Sperrzeitregelung und Krankengeld

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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.02.2017, 17:44

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Das hindert sie aber nicht, die für die Feststellung der Sperrzeit zuständige
Arbeitsagentur zu beteiligen:

https://dejure.org/gesetze/SGB_X/86.html

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Rossi
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Beitrag von Rossi » 19.02.2017, 18:15

Nu ja, die Kasse kann und darf die Sperrzeit nicht feststellen.

Hierfür ist eindeitig die AfA zuständig. Ferner gibt es grundsätzlich keinen Selbstvollzug im Gesetz, D.h., ohne Feststellungsbescheid ruht das Krankengeld nicht!!!!!

Dann müsste man halt eben anschließend (nach Erteilung des Feststellugsbecheides) gucken, ob man das Krankengeld zurückfordern kann. Dort sehe ich aber schwarz.

Ob man hier das Krankengeld ggf. vorläufig gewähren kann bzw. darf; keine Ahnung.

Dies ist natürlich nur meine persönliche Auffassung nach Sichtung der Rechtslektüre.

In dem anderen Thread schreiben die eingefleischten Krankengeldsachbearbeiter, dass es in der Praxis hier keine Probleme gibt. Nun ja, keine Probleme oder die Problematik noch nicht erkannt!!??? In diesem Zusammenhang kann ich mich noch wunderbar an ein Gespräch mit Dr. Elke Roos (Richterin beim BSG) vor Jahren erinnern. Denn seit mehreren Jahren besuche ich regelmäßig selber Seminare von Richtern am BSG; natürlich im Bereich der Krankenversicherung. Bei dem ersten Seminar haben wir auch über die Krankengeldfalle gesprochen. Sie sagte mir, dass sie zunächst davon ausgegangen war, dass im Bereich des Krankengeldes alles ausgeurteilt sei. Mit mal kommt eine Kasse mit dieser Lücke um die Ecke!!! Also war es klar: die Problematik wurde ganz offensichtlich erst nach Jahren erkannt.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.02.2017, 18:35

Rossi hat geschrieben: ... keine Probleme oder die Problematik noch nicht erkannt!!???
Oder Problematik erkannt aber bisher ignoriert? So wie auch die
Kluft zwischen dem 1. BSG-Senat und den SG Speyer und Mainz
zur "BSG-Krankengeld-Falle" ...

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Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 19.02.2017, 18:38

Einer vorläufigen Bewilligung wird es an einer Rechtsgrundlage fehlen. Das ist nämlich ein Sonderrechtskonstrukt aus dem Recht der Arbeitslosenversicherung (§ 328 SGB III), das es sonst nur beim SGB II und (anscheinend seit dem 1.1.2017) auch im SGB XII gibt, nicht aber im für das Krankengeld relevante SGB V.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 19.02.2017, 18:56

Tja, dann Krankengeld anstandslos löhnen und alles ist tutti.

Auf der anderen Seite dann auch ein ganz guter Trick in der Praxis, um einen finaziellen Schaden zu vermeiden. Wenn eine Sperrzeit aufgrund einer Kündigung droht (egal ob eigene Kündigung oder durch Arbeitgeber) am besten krank "feiern"!!!!

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.02.2017, 19:00

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Diese verfahrensrechtliche Überlegung geht davon aus, dass
die materiell-rechtlichen Fragen geklärt sind - ist es schon soweit?

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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.02.2017, 19:22

Rossi hat geschrieben: ... dann Krankengeld anstandslos löhnen und alles ist tutti.
Die gesetzliche Reihenfolge ist allerdings eine andere:

Wenn weder eine endgültige Entscheidung noch eine vorläufige
Entscheidung noch Vorschüsse oder vorläufige Leistungen ... in
Betracht kommt / kommen, wäre bspw. auch die Anwendung
von § 32 SGB X zu erwägen.
am besten krank "feiern"!!!!
ist in den meisten Fällen richtig - schon allein, weil das Krankengeld-
höher ist als das Arbeitslosengeld.

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[/quote]
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Zuletzt geändert von Anton Butz am 19.02.2017, 19:28, insgesamt 1-mal geändert.

Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 19.02.2017, 19:26

§ 32 SGB X? Na der sagt doch sehr eindeutig:
Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
Abs. 2 gilt nur für Ermessensleistungen. Krankengeld ist aber keine Ermessensleistung, sondern eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Und hier sind Nebenbestimmungen eben nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zulässig, die es aber beim Krankengeld nicht gibt.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 19.02.2017, 19:36

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stimmt - vielleicht würde auch passen "eben!"

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Rossi
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Beitrag von Rossi » 19.02.2017, 19:56

Also immer noch: löhnen und alles ist tutti!!!!!

Irgendwie ein genialer Trick. So etwas gibt es auch manchmal im Steuerrecht!!!

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.02.2017, 19:01

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Die Diskussion hierzu flackert an anderer Stelle wieder auf:

http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... t9572.html
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Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.02.2017, 19:40

Weiso; in dem Thread ist doch alles tutti.

Die Kassenmitarbeiter in der Praxis zahlen!!!!

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 28.02.2017, 21:15

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Ja, erst bewilligen und dann aus allen - fragwürdigen - Rohren schießen:
http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... ght=#83872

Da freuen sich die Kassenverwalter der Arbeitslosenversicherung und der
Kommunen.
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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 03.03.2017, 00:25

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zur weiteren Diskussion:

Der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange der Anspruch wegen ei-
ner Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht.

Nach dem Dritten Buch ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit,
wenn sich der/die Arbeitnehmer/in versicherungswidrig verhalten hat, ohne
dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt
vor, wenn die/der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch
vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit
bei Arbeitsaufgabe).

Für die Begriffe der/des Arbeitslosen und der Arbeitslosigkeit kommt es weder
auf eine Arbeitslosmeldung noch auf die Verfügbarkeit an. Die Sperrzeit beginnt
mit der Beschäftigungslosigkeit. Arbeitsunfähigkeit/Krankengeld-Anspruch stehen
offensichtlich nicht entgegen.

Wenn die Voraussetzungen vorliegen, läuft die Sperrzeit (nicht nur fiktiv im Hin-
tergrund). Dann ruht – wie der Anspruch nach dem Dritten Buch – auch der An-
spruch auf Krankengeld.

Materiell-rechtliche Einwände sind bisher nicht erkennbar. Das Ruhen des Kran-
kengeldes auch verfahrens-rechtlich umzusetzen, dürfte kein Problem sein.

Hier bietet sich eine Schnittstellen-Vereinbarung an, in der im Gegenzug
auch wichtige Belange der Bundesagentur für Arbeit zu berücksichtigen
wären (von wegen einseitige Verweisung durch die Krankenkassen in
den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsagenturen, illegaler Selbstvoll-
zug des Krankengeld-Rechts unabhängig von den gleichermaßen
geltenden Regelungen des SGB X – Verwaltungsakt, Anhörung,
Aufhebung).
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Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 17.03.2017, 12:34

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Zwischenbilanz:

Behauptungen - nichts weiter:

http://www.krankenkassenforum.de/sachbe ... ght=#84026

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Antworten