Freiwillige Versicherung durch Erbschaft nach Hartz4

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Klawitter
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Freiwillige Versicherung durch Erbschaft nach Hartz4

Beitrag von Klawitter » 03.02.2016, 11:39

Hallo Experten und Mitstreiter,
ich hoffe dass meine Frage beantwortet werden kann:
Ich lebe seit mehreren Jahren durchgängig von Hartz4 und meine sogenannte Hilfsbedürftigkeit endet auf Grund einer Erbschaft zum 01.3.2016. Der Aufhebungsbescheid liegt bereits vor.
Da die Erbschaft zu hoch ist, werde ich nun mehrere Monate davon leben müssen ohne Anspruch auf ergänzende Hartz 4 Leistungen.
Ich muss mich also jetzt selber freiwillig krankenversichern (was für ein Hohn, da wir ja die gesetzliche Krankenversicherungspflicht in Deutschland haben)

Nach vorläufiger Auskunft meiner Krankenkasse wäre eine Berechnung der Beiträge nun so vorzunehmen:

Beispiel: Erbschaft 24.000 € geteilt durch 12 Monate = 2.000 €
Betragsbemessung wäre demnach 2.000 €
Bei einem Beitragssatz von 15,8 % errechnet sich ein demnach ein KV-Beitrag von 316 €
Jetzt zu meiner Frage: Ist diese Verfahrensweise so richtig? Ich bin irgendwie erschüttert über die Höhe des Beitrags. Darüber hinaus wurde mir gesagt, dass nach Ablauf von 12 Monaten eine neue Beitragsmessung auf Grundlage des bis dahin noch verbliebenen Restvermögens vorgenommen werden muss. Hier sei insbesondere auch darauf zu achten, dass man seine Erbschaft nicht vorsätzlich verprasst.
Ich bin gespannt auf eure Antworten.

broemmel
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Beitrag von broemmel » 03.02.2016, 12:41

Lustige Auskunft.

Wenn Du keine anderen Einnahmen hat erfolgt die Bemessung der Beiträge nach dem Mindestsatz. Sprich ca 170 € Beitrag.

Ach ja. Den Hohn kann ich nicht erkennen. Du musst versichert sein. Das ist doch nachvollziehbar. Und die Art der Versicherung richtet sich nach Deinen persönlichen Verhältnissen.

Wenn Du möchtest kannst Du auch in die PKV gehen.

Bully
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Beitrag von Bully » 03.02.2016, 12:45

Hallo Klawitter

na dann schau mal hier,

http://www.jusmeum.de/urteil/sozg_koble ... d253721833

Gruß Bully

Rossi
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Beitrag von Rossi » 03.02.2016, 13:28

Nun ja, manchmal lassen sich einige Kassen auf sozialgerichtliche Entscheidungen nicht ein.

Am besten kannst Du dann die Kasse mit den eigenen Waffen besser schlagen.

Es gibt vom SpiBU einen sog. Katalog. Dort ist festgehalten, was im Rahmen der Beitragsberechnung anzurechnen ist oder eben nicht anzurechnen ist.

Guckst Du hier; dort ist der Katalog

https://www.gkv-spitzenverband.de/media ... 112015.pdf

Dann guckst Du unter Buchstabe E nach Erbschaften. Dort steht drinne, dass die Erbschaft eben keine beitragspflichtige Einnahme ist. Dieser Katalog ist für die Kasse verbindlich.

Klawitter
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Beitrag von Klawitter » 03.02.2016, 13:45

vielen Dank schon mal für die ersten Antworten.

An Bully:
Aus dem vorbezeichneten Urteil entnehme ich, dass der Kläger bereis freiwillig versichert war, insofern klingt das Urteil auch plausibel. Bei mir hingegen geht es um eine Antragsstellung auf Fortführung als freiwillig Versicherter in der selbigen GKV nach Hartz4-Bezug. Somit soll die Erbschaft mit einem 12 der Erbschaftssumme als Bemessungsgrenze herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang ist die Sachlage doch grundsätzlich anders zu werten, oder habe ich das Urteil falsch verstanden?

Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich nur den niedrigsten Beitragssatz plus Kapitalerträge aus der Erbschaft zu zahlen hätte.

Bully
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Beitrag von Bully » 03.02.2016, 14:54

Hallo Klawitter,

Rossi hatte Dir doch auch schon einen Link geschickt

Kurzum:

Deine Erbschaft ist nicht beitragspflichtig Lediglich die Zinsen aus deiner Erbschaft wären beitragspflichtig.


Deine KK muss bei Dir die Mindesteinkommensgrenze berücksichtigen,
alles andere ist Wunschdenken.

viel interesannter für Dich ist die Frage,
Einkommen oder Vermögen.

https://openjur.de/u/499297.html

Gruß Bully

Rossi
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Beitrag von Rossi » 03.02.2016, 16:47

Nun ja Bully; der Drobs ist aber schon längst gelutscht.

Wenn das Erbe während des Bezuges von ALG II zufließt, dann ist es Einkommen. Nur wenn es vor dem Bezug des ALG II zugeflossen ist, dann ist es Vermögen.

Der Slogan lautet:

Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie die für das SGB II zuständigen Senate des BSG bereits entschieden haben, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, das jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl nur BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 und BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; s auch Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung.

vlac
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Beitrag von vlac » 03.02.2016, 20:07

Hallo,

ich möchte Rossi hier gerne beipflichten: Der Zufluss der Erbschaft ist im Sinne des ALG II eindeutig Einkommen. Aber: gemäß § 11 Absatz drei Satz 3 SGB II ist die Erbschaft auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufteilen, und die Teilbeträge dann auf die Leistungen anzurechnen. Dies kann dann dazu führen, dass der Leistungsanspruch sinkt, aber es kann auch dazu führen, dass der Leistungsanspruch für diese ganz wegfällt.

Diese Leistungseinstellung ist aber auf sechs Monate begrenzt. Danach kann man dann einen neuen Antrag stellen, und das, was dann von der Erbschaft übrig geblieben ist, ist nun Vermögen, für das die üblichen Freibeträge gelten. Ist man über dem Schonvermögen, wird das überschüssige Vermögen dann auf die Leistungen angerechnet.

Aber: Würde man nach der Aufteilung der Erbschaft auf sechs Monate allein durch die Krankenkassenbeiträge hilfebedürftig, wird ein Zuschuss zu diesen Beiträgen gezahlt. Vielleicht - denn weil im deutschen Sozialsystem nichts geradeaus ist, muss zunächst einmal auch geprüft werden, ob ein Wohngeldanspruch besteht, und dadurch das Eintreten der Hilfebedürftigkeit vermieden werden kann.

Beispiel: Man hat einen persönlichen Bedarf von 1000 Euro; das anzurechnende Einkommen nach Aufteilung einer Erbschaft auf sechs Monate liegt ebenfalls bei 1000 Euro. Der Leistungsanspruch ist also zunächst einmal 0 Euro. Nach Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hätte man noch gut 830 Euro zur Verfügung, und läge dann damit unter dem persönlichen Existenzminimum.

Bevor man jetzt aber, einen Zuschuss zu den Beiträgen (§ 26 SGB II) erhält, wird erst einmal geschaut, ob ein Wohngeldanspruch besteht, und da sage ich jetzt mal, fiktiv, dass ein WG-Anspruch von 100 Euro besteht.

Das anrechenbare Einkommen beträgt also nun insgesamt 1100 Euro, dem der pers. Bedarf von 1000 entgegensteht. Nach Zahlung der Beiträge hat man also noch 930 Euro zur Verfügung. Man erhält also einen Zuschuss in Höhe von 70 Euro.

Fazit: Es ist also kompliziert, und man sollte sich das unbedingt durchrechnen lassen, wenn die Erbschaft vergleichsweise klein ist. Ist sie hingegen groß bis sehr groß, wird der Leistungsanspruch so lange entfallen, bis man beim Schonvermögen angelangt ist.

heinrich
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Beitrag von heinrich » 03.02.2016, 21:25

Bully, da hast ja richtig Ahnung, obwohl Du ja wohl nicht bei einer KK
arbeitest.

Kompliment.

Bully
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Beitrag von Bully » 04.02.2016, 08:52

Hallo,

@ heinrich, Du liegst richtig ich arbeite bei keiner KK
aber Du weißt doch irgendein Hobby braucht der Mensch, der eine sammelt Briefmarken,mit spezifischen Sammelgebieten.
Nunja, mein Hobby ist halt das KSVG
und meine ehrenamtliche Tätigkeit.

@ Rossi,ob der Drops schon gelutscht ist, weiß ich noch nicht so genau, fehlt mir noch ein wenig Input, von Klawitter wie z.b. sein Alter, wie hoch ist seine Erbschaft.
vom Bauchgefühl her würde ich sagen, der Drops ist angelutscht.
Klawitter hat geschrieben: Darüber hinaus wurde mir gesagt,

Hier sei insbesondere auch darauf zu achten, dass man seine Erbschaft nicht vorsätzlich verprasst.
Wenn schon dieses Thema angeschnitten wird,sollte man nicht das Zitat von George Best im Hinterstübchen haben, dann doch bitte auch Fakten auf den Tisch

" Was ist zozialwidriges Verhalten "
Klawitter hat geschrieben: Ich lebe seit mehreren Jahren durchgängig von Hartz4 und meine sogenannte Hilfsbedürftigkeit endet auf Grund einer Erbschaft zum 01.3.2016.
Tja, durchgängig von Hartz 4

das heißt auch, das er eventuell angemessene Neuanschaffungen, einfach garnicht tätigen konnte, geschweige denn mal eine Urlaubreise,

aber jetzt durch seine Erbschaft, ist er dazu in der Lage ist.
Klawitter hat geschrieben: Da die Erbschaft zu hoch ist, werde ich nun mehrere Monate davon leben müssen
schreibt man " mehrere Monate " wenn die Erbschaft so hoch ist, das eventuell 2-3 Jahre oder noch mehr, davon gelebt werden kann ?????


mein persönliches Fazit,
da ich die Höhe der Erbschaft nicht kenne, weiß ich nicht genau, ob nicht doch in 2-3 Monaten ein neuer Rechtsanspruch entsteht, b.z.w. definitiv entstehen kann.

Gruß Bully

Rossi
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Beitrag von Rossi » 04.02.2016, 09:14

Nun ja, dass eine Erbschaft, die während des Bezuges von ALG II zufließt Einkommen darstellt, ist mittlerweile gefestigte Rechtsprechung der Rotröcke in Kassel (BSG oder Bundesschwurbelgericht).

Sofern dieser Einkommenszufluss den Monatsanspruch (ALG II) übersteigt, ist die Erbschaft auf 6 Monate aufzuteilen. Dies ist gesetzlich geregelt (§ 11 Abs. 3 SGB II).

Wenn nach 6 Monaten noch etwas von der Erbschaft vorhanden ist und erneut ALG II beantragt wird, dann stellt der Rest der Erbschaft Vermögen unter Berücksichtigung der Freibeträge dar.

Bully
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Beitrag von Bully » 04.02.2016, 09:40

Hallo,

jaja, das liebe BSG, hat ja genug dazu gesagt " Einkommen / Vermögen

auf der anderen Seite auch das

https://openjur.de/u/675270.html

Gruß Bully

Klawitter
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Beitrag von Klawitter » 04.02.2016, 11:02

Also, die Erbschaft beträgt ca. 27.500 €. Unter Berücksichtigung dieser Summe werde ich also einige Zeit davon leben können/müssen, bis eine erneute Antragsstellung gemäß SGB II erfolgen könnte, Gott bewahre.

Viel wichtiger ist mir aber zunächst die Tatsache, dass die KK, und so habe ich das jetzt verstanden, nur den Mindestbeitrag von ca. 170 Euronen berechnen darf!?!?

Das Jobcenter hat die erbschaft folgerichtig als Einkommen bewertet.
Diese träfe also für die KK nicht zu?

Sorry, bin jetzt noch verwirrter.

Bully
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Beitrag von Bully » 04.02.2016, 11:53

Klawitter hat geschrieben:
Das Jobcenter hat die erbschaft folgerichtig als Einkommen bewertet.
Diese träfe also für die KK nicht zu?

Hallo Klawitter,

von mir, ein klares Ja, beim Jobcenter

Deine KK hat hier einen Bock geschossen, darum solltest Du mit Deinem zuständigen SB reden.

Für Deine Beitragsberechnung ist die einheitliche Mindestbemessungsgrundlage zugrundezulegen,und Deine Beiträge sind aus 968,33 Euro mtl. zu berechnen.
also ca. 170 Euronen.

wünsche Dir viel Erfolg bei dem Gespräch mit Deiner KK
und alles alles Gute

Gruß Bully

Rossi
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Beitrag von Rossi » 04.02.2016, 12:04

Nun ja, was hat das BSG denn gesagt?!

Die Einkommensverteilung war richtig.

Wenn der Kunde allerdings vor Ablauf des Verteilungszeitraumes Mittellosigkeit (Erbe verballert) geltend macht, dann ist ggf. ab diesem Zeitpunkt wieder ALG II zu zahlen. Denn das ALG II geht von tatsächlichen vorhandenen Mitteln aus. Wenn es verballert wurde, dann ist nix mehr da und ALG II muss löhnen. Dann aber kommt der Rattenschwanz; wenn man die Erbschaft verballert und vorzeitig wieder ALG II beantragen muss, dann macht man sich kostenersatzpflichtig. D.h., man muss es irgendwann wieder dem JC erstatten, weil man die Bedürftigkeit selber herbeigeführt hat (Erbe verballert).

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