber könnte viel diskutiert
werden. Ist dir bekannt, dass die AU meist länger festgestellt als be-
scheinigt wird?

Welchen Fall meinst du dann, wenn du schreibst:
die andere Kasse, die hier für ihre Entscheidung gelobt wird ... Sie zahlt
nämlich nun weiterhin Krankengeld ohne Rechtsanspruch und darf diese
Tage nicht auf die Höchstanspruchsdauer von Krankengeld anrechnen.
.

kasse die kränker macht
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Beitrag von kasse die kränker macht » 14.12.2016, 00:54

GKV schrieb

In dem Fall hat der Arzt doch die Arbeitsunfähigkeit festgestellt und sogar eine Krankenhauseinweisung ausgestellt, wenn auch nicht mittels einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert. Das ist etwas anderes, als wenn jemand eben nicht beim Arzt war.


eben mal nicht beim Arzt war ????


mein lieber GKV Genosse ich war beim Arzt und bekomme auch kein Geld .... was kann ich den dafür das der keine zeit hat. ???

Beste grüße

Roland

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 14.12.2016, 10:07

Hallo GKV,
Um beim Fall konkret zu bleiben - wenn nun die Kasse zu Gunsten des Versicherten entscheiden wird, was dann ?
Oder noch viel besser, es kommt zum Klageverfahren und der Versicherte gewinnt ?
Und dann doch nochmal allgemein - ich vermute richtig, dass du früher auch schon mal nach dem Motto " wo kein Klaeger, da kein Richter" zu Gunsten eines Versicherten entschieden hast ?
Und was dein Befremden über meine Meinung als Ruhestaendler betrifft - ist doch supi - ich muss nun nicht mehr mit der Scheuklappe und vorgegebenen Leitlinien durchs Leben laufen.
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 14.12.2016, 18:42

.
Viele Worte, kurzer Sinn:

Die GKV-Einstellung ist erschreckend,
insbesondere aus der Perspektive der Betroffenen,
aber genau so aus dem Blickwinkel der Versicherten-
gemeinschaft!


Sind die Krankenkassen für die Versicherten da -
oder die Versicherten für die Krankenkassen und
für die Sozialgerichte?
.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 16.12.2016, 19:51

.

Das wäre hier wohl besser platziert gewesen:

http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... ght=#82840

.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 17.12.2016, 17:54

.

Und die "Grenze zur Willkür" hätte bei jener Gelegenheit auch gleich thematisiert werden können:

http://www.krankenkassenforum.de/vom-md ... ght=#82846

.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 17.12.2016, 19:31

Bitte müll diesen Thread nicht mit deinen Links zu.

Wenn du was zum Thema Ermessensentscheidungen und Ausüben von Ermessen beizutragen hast, nur her damit.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass der Unterschied zwischen Ermessensentscheidungen und gebundenen Entscheidungen einigen hier vollkommen egal ist.

Und dass sie der Meinung sind, "vogelfreie" Krankenkassen ohne Scheuklappen und vorgegebene Leitlinien wären die bessere Lösung.

Letztens fragte hier jemand, ob es nicht eine Kulanzregelung gäbe, weil er nicht in die KVdR kommt. Er kann ja schließlich nichts dafür, dass er nicht bis zum Regelrentenalter arbeiten kann.

Findet ihr nicht auch, dass die Kasse da mal ihre Scheuklappen ablegen und die vorgegebenen Leitlinien ignorieren und zu Gunsten des Versicherten entscheiden sollte?

Ist ja schließlich genau dasselbe wie wenn jemand kein Krankengeld bekommt, weil er keinen Anspruch hat. Da wird doch auch Kulanz eingefordert, da er ja nichts dafür kann, dass er zu spät beim Arzt war.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 17.12.2016, 20:06

.

Beim Krankengeld gibt es keinen Ermessensspielraum.

Aber "vogelfrei" und „Scheuklappen“ passt.

Recht ist etwas Anderes.

Punkt.

.

Anton Butz
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DieGräfin

Beitrag von Anton Butz » 18.12.2016, 11:13

.

Hier eine Geschichte aus der Feder des 1. BSG-Senats unter Führung
des früheren BSG-Präsidenten Peter Masuch:

http://www.swr.de/forum/read.php?2,8359 ... #msg-85807

Die illegale „BSG-Krankengeld-Falle“ ist zwar vor eineinhalb Jahren in die
Gesetzliche Krankengeld-Falle“ umkonstruiert worden. An der Dramatik
hat sich aber nichts geändert.

Das Schlimmste ist die Ignoranz der Deutschen Sozialgerichtsbarkeit:
blinde BSG-Papageien-„Recht“sprechung – obwohl die Urteile aus Speyer
und Mainz aus den letzten 3 ½ Jahren längst die Alarmglocken läuten
lassen (müssten).

.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 18.12.2016, 11:31

Hallo,
Na ja, das ist eine Sache mit der Dramatik - ich denke, es ist eher eine Sache der Aufklaerung, Beratung, aber auch der Selbstinformation.
Ich vergleiche diese Problematik gerne mit anderen Alltagsbegebenheiten.
Wer bei " rot" über die Ampel geht und angefahren wird, ist der unschuldig, weil er nicht gewusst hat, dass man bei "rot" nicht gehen darf, oder weil vor der Ampel kein (großes)Schild stand mit dem Text "Achtung, bei rot nicht weitergehen"- oder wer im Zug mitfährt ohne eine Fahrkarte zu haben, obwohl in jedem Abteil der Hinweis steht dass er 60,00€ zahlen muss.
Ich gebe GKV Recht mit seiner Aufassung zum Thema "Ermessen", irgendwann ist das Thema durch. Was mich freut und gleichzeitig ärgert, das ist tatsächlich der Fakt, dass die Sozialgerichtsbarkeit sich in manchen Sachen nicht einig ist und das ein Sozialgericht in der 1. oder 2. Instanz in seinen Urteilsbegruendungen das BSG. Massiv angeht.
Gruß
Czauderna

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.12.2016, 14:05

Nun Czauderna,

mit den Beispielen ist das so eine Sache.

Du kannst dich erinnern, dass die BSG-Krankengeld-Falle über Jahre hinweg stillschweigend
eingeführt wurde. Auch als die Ersatzkassen mitspielten, gab es Fehl-Informationen („lückenlos“
statt „überschneidend“).

Klar, sonst wären viel weniger Versicherte von ihren versicherungsrechtlichen Krankengeld-Ansprüchen
getrennt worden.

Worüber du dich gleichzeitig freust und ärgerst, solltest du dir noch klarer werden. Wo solches
flächendeckend ignoriert wird, ist doch etwas faul im Staate und bei seiner 3. Gewalt:


Bild


Bild


Vermutlich auch bei der 1. und 2.


Schönen Advent vollends
Anton

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 18.12.2016, 15:37

All diese berechtigte Kritik wurde aufgegriffen. Neben der Änderung des § 46 SGB V wurde zum 01.01.2016 der neue Vordruck eingeführt. Der Versicherte erhält nun eine Durchschrift der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auf der expilizit darauf hingewiesen wird, wann eine erneute Vorstellung beim Arzt erforderlich ist und dass die verspätete Meldung sowie der fehlende lückenlose Nachweis zu Krankengeldverlust führt. Für meinen Arbeitgeber kann ich behaupten, dass diese Hinweise nach der Einführung der Prüfung der Lückenlosigkeit an jeden Krankengeldbezieher gehen, auch schon, bevor der neue Vordruck eingeführt wurde.

Ein Merkmal des Rechtsstaates ist die Gewaltenteilung. Und ich wehre mich dagegen, wenn verlangt wird, dass die Exekutive (Krankenkasse) plötzlich Legislative (Gesetzgebung) und Judikative (Rechtssprechung) ignorieren soll, weil es Leute gibt, die der Meinung sind, die geltende Rechtslage sei falsch und alle anderen hätten das gefälligst zu kapieren. Genau diese Menschen, die ihr eigenes Rechtsempfinden über das des Rechtsstaates stellen, behaupten dann, wir lebten in einem Unrechtsstaat. Ich bin der Meinung, dass wir in einem Unrechtsstaat leben würden, wenn die Exekutive nach Gutdünken ohne Scheuklappen entgegen vorgegebener Gesetze, Richtlinien und Rechtssprechung entscheiden würde.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 18.12.2016, 16:28

GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
All diese berechtigte Kritik wurde aufgegriffen.
Danke für das Eingeständnis (dass die BSG-Krankengeld-Falle unzumutbar war).

Aber "aufgegriffen" heißt nicht "bearbeitet" oder gar "gelöst" - der Weg ist noch lang und steinig ....

Weil DieGräfin ein (ihr angeblich von der Kasse genanntes) Urteil des Sozialgerichts Lübeck
vom 05.10.2010, S 1 KR 639/08, erwähnte, hier für den Rückblick:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &id=170367

Die Sache dort könnte höchst interessant werden.

.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 18.12.2016, 19:28

Anton Butz hat geschrieben:
GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
All diese berechtigte Kritik wurde aufgegriffen.
Danke für das Eingeständnis (dass die BSG-Krankengeld-Falle unzumutbar war).

Aber "aufgegriffen" heißt nicht "bearbeitet" oder gar "gelöst" - der Weg ist noch lang und steinig ....

Weil DieGräfin ein (ihr angeblich von der Kasse genanntes) Urteil des Sozialgerichts Lübeck
vom 05.10.2010, S 1 KR 639/08, erwähnte, hier für den Rückblick:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &id=170367

Die Sache dort könnte höchst interessant werden.

.
Hallo,
dein Beispiel mit der "Gräfin" dient nicht um umzudenken, jedenfalls nicht für mich, denn die Gute schreibt in Ihrer Schilderung, dass sie davon ausgeht, dass bei einer rückwirkenden Feststellung der AU (bis zu 3 Tagen), der Krankengeldanspruch vom Beginn der AU. bis zur ärztlichen Feststellung nur ruht, was nun mal nicht stimmt - der Anspruch entsteht mit Tag der Feststellung.(Meine Ansicht ist, dass auf Grund der Rückdatierung allenfalls der Krankengeldanspruch für zwei Tage ruht, nicht aber gänzlich ausgeschlossen ist und zum Verlust des Versicherungsschutzes führt, zumal ja eine Anmeldung zur Sozialversicherung (Beitragsgruppe 1111, versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung) vom 25. April - 09. Mai 2016vorliegend ist.)

Gruss
Czauderna

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