durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Rossi
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durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Rossi » 27.03.2021, 17:07

Ich bin im Internet auf eine recht Interessante Möglichkeit aufmerksam geworden.

Guckt Ihr hier:

https://rentenbescheid24.de/wechsel-pkv ... umgesetzt/

Ein Ehepaar.

Ehemann 65 Jahre alt
- Rente von der DRV ca. 800,00 €
- keine KVdR
- privat versichert Prämie 600,00 €
- es bleiben nach Abzug der Prämie für die PKV 200,00 € übrig

Ehefrau 68 Jahre alt
- Rente von der DRV ca. 1.000,00 €
- in der GKV versichert
- KVdR-Voraussetzungen liegen vor

In dieser Konstellation kommt der Ehemann (derzeit privat versichert) nicht in die kostenlose Familienversicherung, da das Renteneinkommen oberhalb der Einkommensgrenze 1/7 der Bezugsgröße (derzeit 470,00 €) liegt.

Was macht der Ehemann?

Er beantragt bei der DRV eine Altersteilrente gem. § 42 SGB VI. Und zwar in Höhe von 465,00 €. Diese Möglichkeit liegt in seinem Gestaltungsrecht.

Dadurch kommt er in die kostenlose Familienversicherung. Dabei handelt es sich ganz offensichtlich nicht um einen Verzicht nach § 46 Abs. 2 SGB I, sondern um ein Wahlrecht im Sinne des § 42 SGB VI.

Es bleiben unterm Strich dann 465,00 € übrig, vorher waren 200,00 €. Also eine Ersparnis von 265,00 € pro Monat * 12 Monate = 3.180,00 €!!!

Rossi
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Rossi » 01.04.2021, 13:29

Die Möglichkeit einer Altersteilrente steht sogar in den Grundsätzlichen Hinweisen zum Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung vom 12. Juni 2019

2.3.4.1 Einkünfte aus Leibrenten

Seite 21

Der vollständige oder teilweise Verzicht auf eine in- oder ausländische Rente mit dem Ziel, die Einkommensgrenze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zu unterschreiten, ist unwirksam (§ 46 Abs. 2 SGB I). Im Gegensatz dazu ist die Wahl, eine Altersrente nicht in voller Höhe sondern als Teilrente in Anspruch zu nehmen (§ 42 Abs. 2 SGB VI), kein Verzicht im Sinne des § 46 SGB I. Soweit Angehörige durch die Ausübung dieses Wahlrechts die Einkommensgrenze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V unterschreiten, ist die Familienversicherung möglich, sofern die weite-ren Voraussetzungen erfüllt werden.


https://www.aok.de/fk/fileadmin/user_up ... traege.pdf

Rossi
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Rossi » 15.03.2024, 22:15

Ich hole das Thema wieder einmal hoch.

Ich finde es einfach geil, wie die gesetzlichen Krankenkassen versuchen mit biegen und brechen solche Fälle abzuwimmeln.

Nun liegt Gott sei Dank der erste Fall beim BSG vor.

Guckt ihr hier:

https://www.bsg.bund.de/SiteGlobals/For ... hgebiet-kr

Zitat:

B 12 KR 3/24 RRechtsfrage 08.03.2024
Vorinstanz:

Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 5 KR 1336/23, 24.01.2024

Ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung über den nur vorübergehenden Wechsel von einer Vollrente in eine Teilrente und die damit verbundene Durchführung einer Familienversicherung aufgrund Unterschreitens der Einkommensgrenze sowie der sich anschließenden obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V möglich?


Die Entscheidung der Vorinstanz (LSG Ba.-Wü) war mehr als eindeutig. Sowohl die Fami als auch die anschließende OAV ist einzutragen!!!

Kehlchen
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Kehlchen » 16.03.2024, 21:22

Hallo Rossi, du schreibst (ironisch), du findest es „geil, wie die gesetzlichen Krankenkassen versuchen mit biegen und brechen solche Fälle abzuwimmeln“. Bitte berichte über den Ausgang des Verfahrens. Und danke für deine Information! Angenommen, dass das BSG das Verfahren für den Kläger entscheidet, finde ich es gar nicht „geil“, wenn von KKen Zeit, Geld und Nerven (mit dem Geld aller Versicherten!) verschwendet werden.
MfG Kehlchen

Rossi
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Rossi » 17.03.2024, 14:30

Nun ja, warum habe ich hier ggf. ironisch geschrieben?!

Ich habe jetzt mehrere diesbezügliche Verfahren begleitet. Was ist dort erlebt habe, war leider teilweise der Hammer. In einem Fall hat die Kasse dem Betroffenen sogar Betrug vorgeworfen. Dies sei unter Umsständen strafbar. Der Betroffene war total eingeschüchert und am Boden zerstreut. Er hatte schlaflose Nächte deswegen gehabt. Nachdem dann ein Schreiben an den Vostandsvorsitzenden der Kasse erfolgte (es wird betrügerischen Verhalten vorgeworfen) wurde die Fami anstandlos eingetragen.

Wie dem auch sei, natürlich hat dieser Trick einen kleinen Beigeschmack, er scheint aber offensichtich völlig legal zu sein.

Ferner berichtet die Gerüchtküche, dass mit dem nächsten Änderungsgesetz des SGB V (Entwurf soll schon stehen) dieses Schlupfloch geschlossen werden soll.

Rossi
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Rossi » 18.03.2024, 00:00

Nun ja, Kelchen, ich stelle hier einfach mal nur die Orientierungsstätze des LSG Ba.- Wü ein!

Zitat:
Orientierungssatz
1. Dem privat krankenversicherten Bezieher einer Altersrente, dessen Ehepartner Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ist es nach der geltenden Rechtslage nicht grundsätzlich verwehrt, durch vorübergehende Wahl einer Teilrente nach § 42 SGB 6 die beitragsfreie Familienversicherung über den Ehepartner zu erreichen, mit der Folge, dass bei späterer Rückkehr zur Vollrente die obligatorische freiwillige Versicherung nach § 188 Abs 4 SGB 5 eintritt. (Rn.35) (Rn.44)

2. Zum Grundsatz der vorausschauenden Betrachtungsweise und dem Vorliegen eines regelmäßigen Einkommens bei Bezug einer Teilrente für einen Zeitraum von drei Monaten im Rahmen der Berechnung des Gesamteinkommens für das Bestehen einer Familienversicherung iSd § 10 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5. (Rn.39)

Vermutlich bist Du ein Kassenmitarbeiter. In diesem Thread hast Du es sehr eindrucksvoll beschrieben.

Zitat von Dir:
Angenommen, dass das BSG das Verfahren für den Kläger entscheidet, finde ich es gar nicht „geil“, wenn von KKen Zeit, Geld und Nerven (mit dem Geld aller Versicherten!) verschwendet werden!

Ehrlich gesagt, dass sind jetzt bestimmte Wunschvorstellungen, die mit die mit dem geltenden Recht im Ansatz nichts zu tun haben.

Danke noch einmal für Dein persönliches Posting, es hat micht bestärkt hier zu kämpfen im Sinne der Betroffenen.

Czauderna
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Czauderna » 18.03.2024, 11:35

Hallo Kehlchen,
ich habe mal mit meinem EX-Kollegen gesprochen, der Rentenberater ist. Der hat mir das hier -https://www.steuertipps.de/altersvorsor ... sel-in-gkv
zukommen lassen und auch bestätigt, dass es auch so in der Praxis gehandhabt wird. Solche Fälle kämen nun natürlich nicht jeden Tag in der Praxis vor, aber es lohnt sich wirklich, um jeden Fall zu kämpfen. Er selbst hat auch schon zwei oder drei PKV-Rentner entsprechend beraten können.
Ich selbst hatte einen solchen Fall in meiner Praxis noch nicht, aber ich denke, wenn mir ein Antrag auf Familienversicherung mit dieser Konstellation schon vor 2016 auf den Tisch gekommen wäre (theoretisch), ich hätte die Familienversicherung bestätigt.
Gruss
Czauderna

Kehlchen
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Re: durch Altersteilrente in die Familienversicherung / raus aus PKV

Beitrag von Kehlchen » 19.03.2024, 22:37

Hallo Rossi, ich arbeite nicht für eine KK und habe auch nie für eine KK gearbeitet. Ich kenne andere Fälle, in denen Mitglieder einer KK um ihr Recht kämpfen müssen. Die KK hat die Macht (die geschulten Anwälte) und das Geld, Nerven kosten sie die Verfahren durch mehrere Instanzen auch nicht, sonst wechselt man auch mal einen Sachbearbeiter aus. Das betroffene Mitglied kann sich nicht auswechseln, muss nervenstark sein, Geld und Zeit haben für diesen - ungleichen - Kampf. Und ja, es können im Laufe der Mitgliedschaft auch Gesetze geändert werden. Bei mir stimmen die Bedingungen von früher nicht mehr überein mit den heutigen. Der Kampf durch die Instanzen wird von den KK bezahlt mit dem Geld ihrer Mitglieder. Damit will ich sagen, dass ich unfreiwillig die Verweigerung des Rechts seitens der KK gegenüber einigen ihrer Mitglieder mitfinanziere. Nicht alle Mitglieder erkämpfen ihr Recht oder halten durch bis zur letzten Instanz.

Hallo Czauderna, der von Rossi geschilderte Fall interessiert mich, aber mit meinen Lebensumständen hat er nichts zu tun, ich interessiere mich wegen der Haltung der KK für die Sache. Es lohnt sich ganz bestimmt, um jeden Fall zu kämpfen. Ich kann jeden nur ermuntern und hoffe, in diesem Forum erhält man dabei Unterstützung.

Deswegen auch an Rossi und Czauderna und gerne weitere Schreiber danke für die Thematisierung und Aufklärung!

MfG Kehlchen

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