Wozu gibt es eigentlich noch Krankenkassen???

Moderatoren: Czauderna, Karsten

Antworten
jinx76
Beiträge: 2
Registriert: 22.12.2010, 21:43

Wozu gibt es eigentlich noch Krankenkassen???

Beitrag von jinx76 » 25.12.2010, 20:45

Brauchen wir die wirklich noch??? Letztendlich wird durch die KV entschieden und eigentlich macht es keinen Sinn mehr Krankenkassen zu halten. Oder doch???

Aha
Beiträge: 264
Registriert: 20.04.2010, 18:04

Beitrag von Aha » 26.12.2010, 11:16

...doch, die eigentliche ARBEIT wird dann durch die KK erledigt- das machen die KV´en dann nicht... :x

Krankenkassenfee
Beiträge: 1958
Registriert: 18.09.2006, 18:32

Beitrag von Krankenkassenfee » 26.12.2010, 20:16

Hallo,

man könnte ja alle Leistungen außer Arzt- und Zahnarztbesuchen, Arzneimitteln und Krankenhausbehandlunge aus dem Gesetz streichen. Alle Rechnungen werden dann von einer zentralen Stelle ohne jede Prüfung von Wirtschaftlichkeit bezahlt. Es gibt ja schließlich nur ehrliche und ehrenwerte Anbieter im Gesundheitswesen. Wer rechnet schon mehr ab, als er erbracht hat oder wählt im Zweifel das teuere Präparat bzw. die teurere Behandlung, gellk? Und im Krankenhaus muss man auch lieber etwas länger bleiben - Zeit heilt alle Wunden, das sagten schon unsere Großmütter.
Dann könntest Du mit einem Mal alle Kassen abschaffen, hunderttausende neue Arbeitslose haben und den Krankenkassenbeitrag schlagartig senken.

In ein paar Jahren ist der Krankenkassenbeitrag dann wieder auf dem heutigen Niveau, alle Krankenhäuser saniert und modernisiert, Ärzte bieten auf Selbstzahlbasis weiterhin IGEL-Leistungen an - und *trommelwirbel .. es gibt nun an jeder Ecke eine Apotheke. Aber alle anderen Leistungen sind futsch. Aber immerhin, es gibt nun auch PM und Playboy beim Doc im abonnierten Lesezirkel. Der Kunde ist ja König :-)

Schade nur, wenn mal daummerweise krank ist oder schwanger wird-oder auch nicht schwanger wird. Oder Mutti wird krank und der kleine Cedric nimmt die Hütte auseinander, wenn Papa zur Arbeit muss.

Ja, deshalb gibt es Krankenkassen. Aber wir können ja auch das staatliche englische System einführen. Ab 75 Jahren keine neue Hüfte mehr usw. Mal sehen, ob wir uns nicht dann unser heutiges System wieder zurükwünschen ...

Oh man, wie ich diese Stammtischparolen satt bin!

LG, Fee

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 27.12.2010, 11:53

Dieser Text wurde auf Wunsch des Nutzers entfernt.

Czauderna
Beiträge: 11183
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 27.12.2010, 12:17

Hallo,
dazu bedarf es keiner Petition von sage und schreibe 5 Mitbürgern, das schafft die Politik auch ohne Hilfestellung. Man sagt ja immer so schön "hinterher ist man immer schlauer", und diejenigen welche für eine Einheitskasse plädieren tun dies in der Hoffnung und dem Glauben dass sich dadurch die finanziellen Belastungen pro Kopf verringern werden und die Versorgung verbessern wird. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube (Goethe - Faust ??!). Bei allen Refomen der Vergangenheit auf dem Feld der Sozialpolitik hat sich im Nachhinein immer nur eins gezeigt - billiger ist nix geworden - Besser, in Teilberreichen sicher, man denke allein an die Einführung der Pflegeversicherung.
Was sich vor allem vereinfaschen wird ist die Gesetzgebung und die Rechtsprechung im Bereich des Beitrages, der Versicherung und der Leistung.
Da wird es nix mehr zu diskutieren geben - "Geht nicht, gibts nicht" - den Spruch kann man dann schnell vergessen - es wird heissen "geht nicht und gibt es auch nicht" und wer damit nicht zufirden ist, für den gibt es doch die Zusatzversicherungen, heute noch PKV genannt.
Noch ein sinniger Spruch - " Weil du arm bist, musst du früher sterben" - wohl wahr - was in der Dritten Welt heutzutage bittere Realität ist, das wird auch in unseren Breitengraden immer mehr Fakt sein, nur eleganter und besser verpackt.
Gruss
Czauderna

jinx76
Beiträge: 2
Registriert: 22.12.2010, 21:43

Meine Frage hatte nichts mit Stammtischparolen zu tun

Beitrag von jinx76 » 27.12.2010, 19:01

Ich bin sehr erstaunt über die Antworten. Doch meine Krankenkasse hat mich derart verärgert, dass ich nichts dagegen hätte wenn sie abgeschafft werden würde. :roll:

KassenKenner
Beiträge: 222
Registriert: 19.08.2009, 20:28

Beitrag von KassenKenner » 27.12.2010, 19:16

Aha - und wenn alle anderen Krankenkassen gleich mit abgeschafft würden, hättest du nicht mehr die Möglichkeit, zu einer Kasse zu wechseln, die dich weniger ärgert. Aber von dieser Möglichkeit machst du ja anscheinend keinen Gebrauch. :roll:

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 27.12.2010, 19:27

Dieser Text wurde auf Wunsch des Nutzers entfernt.

leser
Beiträge: 970
Registriert: 16.07.2010, 02:07

Re: Meine Frage hatte nichts mit Stammtischparolen zu tun

Beitrag von leser » 28.12.2010, 02:26

jinx76 hat geschrieben:Ich bin sehr erstaunt über die Antworten.
So pauschal formuliert, wurde natürlich der Anschein von "Stammtischparlolen" erweckt. Das ist nicht persönlich gemeint. Aber wenn ich auch mal pauschal formulieren darf, möchtest Du ein weiteres Beispiel eines modernen Industriestaates, das Deinen Vorstellungen sehr nah kommen dürfte: USA (Behandlung ohne Versicherungsbestätigung: reine Glückssache - die Beispiele kostenintensiver Krankenhausbehandlungen erspar ich mir jetzt mal...).

Warum glaubst Du z.B. gehen Pharmaindustrie, Ärzte und Krankenhäuser regelmäßig auf die Barrikaden? Vielleicht liegt es ja daran, weil die Kassen die Verträge hart verhandeln (obwohl die Politik die Spielräume der Kassen sogar oft einschränkt). Was glaubst Du was passiert, wenn alle Leistungserbringer ihre eigenen Vorstellungen durchsetzen können? Was vermutest Du, wie lange Du mit einen Beitragssatz von 15,5% auskommen würdest? Du würdest Dich wundern. Dank der aktuellen Politik sind Arbeitgeber übrigens an Erhöhungen nicht mehr beteiligt...

Oder doch lieber PKV-System? Gern! Du verdienst nicht viel? Das ist dumm, weil sich die Beiträge nicht nach Deinem Einkommen richten, sondern nach Deinem Gesundheitszustand. Du bist schon krank? Oh, dann ist es allerdings fraglich, ob Dich die PKV überhaupt möchte... Aber wenigstens bist Du ledig und hast keine Kinder und brauchst also nur für Dein eigenes Gesundheitsrisiko zahlen. Oder auch nicht? Übrigens, die Politik hat den Zugang zur PKV gerade erleichtert. D.h. die besserverdienenden guten Risiken klinken sich jetzt aus dem Solidarsystem wieder leichter aus...

Doch lieber Einheits-Staatsversicherung? Mmmh, Beispiel England hatten wir glaub ich schon. Also Leistungen je nach Haushaltslage des Staatssäckel. Findest Du gut? Der Staat wird rechtzeitig die Steuern erhöhen und die Bürger nicht im Stich lassen? Dann frag mal die Kommunen, die können Dir bereits heute genau erklären, wie das läuft mit der Verteilung der Steuer-Töpfe.

Aber Du hast Glück! Du lebst in Deutschland und hast eine Krankenkasse, die Du Dir sogar noch aussuchen kannst, die sich für die Interessen ihrer Versicherten einsetzt, bei Arbeitgebern, bei Pharmaindustrie, bei Ärzten, bei Krankenhäusern, bei der Politik - aber nur so lange die Versicherten das System der gesetzlichen Krankenversicherung auch wollen und unterstützen! Es fragt sich eben nur, wie lange noch, wenn schon keiner mehr weiß, wofür er eine Krankenkasse hat...

Magst Du noch erzählen, warum Dich die Antworten erstaunen?

Bully
Beiträge: 1205
Registriert: 10.12.2009, 16:47

Re: Meine Frage hatte nichts mit Stammtischparolen zu tun

Beitrag von Bully » 29.12.2010, 16:19

leser hat geschrieben: Vielleicht liegt es ja daran, weil die Kassen die Verträge hart verhandeln
es stimmt schon, auch in diesem Fall wurde hart verhandelt - mit Erfolg. so das Nachträglich in das Sozialgesetzbuch, in dem die Umstrukturierung der Kassenorganisation beschlossen wurde, noch ein Passus eingefügt wurde:
http://www.mdr.de/umschau/6465150.html
naja, das nur mal so am Rande :)

leser
Beiträge: 970
Registriert: 16.07.2010, 02:07

Beitrag von leser » 30.12.2010, 01:55

Es ist natürlich nicht so, dass die Kassen nicht auch ihre eigenen Interessen vertreten. Und für das, was die Politik verzapft (s. auch oben) kann man - wenn überhaupt - jetzt nicht alle Kassen verantwortlich machen...

»Die nach § 212 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung bestehenden Bundesverbände werden kraft Gesetzes zum 1. Januar 2009 in Gesellschaften des bürgerlichen Rechts umgewandelt.«

§ 212 alte Fassung lautete »Die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen bilden jeweils einen Bundesverband. Dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen gehören außerdem die Betriebskrankenkassen der Dienstbetriebe des Bundes an.«

Ansonsten, Beschwerden zum GKV WSG bitte direkt an Ullalala Schmidt... :roll:

tipsianja
Beiträge: 5
Registriert: 14.03.2011, 23:49

Beitrag von tipsianja » 18.03.2011, 17:29

sehr sehr informativ hier. Ich habe mir so genau noch nie die Frage gestellt, warum man überhaupt Krankenkassen benötigt im Deutschen Gesundheitssystem und ich wäre glaube ich zuletzt dabei auf die Frage der Wirtschaftlichkeit gekommen und die konkrete und präzise Abwicklung von Fällen. Die Frage die sich da nur stellt, warum wurde damals mehr bezahlt von Krankenkassen als heute? Liegt es an der demografischen Entwicklung oder das der Staat die Krankenkassen eher alleine lässt? Weil daran, dass die Menschen eigentlich ja gesünder seien müssten als damals kann es nicht liegen. Aber eventuell ist die Diskussion dann auch zu weit gegriffen.

Czauderna
Beiträge: 11183
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 18.03.2011, 19:52

tipsianja hat geschrieben:sehr sehr informativ hier. Ich habe mir so genau noch nie die Frage gestellt, warum man überhaupt Krankenkassen benötigt im Deutschen Gesundheitssystem und ich wäre glaube ich zuletzt dabei auf die Frage der Wirtschaftlichkeit gekommen und die konkrete und präzise Abwicklung von Fällen. Die Frage die sich da nur stellt, warum wurde damals mehr bezahlt von Krankenkassen als heute? Liegt es an der demografischen Entwicklung oder das der Staat die Krankenkassen eher alleine lässt? Weil daran, dass die Menschen eigentlich ja gesünder seien müssten als damals kann es nicht liegen. Aber eventuell ist die Diskussion dann auch zu weit gegriffen.
Hallo,
ob "damals" (von welchem damals sprechen wir - ich bin seit 43 Jahren bei der Kasse tätig) mehr bezahlt wurde, das wage ich mal zu bestreiten. Was ist unter mehr zu verstehen, mehr an Geld oder mehr an Leistungen ??.
Mehr an Geld sicherlich nicht - wenn man sich die Haushalte der Kasse mal anschaut und vergleicht mit den Haushalten von vor 15 Jahren und als zweiten Punkt noch die Anzahl der Gesamtversicherten berücksichtigt dann wird man zu erstaunlichen Ergebnissen kommen. Haushaltsvolumen von 15 Milliarnden € und mehr, das wird man im Jahre 1996 (30 Milliarden DM) schwerlich finden.
Mehr an Leistungen in der Bennenung, das trifft wohl eher zu - Die Grundleistungen wie amb. ärztl. Behandlung, Zahnarzt, Krankenhaus, Kuren, Zahnersatz, Krankengeld usw. - die gab es damals auch schon - aber das grosse Feld der Prävention, der Rehabilitation, das war bei weitem noch nicht so ausgeprägt in der Summe wie heute. Zudem, und das spüren wir alle nahezu täglich kommt die Kostenexplosion in fast allen Bereichen - nehmen wir nur mal den Bereich Krankengeld - wie kann es sein, das bei fortschreitender medizinischer Entwicklung und Forschung und der angeblich qualitativ immer besseren Versorgnung mit Medikamenten und der Gerätemedizin es immer mehr Ausgaben im Krankengeldbereich gibt - Die Fallzahlen klettern nach oben und die Krankengeldsummen als solches steigen auch kontinurilich - was an den entsprechenen Einkommen liegt. Das hat mit der Alterspyramide zunächst mal gar nichts zu tun - die Folgen davon schlagen sich im ambulanten ärztlichen Bereich, bei den Krankenhauskosten und bei der häusl. Krankenpflege nieder.
Wenn wir unter diesem Aspekt über die Frage nachdenken ob wir Krankenkassen überhaupt brauchen - mit wem, als mit der jetzigen Generation der Krankenversicherten (egal ob gesetzlich oder privatversichert) will man einen grundsätzlichen Systemwechsel durchführen - wer soll die politische Grundlage dafür schaffen (jetzt bitte nicht die FDP ins Feld führen, die zeigen gerade das sie es nicht können, weder im jetzigen noch in einem zukünftigen System, von dem sie selbst keine einleuchtende Vorstellung haben) und was soll stattdessen kommen. Es werden immer gerne Vergleiche mit anderen Ländern (Holland, Schweiz beispielsweise) vorgenommen, aber in diesen Ländern sind die dort praktizierten Systeme meines Wissen nach nicht durch radikalen Umbau installiert worden sondern auch eher gewachsen, also genau so wie bei uns das System seit Bismarck Zeiten gewachsen ist.
Und um es mal zum Abschluss etwas provozierend auszudrücken, wird ein Systemwechsel immer von
denen gefordert, die sich selbst benachteiligt fühlen und wenn man genau nachfragt sehr oft selbst nicht ganz unschuldig an dieser "Benachteiligung" sind -
auch bestätigen Ausnahmen die Regel.
Gruss
Czauderna

Opfer des Sozialstaates
Beiträge: 45
Registriert: 06.04.2010, 22:38

Beitrag von Opfer des Sozialstaates » 20.03.2011, 23:26


Antworten