Bürgerversicherungen und Beitragsschuldenerlass

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Helmes63
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Bürgerversicherungen und Beitragsschuldenerlass

Beitrag von Helmes63 » 20.10.2017, 12:37

Guten Tag,

... Beitragsschulden bei einer GKV-Mitgliedschaft sind wie bereits geschildert durchaus ein Problem für Betroffene. In diesem Zusammenhang bin ich auf 3 Punkte aufmerksam geworden, welche mich derzeit beschäftigen :

> würde mit der Einführung einer sog. Bürgerversicherung auch eine neue Altschuldenerlass-Regelung in Kraft treten ?

> hätte die Einführung einer Bürgerversicherung (nach SPD-Modell) überhaupt eine Auswirkung auf Altschulden egal wie hoch diese auch aufgelaufen sein sollten ?

> welche Auswirkungen hat ein Minijob auf den Versicherungsstatus : besteht unter diesen Umständen wieder ein normaler Zugang (eingeschränkter) zu den gesetzlichen Leistungen ?

Okabe
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Beitrag von Okabe » 21.10.2017, 11:04

Die Schulden sind auch ein Problem für den Steuerzahler und die GKV Versicherten!

- Ob durch eine Bürgerversicherung auch eine neue Regelung für die Schulden in Kraft treten wird, weiß man nicht. Ich hoffe nicht.

- Ein Minijob hat in den meisten Fällen keinen Einfluss.

Da die Schulden immer weiter wachsen sollte man sich mit der GKV gütlich einigen. Die haben ja auch Nachsicht und verstehen, dass man oftmals nicht einfach alle Schulden plötzlich abbezahlen kann. Es nützt ja auch niemandem, wenn jemand dadurch bankrott geht. Darum: Anfragen und sich auf eine Lösung einigen. Beispielhaft: Abzahlung in Raten und möglicherweise sogar ein teilweiser Erlass der Schulden.

Warten macht es nur schlimmer und sorgt dafür, dass man z.B. ein schönes Erbe komplett verlieren könnte, weil die immer weiter gestiegenen Schulden (und deren Zinsen und Säumniszuschläge!!!) es einfach auffressen.

Elton
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Beitrag von Elton » 21.10.2017, 13:59

Stimmt. Am besten ist es das Gespräch zu suchen. Wenn es ganz schlimm kommt, wird die GKV, bei der du Schulden hast, den Zoll informieren. Dann wird gepfändet.

Helmes63
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Hindernisse sind groß : Trendwende nicht vor 2021 (?!)

Beitrag von Helmes63 » 22.12.2017, 13:59

Jens Spahn von der CDU hat soweit ich das erkennen kann sowohl der Bürgerversicherung als auch einem 2. Beitragsschuldenerlass in der GKV eine Absage erteilt. Er ist aber ja nicht der einzige Gesundheitsexperte der CDU.

Wegen der starken Gegensätze wird dieser Streitpunkt wohl in der Politik weiterhin ausgeklammert werden, es sei denn man wagt eine Minderheitsregierung mit offener Abstimmung ; man darf aber nicht vergessen die politische Landschaft befindet sich derzeit in einer intensiven Umbruch und dadurch sind Überraschungen durchaus möglich wenn auch nicht wahrscheinlich.

Helmes63
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Beitrag von Helmes63 » 05.01.2018, 16:30

Es geht mir nicht um um Überzeugungsarbeit. Es geht um die Frage des praktischen Umgangs mit der Überschuldung. Damit sind die Kassenträger täglich konfrontiert.

Außerdem scheint es mir unklar, ob im Rahmen einer neuen GroKo das Thema nicht nochmals durch ein 2. Beitragsschuldengesetz angegangen
wird.

natürlich kann man auch sagen : wo ist das Problem ?
< im Falle einer Überschuldung hat der Gesetzgeber ja das Instrument der privaten Insolvenz eingeführt.

vikingz
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Beitrag von vikingz » 05.01.2018, 17:29

Die Ursachen für große Teile der vorhandenen Schulden haben meines Erachtens mit der Bürgerversicherung überhaupt nichts zu tun, es gibt zwei grundsätzliche Probleme, die die Bürgerversicherung als Konzept nicht angeht.

Zum einen glauben wir nach wie vor an die historische Überlegung, dass der Selbstständige an sich nicht schutzbedürftig und ein Gutverdiener ist. Isolierte Sonderregelungen alleine für sog. Solo-Selbstständige ändern daran gar nichts, dass heutzutage der durchschnittliche Selbstständige auch nur durchschnittlich verdient - aber keinen Arbeitgeber oder sonst jemanden hat, der Beiträge mit bezahlt.
Für solche Selbstständige, die den Mindestbeitrag schlicht nicht bezahlen können, müssen in Zukunft in jedem System praktische Überlegungen für Altschulden her, oder sie landen eben früher oder später in einem steuerfinanzierten Transfersystem oder der Insolvenz.

Das ist möglicherweise nicht fair gegenüber denjenigen, die ihre Beiträge zahlen, aber es ist pragmatisch.

Zum zweiten kennen die Karteileichen, die mit der obligatorischen Anschlussversicherung von Amts wegen versichert werden, ihre Versicherung und ihre Schulden nach der höchsten Beitragsbemessung oft gar nicht. Soweit sie ihr Problem mal mitbekommen, wenn sie sich überhaupt noch im Land befinden, sind sie in der Regel dann auch unverzüglich zahlungsunfähig. Dieser Teil der Schulden, dem keine Leistungsausgaben gegenüberstehen, ist eine rein buchhalterische Größe, weil der Gesetzgeber eben eine Krankenversicherung für jeden vorgibt, die Umsetzung aber noch verbesserungsfähig ist.

Edit: der Bump war gar nicht mal so zeitnah.

Helmes63
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der unklare Hintergrund

Beitrag von Helmes63 » 08.01.2018, 13:02

Das ist sicherlich die deutlich interessantere Thematik.

Woher kommt die Überschuldung her. Es ist sicherlich so, dass die 88.000 Nichtversicherte nicht alles gescheiterte Selbständigkeiten sein können.

Ob man pauschal hier eine unsolide Lebensweise unterstellen kann ist auch schwierig zu sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass es hierzu staatliche Untersuchungen gibt die niemals veröffentlicht wurden.

Czauderna
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Re: der unklare Hintergrund

Beitrag von Czauderna » 08.01.2018, 14:45

Helmes63 hat geschrieben:Das ist sicherlich die deutlich interessantere Thematik.

Woher kommt die Überschuldung her. Es ist sicherlich so, dass die 88.000 Nichtversicherte nicht alles gescheiterte Selbständigkeiten sein können.

Ob man pauschal hier eine unsolide Lebensweise unterstellen kann ist auch schwierig zu sagen. Ich könnte mir vorstellen, dass es hierzu staatliche Untersuchungen gibt die niemals veröffentlicht wurden.
Hallo,
ich wiederhole mich ungern, aber was sind 88000 gemessen an der Gesamtzahl aller in Deutschland wohnen Menschen. Wir haben erst vor einigen Tagen gelesen,dass 90% aller Menschen in der GKV versichert sind.
Sicherlich gibt es die unterschiedlichsten Gründe warum diese 88000 Menschen wirklich keinerlei Krankenversicherung haben, aber ob daran die fehlenden Mittel schuld sind, um eine Krankenversicherung zu finanzieren, das dürfte nun wirklich bei diesen 88000 Menschen nicht in allen Fällen zutreffen.
Was das Thema "Selbständige" betrifft, so vertrete ich schon immer die Meinung, dass auch für Selbständige die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für die anderen, freiwillig Versicherten, gelten sollte, nämlich ca 992,00 € (in 2018), was etwas 190,00 € Krankenversicherung ausmacht, und wer sich selbständig macht und auch in seiner Konzeption diesen Betrag nicht berücksichtigt bzw. im Ergebnis nicht aufwenden kann, der sollte es dann tatsaechlich bleiben lassen mit der Selbständigkeit - meine Meinung.
Gruss
Czauderna

Pichilemu
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Beitrag von Pichilemu » 08.01.2018, 22:42

Heutzutage ist es kaum noch möglich tatsächlich komplett unversichert zu sein. Bei den 88.000 unversicherten Personen in Deutschland dürfte es sich wohl überwiegend oder ausschließlich um Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien handeln.

Helmes63
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Gegenposition

Beitrag von Helmes63 » 10.01.2018, 19:14

Es ist wahrscheinlich, dass diese Problematik nicht auf der Agenda der neuen Bundesregierung zu finden sein wird. Dennoch ist es ethisch fragwürdig eine Sinnhaftigkeit von der Anzahl der Betroffenen zu machen.

So gesehen ist der Niedriglohnsektor ja auch nicht so schlimm, weil davon mal gerade 10 Prozent der Bevölkerung angeblich betroffen sind. Das sind so gesehen richtige Totschlag-Argumente, die m. E. dem Problem nicht gerecht werden.

Czauderna
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Re: Gegenposition

Beitrag von Czauderna » 10.01.2018, 20:10

Helmes63 hat geschrieben:Es ist wahrscheinlich, dass diese Problematik nicht auf der Agenda der neuen Bundesregierung zu finden sein wird. Dennoch ist es ethisch fragwürdig eine Sinnhaftigkeit von der Anzahl der Betroffenen zu machen.

So gesehen ist der Niedriglohnsektor ja auch nicht so schlimm, weil davon mal gerade 10 Prozent der Bevölkerung angeblich betroffen sind. Das sind so gesehen richtige Totschlag-Argumente, die m. E. dem Problem nicht gerecht werden.
Hallo Helmes,
was wäre deiner Meinung nach zu tun Helmes - eine Bürgerversicherung löst dieses Problem mit Sicherheit nicht - es sei denn man wäre dort automatisch versichert, egal ob man Beiträge zahlt oder gezahlt bekommt oder eben keine zahlt.
Gruss
Czauderna

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