Krankengeld verweigert – LG Hamburg verurteilt TK

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Moderator: Czauderna

Kernschmelze
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Krankengeld verweigert – LG Hamburg verurteilt TK

Beitrag von Kernschmelze » 03.08.2012, 15:07

Hallo,

auf Wunsch einiger Forumsmitglieder hier nun eine kurze Zusammenfassung des von mir betreuten Verfahrens. Ich bitte die Länge des Textes zu entschuldigen.

Mit dem Anerkenntnisurteil vom 25.07.2012 verurteilt das LG Hamburg die Techniker Krankenkasse (TK) gemäß Klage zu 1.000 € Schmerzensgeld nebst Zinsen und Übernahme der Verfahrenskosten.

Die Klage bezog sich allein auf die gesundheitlichen Folgen des rechtswidrigen Verwaltungshandelns (Amtspflichtverletzung, s. u.) der TK bei der Klägerin im Zuge der Verweigerung des Krankengeldes im Jahre 2010. Das Krankengeld wurde nach massiver Intervention – Widerspruch, Rechtsschutzklage beim SG, Beschwerde beim Vorstand der TK – umgehend wieder gezahlt. Das Krankengeld war somit nicht Gegenstand des Rechtsstreits vor dem LG Hamburg. Hier ging es allein um die Amtspflichtverletzung und deren Folgen im Kontext der Krankengeldverweigerung.

Zwischenbemerkung: Dieser Thread soll den Menschen, die durch ihre GKV im Rahmen der üblichen Krankengeldverweigerung in Existenzangst versetzt wurden, den Mut geben, sich auch gegen die gesundheitsschädigende Verhaltensweise der GKV zu wehren. Diese Ängste werden häufig begleitet von starkem Unwohlsein, Panikattacken, Migräne, Schlafstörungen, somatoforme Schmerzstörungen etc. und können durchaus als „Schockschaden“ bezeichnet werden. Die GKV nehmen diese Begleitumstände bei ihren Versicherten offensichtlich billigend in kauf. Sie erachten die Gefahr, diesbezüglich belangt zu werden, als äußerst gering. Dies muss sich ändern, sonst ändert sich an der Krankengeldverweigerungspraxis nichts.

In dem Thread „GKV-Krankengeldverweigerungspraxis verhindern!“ habe ich geschildert, unter welchen Begleitumständen die Klägerin, die ich (als Nicht-Anwalt) betreue, sich genötigt sah, die TK wegen Amtspflichtverletzung und damit einhergehend wegen Gesundheitsschädigung vor dem LG Hamburg zu verklagen. Hier eine kurze Zusammenfassung des Geschehens:

Die Klägerin leidet unter Depressionen und wurde 2010 wegen Burn-Out für zwei Monate stationär behandelt. Anschließend erfolgte eine Wiedereingliederungsmaßnahme, die über sechs Monate seitens der Ärzte festgelegt und mit dem AG so abgesprochen war. Während der gesamten Wiedereingliederung ist der Betroffene AU. Nach zwei Monaten erhielt die Klägerin – wie aus heiterem Himmel – die Nachricht, der MDK hätte ein Gutachten erstellt, sie sei gesund und solle sich umgehend zur Arbeit oder bei der Arbeitsagentur melden. Zudem werde das Krankengeld gestrichen.

Die ohnehin zu diesem Zeitpunkt noch psychisch angeschlagene Klägerin (was jeder Beteiligte hätte wissen können und müssen!) erlitt (vorhersehbar!) eine Art psychischen Schock, ob der von der TK herbeigeführten Zwangssituation: Sie war nach nur zwei Monaten Wiedereingliederung nur zu ca. 30% arbeitsfähig und nicht zu 100%, wie vom MDK und der TK behauptet. Zudem war sie AU geschrieben. Sie hatte einen gültigen Arbeitsvertrag und hätte ihn kündigen müssen, um bei der Arbeitsagentur etwas zu werden. Die Aussicht auf eine Neueinstellung war Null. Zudem führte auch die Ankündigung der Einstellung der Krankengeldzahlung zu massiven Existenzängsten, denn das Geld wurde gebraucht.

Der bisherige Heilungserfolg wurde durch die Attacke der TK faktisch zunichte gemacht. Die Beschwerden traten nun wieder verstärkt auf. Das Verhalten der TK führte somit zu einer Gesundheitsschädigung. Diese Situation musste der TK bekannt gewesen sein. Trotzdem hat sie unter Missachtung ihrer Pflichten versucht, das Ding durchzuziehen … und ist krachend gescheitert.

Innerhalb weniger Tage konnte die Klägerin ärztliche Informationen und gutachterliche Stellungnahmen, die der TK auch zur Verfügung gestanden hätten bzw. die sie hätte beauftragen müssen, der TK vorlegen. Daraufhin mussten MDK und TK im Rahmen eines „Zweitgutachtens“ nun zugeben, dass die erste Entscheidung „Sie sind gesund“ falsch war. Die Wiedereingliederung wurde dann planmäßig über sechs Monate durchgeführt und es wurde durchgehend Krankengeld gezahlt.

Die Klage gegen die TK richtete sich gegen deren gesundheitsschädliches Handeln, das gegen mehrere Normen des SGB V bzw. SGB X verstieß und insgesamt eine Amtspflichtverletzung gemäß § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG darstellte. Die TK ist eine Ersatzkasse und gemäß § 4 Abs. 1, 2 SGB V eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit wie eine öffentliche Verwaltung oder Behörde zu behandeln.

Gegen folgende Normen hatte die TK verstoßen:
a) Die Versicherte wurde vor der Bekanntgabe der fraglichen Entscheidung nicht angehört: Verstoß gegen § 24 SGB X „Anhörungspflicht“.
b) Die Pflicht der vollständigen Ermittlung wurde verletzt: Verstoß gegen § 20 SGB X.
Der Richter verwies in der mündlichen Verhandlung in diesem Kontext auf die unbedingte Notwendigkeit der vollständigen Sachverhaltsermittlung und zitierte LG Ellwangen, Urteil vom 13.Februar 2009, AZ: 3 O 97/08, Juris Rd-Nr. 19 – 28. http://www.pmstiftung.eu/fileadmin/doku ... _97_08.pdf
c) Die Begründung „der MDK hat es so ermittelt“ ist keine ausreichende Begründung: Verstoß gegen die Begründungspflicht eines ablehnenden Verwaltungsaktes, § 35 SGB X.
d) Es fehlte die Rechtsbehelfsbelehrung: Verstoß gegen § 36 SGB X.

Gegen folgende untergesetzliche Richtlinien hat die TK verstoßen:
e) Gemäß Anlage Pkt. 2 der AU-Richtlinie ist stets Einvernehmen in der Durchführung von Wiedereingliederungsmaßnahmen herzustellen: Die TK hat entschieden, ohne Konsensgespräch vor der fraglichen Entscheidung.
f) Das Gericht verwies zudem auf die Durchführung eines Konsensgespräches, das gemäß ABBA 2004 Nr. 5.2.3.1 zu erfolgen hat. Die TK hat entschieden, ohne den diesbezüglichen Konsens herzustellen.

Letztlich hat das MDK-Gutachten nicht den Ansprüchen genügt, die gemäß gängiger Rechtsprechung zu erfüllen sind. Speziell im Fall psychisch Kranker ist eine Entscheidung auf der Basis eines Gutachtens nach Aktenlage ausgeschlossen. krankengeld24.de/2010012868/krankengeld/ablehnung-krankengeld

Schließlich sei aus der Klagschrift zusammenfassend wie folgt zitiert:

„Ohne das rechtswidrige Vorgehen der Beklagten wäre die Klägerin sehr viel früher stabiler und weitgehend beschwerdefrei gewesen, da sie am [Datum 2010] nicht aufgrund der telefonisch übermittelten Entscheidung einer derart massiven Stresssituation ausgesetzt gewesen wäre.

Zeugnis:
1) Zeugnis der [Psychotherapeutin]
2) einzuholendes Sachverständigengutachten

Dieses die Gesundheit der Klägerin schädigende Verhalten der Beklagten [TK], das ursächlich für eine schockartige signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes und Beeinträchtigung der Lebensqualität der Klägerin war und eine massive und anhaltende Störung des Heilungsprozesses [Angabe des Zeitraumes von 2,5 Monaten] auslöste, rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.000 €.“

Diesen Vorwurf des rechtswidrigen Verhaltens, kausal einhergehend mit einer Gesundheitsschädigung, hat die TK - auf Anraten des Richters in der mündlichen Verhandlung - uneingeschränkt anerkannt!! Hätte die TK nicht anerkannt, hätte der Richter ein Sachurteil gefällt mit entsprechender Begründung.

Schlussbemerkungen:
Wichtig ist, dass die schockartige Verschlechterung des Gesundheitszustandes möglichst zeitnah durch den behandelnden Arzt und ggf. den Psychotherapeuten festgehalten und dokumentiert wird mit der wichtigen Bemerkung, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Ursache (Verwaltungshandeln der GKV) und Wirkung (Gesundheitsverschlechterung) gibt.

Ich rate ferner unbedingt dazu, zu jedem Telefonat mit der GKV eine Telefonnotiz zu erstellen. Ich habe nach kurzer Zeit mir verbeten, dass in dieser Sache Anrufe getätigt werden. Der Dialog fand danach ausschließlich schriftlich statt – Brief oder Mail. Ich habe in dieser Angelegenheit vornehmlich mit dem Vorstand der TK korrespondiert, ihn informiert und zu entsprechenden Handlungen bewegt. Er wirkte auf die Sachbearbeiter vor Ort derart ein, dass sie sich große Mühe gaben, nunmehr korrekt zu handeln. Da lag das Kind aber schon im Brunnen.

Die Klagschrift umfasst 19 Seiten mit einer detaillierten Beschreibung der Handlungen von Klägerin und Beklagter mit lückenloser Beweislage. Neben den eigenen Aufzeichnungen habe ich mir Akteneinsicht gewähren lassen. Hier traten dann noch einige Merkwürdigkeiten zutage: Dokumentation war unvollständig: Telefonate wurden nicht dokumentiert und wenn ja, dann nur unzureichend bezogen auf den Inhalt; die Verantwortlichkeiten waren nicht nachvollziehbar; die Beauftragungskette zum MDK wurde transparent und ich konnte mir vorstellen, wie die Sache abgelaufen war: Es hat sich keiner dabei etwas gedacht. Die Patientin war den Sachbearbeitern völlig egal, Ziel war die Einsparung von Krankengeld, sonst nichts.

Abschließend noch einmal mein Rat: Die GKV dürfen mit ihrem menschenverachtenden Handeln nicht durchkommen. Die Krankengeldverweigerungspraxis gehört gestoppt. Dazu braucht es mehr Verurteilungen des amtspflichtverletzenden Verwaltungshandelns der GKV. Bei einer vollständigen Beweislage ist die Verurteilung m. E. sicher. Das Schmerzensgeld von 1.000 € ist eher symbolisch. Wichtig ist für die Betroffene in diesem Fall der moralische Erfolg und die damit verbundene Genugtuung.

Und noch wichtiger aus meiner Sicht: Es darf keine weiteren Betroffenen mehr geben.

Gruß, Kernschmelze
Zuletzt geändert von Kernschmelze am 03.08.2012, 18:27, insgesamt 1-mal geändert.

reallyangry
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Beitrag von reallyangry » 03.08.2012, 16:32

Sauber!

hedi
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Beitrag von hedi » 03.08.2012, 17:57

hallo Kernschmelze,

Dein Beitrag gibt auch mir wieder Hoffnung! Falls ich jemals den klagefähigen Bescheid von meiner KK bekomme, kann ich auch
Amtpflichtverletzung geltend machen, da ich 3 x einen Nervenzusammenbruch hatte (ärztlich dokumentiert) aufgrund massiven
Drucks per Telefon der KK.

Danke für diesen Bescheid!

Gruß Hedi

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 03.08.2012, 18:20

Dieser Text wurde auf Wunsch des Nutzers entfernt.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 03.08.2012, 18:28

Machts Sinn hat geschrieben:Ganz großen Dank, Kernschmelze,

für dein bahnbrechend-erfolgreiches Engagement!

Die Aktivitätenliste gegen diese unerträgliche Krankengeldverweigerungspraxis http://www.krankenkassenforum.de/rger-m ... t5813.html ist bereits entsprechend ergänzt.

Im Gegensatz zu Hedi halte ich es nicht für erforderlich, die Entscheidung über den Widerspruch oder über die Klage abzuwarten, denn dabei wird nicht über eine Amtspflichtverletzung entschieden. Diese Rechtsmittel können nämlich ohne weiteres – theoretisch auch rechtmäßig – abgelehnt werden, obwohl Amtspflichtverletzungen vorliegen; das hat miteinander nichts zu tun.

Also werde ich mal unter Hinweis auf die Diskussion in diesem Forum und insbesondere unter http://www.krankenkassenforum.de/dak-bu ... t4319.html bei der DAK nachfragen, ob und wie die Verantwortlichen dort gedenken, meinen „Schockschaden“ zu heilen und, da ich die Antwort erahne, parallel schon mal etwas aktiv werden - allein schon im Hinblick auf die Anspruchsverjährung.

Gruß!
Machts Sinn
Hallo Machts Sinn,

vorneweg wieder mal die Standartbemerkung von mir, dass es sich um einen Einzelfall handelt, der zugegebenermaßen bemerkenswert ist, und wenn mir das AZ. bekannt ist, werde ich mir auch die offizielle Version mal durchlesen, denn die Bekanntgabe von Kernschmelze ist dann doch zu sehr aus seiner Sicht geschrieben, Wie auch immer, wenn das alles so zutrifft, dann ist es okay.
Was mich aber viel mehr erstaunt ist deine Ankündigung bei deiner Kasse nachzufragen wie es mit deinem "Schockschaden" steht ??
Also, wenn Du einen "Schockschaden" davon getragen hast, dann sind alle deine Beiträge hier unter dem Einfluss des "Schockschadens" entstanden ??
Du willst dich tatsächlich auf diese Nummer einlassen, und das mit Ankündigung - Was musst du für ein Typ gewesen sein, bevor dich dieser "Schockschaden" ereilte.
Gruss
Czauderna

PS : Ich habe mich gefragt, was eigentlich ein Anerkenntnis-Urteil ist und was die Folge daraus, da habe ich das gefunden :
C. Folgen
􀀀 Es ergeht ein normales Urteil
􀀀 Berufung und Revision sind denkbar
􀀀 der Anspruch wird aber nur bei einem wirksamen Widerruf geprüft
􀀀 Tenor: Der Beklagte wird seinem Anerkenntnis gemäß verurteilt
􀀀 KEIN Tatbestand oder Entscheidungsgründe - § 313b ZPO
􀀀 Das Urteil muss als Anerkenntnisurteil bezeichnet werden
􀀀 Ist das Anerkenntnis sofort erfolgt und hat der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben, so kann
dem Kläger trotz obiegen die Kosten auferlegt werden - § 93 ZPO)
Das nur als Ergänzung, ohne Wertung.
Zuletzt geändert von Czauderna am 03.08.2012, 19:05, insgesamt 1-mal geändert.

broemmel
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Beitrag von broemmel » 03.08.2012, 18:41

Wie scho n gesagt, ein Einzelfall.
Hat vlac ja auch schon mal was sehr schönes zu geschrieben.

Jetzt erklären sich ja viele Beiträge von MS :o

Wahrscheinlich werden viele Threadersteller jetzt rückwirkend feststellen was sie für Schockschäden durch Briefe oder Anrufe der Krankenkassen erlitten haben.

Bin gespannt wie oft jetzt von MS der Hinweis kommt das jemand bestimmt einen Schockschaden erlitten hat

Gast

Beitrag von Gast » 03.08.2012, 18:55


Kernschmelze
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Beitrag von Kernschmelze » 03.08.2012, 19:34

Hallo,

hier das Az: 303 O 323/11 vom 25.07.2012, LG Hamburg

Gruß, Kernschmelze

PS: Von wegen Einzelfall - es ist ständige Praxis, so oder so ähnlich zuverfahren. Die Fälle, die hier im Forum beschrieben werden, geben beredtes Zeugnis. Nur der Gang vor's LG wird gescheut. Das muss sich ändern.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 03.08.2012, 19:57

Hallo Kernschmelze,

vielen Dank für das AZ.

Von wegen, das wäre gängige Praxis - das sind Einzelfälle, das ist meine
Behauptung, begründet in meiner Berufserfahrung aus nunmehr 45 Jahren.
Der steht deine Behauptung entgegen - beide können wir diese nicht beweisen, sonst wären es keine Behauptungen - du, mangels "Masse", den selbst wenn es dir gelänge, uns hier 1000 Fälle von verschiedenen Kassen, flächendeckend zu präsentieren, wären das immer noch "Einzelfälle" - mir geht es allerdings genau so, es mangelt mir an Masse, bzw, an genauen Zahlen, zudem darf ich auch keine internen Zahlen verwenden. Also, sollten wir uns nicht weiter deshalb streiten, sondern uns nur auf die tatsächlichen, realen Fälle, die hier behandelt werden konzentrieren und nicht immer verallgemeinern. Ich weiche eigentlich ungern von meinem Standpunkt ab, über andere Kassen etwas zu schreiben, aber was hier im Forum auffällt ist doch, das, den Fall hier mal ausgenommen, eigentlich immer nur eine Kasse Gegenstand des oftmals berechtigten Zorns ist, oder ??
Gruss
Czauderna

Gast

Beitrag von Gast » 03.08.2012, 20:16


vlac
Beiträge: 590
Registriert: 09.01.2012, 20:37

Beitrag von vlac » 03.08.2012, 20:30

Hallo,

Und dann möchte ich gerne gratulieren: Wenn Fehler passieren, und ich nenne das jetzt einfach mal neutral "Fehler", dann haben die Betroffenen ein Anrecht darauf, dass ihnen der entstandene Schaden ersetzt wird. Das war schon immer so, und wird auch immer so sein, weil wir ansonsten eine ziemlich große Zahl von Gesetzen einfach in den Müll werfen können. Es fängt beim Internetprovider an, der wegen Rückständen im einstelligen Bereich die Leitung kappt, obwohl er das erst ab 75 Euro Minus darf, und geht bis zur Behörde: Die Arge, das Finanzamt, die Krankenkasse. Wenn bewusst oder unbewusst fehlerhaft gehandelt wird, dann erleidet der Betroffene zwangsläufig Nachteile: Er muss Zeit aufwenden, um seine Rechte einzufordern, und nicht selten auch Geld.

Dementsprechend finde ich es gut, dass nun ein Betroffener für seine Unbill entschädigt wird.

Und dennoch gibt es hier einige Anmerkungen zu machen: Anders als Kernschmelze es behauptet hat, und andere Nutzer gerne bestätigt haben, wurde in diesem Verfahren das Rad nicht neu erfunden. Es ging auch hier, wie in den vielen Tausend ähnlichen Verfahren, die die bundesdeutsche Rechtsgeschichte mittlerweile kennt, darum: Wurden Fehler gemacht - Ja / Nein? Auch weiterhin wird es so bleiben, dass Schadensersatz und / oder Schmerzensgeld ein anerkannt, nicht nur ein gefühlt fehlerhaftes Handeln voraus setzen - das bedeutet, dass man auch weiterhin keinen Schadensersatz, kein Schmerzensgeld geltend machen kann, wenn man durch ein Handeln, dass den Gesetzen und Vorgaben entspricht, einen persönlichen Nachteil erlitten hat.

Will heißen: Auch weiterhin ist eine Klage auf Schadensersatz und / oder Schmerzensgeld nur dann erfolgversprechend, wenn von der Krankenkasse Fehler gemacht worden sind. Man bekommt kein extra Geld vom Gericht, wenn alles richtig gemacht wurde.


Edit: Aus Rat wurde Rad

Gast

Beitrag von Gast » 03.08.2012, 21:00


roemer70
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Beitrag von roemer70 » 03.08.2012, 21:52

Fatbob, ich finde vlacs Hinweis durchaus angebracht. Denn bei der anfänglichen Euphorie dieses Threads musste es einem doch so vorkommen, als wäre bei jeder Einstellung des Krankengeldes ein einzuklagender Anspruch auf Schmerzensgeld entstanden (wenn auch MS schon überlegt, ob er nicht auch einen "Schockschaden" erlitten hat)

@Kernschmelze: Ich halte es mit Czauderna und kann aus Erfahrung berichten: Das ist weder ständig noch Praxis - zumindest nicht bei meinem Arbeitgeber. Und damit wären wir mit Czaudernas Kasse schon bei zweien.

knuddi
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Krankengeldeinstellung

Beitrag von knuddi » 04.08.2012, 14:26

ich kann aus meiner Erfahrung auch sagen, das Krankengeldeinstellung gängige Praxis ist... Mein Vater wurde auch von der KKH Krankengeld gestrichen, obwohl er fast taub nach einem Gehörstürz war bzw.noch ist.Hätte man Ihm das Krankengeld weiterbewilligt, so hätte man Ihm noch helfen können, so hat man Ihm einfach arbeiten geschickt. Nun ist er taub und bezieht Erwerbsmindertenrente. Die Krankenkasse hätte hier 1 Mio Schadenersatz zahlen müssen...

die Krankenkassen die Krankengeld einfach einstellen, müsten wir einfach hier nennen, damit die Versicherten die Krankenkassen einfach wechseln...

AOk Bayern, KKH haben bisher einfach Krankengeld eingestellt....

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 04.08.2012, 14:48

Dieser Text wurde auf Wunsch des Nutzers entfernt.

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