Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

GKV - PKV wie kann man sich am besten versichern?

Moderator: Czauderna

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3yTT
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Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von 3yTT » 22.02.2019, 15:40

Hallo,

vor 1 ½ Jahren habe ich eine Steuernummer beantragt, um potentiell Rechnungen schreiben zu können als Künstler.

Der Schrieb vom Finanzamt ist einseitig darauf steht eine Steuernummer und die Bezeichnung des Betriebes

Dass ich alleine durch Steuernummer aktiv Selbstständig sein würde und was da alles dranhängt auf die Idee bin ich gar nicht gekommen. Mir haben nur alle erzählt, wenn du mal was verkaufen möchstest brauchst du eine Steuernummer. Ich weiß nicht mehr, ob ich meiner KK von meiner Steuernummerbeantragung erzählt habe, glaube eher nicht, habe nicht mit Relevanz gerechnet.

Ich hatte niemals auch nur einen Cent Einnahmen.

Parallel war ich die meiste Zeit des Zeitraumes als Student eingeschrieben und hatte 450 € Jobs.

Die KK ist freiwillig gesetzlich, da ich ü 30 war, war ich kein pflichtversicherter Student mehr.

Dez/2018 hatte ich dann eine erste Einnahme im unteren 4-stelligen Bereich.

Jetzt fragt die KK nach meinem Status, weil ich ALGII beantragen musste und ihnen so meine Arbeitslosigkeit seit dem 1.1.2019 bekannt wurde.

Ich soll also meinen Status seit dem 1.1.2019 mitteilen, dort muss ich auch angeben, wenn ich selbstständig bin und seit wann. Ich würde sagen seit meiner ersten Einnahme 12/2018. Vorher hatte ich ja 450€ Jobs und war meiste Zeit Student.

Es geht doch darum ob ich haupt- oder nebenberuflich Selbstständig war? Aufgrund fehlender Einnahmen sehe ich mich auch ohne dass ich eine Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hatte nicht als hauptberuflich.

450€ Einnahmen stehen 0 Einnahmen in Selbstständigkeit gegenüber.
Zeitlich passt, dass ich unter 15h/Wöchentlich dafür tätig war (wie soll ich das beweisen)
Meiste Zeit war ich als Student eingeschrieben

Muss ich damit rechnen, dass ich alleine aufgrund der Steuernummerbeantragung für den ganzen Zeitraum seit Beantragung der Steuernummer als hauptberuflich selbstständig gelte und die hohen Beiträge vor 2019 nachzahlen muss? Das wäre eine Katastrophe...

Oder wer kann mich da beraten?

Czauderna
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von Czauderna » 22.02.2019, 17:29

Hallo und willkommen Im Forum,
so, wie geschildert liegt meiner Auffassung nach keine hauptberufliche Selbständigkeit vor - allein die Steuernummer machts es nicht.
Du schreibst, du bist Künstler - eventuell ein Fall für die Künstlersozialversicherung ?
Beraten lassen kannst du dich am besten erst mal bei deiner Krankenkasse, die ohnehin zuständig ist und dich auch zur Künstlersozialversicherung entsprechend berät.
Gruss
Czauderna

3yTT
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von 3yTT » 22.02.2019, 17:45

Danke!!! Ich wünschte natürlich am meisten, ich hätte eine verbindliche Information oder klare Parameter, aus denen ich ein Verbindlichkeit ableiten kann. Aber ich habe mich nicht getraut das direkt so der KK auf den Tisch zu legen. Mir ist das Thema auch erst seit 3 Tagen so präsent, vorher hatte ich gar nicht gedacht, dass da eine Gefahr drohen könnte. Mich macht das gerade so fertig auch im Zusammenhang zusätzlich mit ALGII Gängelei seit meinem Antrag. Ich habe niemanden mit dem ich das erstmal unabhängig klären kann, der mir bei diesen Bürokratiedschungel ein bisschen an der Seite steht. Deswegen Danke, dass ich zumindest mal eine vorsichtig optimistische Einschätzung bekommen habe.

Den KSK Antrag mache ich gerade. Aber das ist natürlich nichts rückwirkendes. Ich freue mich über weitere Einschätzungen. Sollte ich damit direkt zur KK gehen, gleich alles so direkt auf den Tisch legen? Ist die Sachlage unproblematisch genug, dass ich unbesorgt gleich zur KK gehen kann? Verbindlichkeit wäre so toll. Ich kann nicht jede Form Beratung finanzieren und ich muss meine Auskünfte bis Do gegenüber der KK abgegeben haben.

Czauderna
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von Czauderna » 22.02.2019, 18:41

Hallo,
dein Wunsch ist natürlich verständlich, allerdings solltest du wissen, das es mit der Verbindlichkeit so eine Sache ist. Fast alle Experten schreiben hier unter einem Pseudonym. Auch wenn die Antworten immer nach bestem Wissen und Gewissen gegeben werden (davon gehe ich jedenfalls aus) bleibt es doch ein Forum und keine verbinndliche Rechtsauskunft. Ausserdem solltest du auch wissen, dass hier viele Krankenkassenmitarbeiter als Experten schreiben, da wird dir mit Sicherheit auch keiner raten irgendwelche wichtigen Detaiuls deiner Kasse zu verschweigen. Natürlich, und dafür ist dieses Forum auch da, sollen dir die gegebenen Anworten Anhaltspunkte geben und dich auch ggf. bei deiner Entscheidung unterstützen, z.B. durch Benennung von Gesetzen oder Urteilen oder auch einfach nur aus der Erfahrung heraus, nur die Sache mit der Verbindlichkeit, das wird so nicht funktionieren.
Gruss
Czauderna

3yTT
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von 3yTT » 22.02.2019, 19:17

Ja natürlich, ich hatte ja auch nicht die Erwartung, dass mir hier eine Statusfeststellung zuteil wird. Das meinte ich auch nicht. Bloß es ist so schwer dazu Informationen zu finden. Wie gewertet wird, wenn man neben der Selbstständigkeit noch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat, davon ist das Internet voll, aber wenn man das nicht hat, dennoch die Selbstständigkeit keine Einnahmen bringt, dazu findet man fast nichts, als ob dieser Modus gar nicht vorkäme. Sodass man den Eindruck gewinnen kann, dann zählt alleine die Steuernummer und macht einen hauptberuflich. Nur eines habe ich gefunden, aber das ist von 2013: https://www.pnhr.de/aktuelle-themen-new ... rsicherung runterscrollen, im untersten Abschnitt: "Selbstständigkeit ohne andere Erwerbstätigkeit führt nicht automatisch zu einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit. (usw.)" Aber das scheint so weich definiert und ich habe Angst, dass die KK rückwirkend nur nach Gewerbeanmeldung (Steuernummer beantragt) ja oder nein entscheidet.

RHW
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von RHW » 23.02.2019, 10:13

Hallo,

am besten mit dieser Quelle näher beschäftigen:
"Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit" (Stand 23.07.2015) vom GKV-Spitzenverband Bund

Das wird für die Krankenkasse die Hauptquelle ihrer Entscheidung sein.

Gruß
RHW

3yTT
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von 3yTT » 23.02.2019, 14:53

https://www.hkk.de/firmenservice/gesetz ... eiben-2015, dort: 23.07.2015 Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit

(...)
3.2 Selbstständige Tätigkeit ohne andere Erwerbstätigkeit

Wird neben der selbstständigen Tätigkeit keine andere Erwerbstätigkeit ausgeübt, lässt sich ein Vergleich der Kriterien wirtschaftliche Bedeutung und zeitlicher Aufwand nicht anstellen; eine fiktive Ermittlung von Vergleichsgrößen scheidet aus. In diesen Fällen ist das Merkmal der Hauptberuflichkeit daran abzuleiten, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung des Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt. Insofern kann von Hauptberuflichkeit nicht generell dann ausgegangen werden, wenn neben der selbstständigen Tätigkeit keine andere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Im Wege einer den praktischen Erfordernissen gerecht werdenden Prüfung der Hauptberuflichkeit kann von folgenden Grundannahmen ausgegangen werden:

Ø Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen mehr als 30 Stunden wöchentlich in Anspruch, ist anzunehmen, dass die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gilt dann, wenn das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn das Arbeitseinkommen 25 v. H. der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Ø Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen mehr als 20 Stunden, aber nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich in Anspruch, ist anzunehmen, dass die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gilt dann, wenn (also sonst NICHT?) das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn das Arbeitseinkommen 50 v. H. der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Ø Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich in Anspruch, ist anzunehmen, dass die selbstständige Tätigkeit nicht hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gilt nicht, wenn das Arbeitseinkommen 75 v. H. der monatlichen Bezugsgröße übersteigt und (insofern) anzunehmen ist, dass es die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt.

Lässt sich nach diesen Grundannahmen das Vorliegen einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht eindeutig bestimmen oder liegen Anhaltspunkte für andere Gegebenheiten hinsichtlich der Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts vor oder gilt es, Einwände gegen Grundannahmen zu prüfen, ist die Beurteilung im Rahmen einer Gesamtschau vorzunehmen. Für die Feststellung, ob das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt, sind alle (!!!, also auch 450€ Jobs die nicht sozialversicherungspflichtig sind/Erspartes?) weiteren Einnahmen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden können, heranzuziehen. Diese hat der Selbstständige auf Verlangen nachzuweisen. Darüber hinaus sind auch Unterhaltsansprüche zwischen nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb der eherechtlichen Beziehung einen entscheidenden Faktor für die Bestreitung des Lebensunterhalts des Selbstständigen darstellen. Auf der Grundlage aller Angaben ist anschließend zu ermitteln, ob der Lebensunterhalt deutlich überwiegend aus dem Arbeitseinkommen bestritten wird, dieses mithin die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Von einem deutlichen Überwiegen kann ausgegangen werden, wenn das Arbeitseinkommen um mindestens 20 v. H. über den weiteren Einnahmen zum Lebensunterhalt im vorstehenden Sinne liegt. Der vorgenannte Prozentsatz ist allerdings kein starrer Wert, sondern dient der Orientierung. Werden mehrere selbstständige Tätigkeiten ausgeübt, sind sie hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und des zeitlichen Umfangs zusammenzurechnen.

(...)

Für die Feststellung, ob eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit gegeben ist, sind die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit oder beim Zusammentreffen der selbstständigen Tätigkeit mit einer weiteren Erwerbstätigkeit vorliegen, in einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 19. Februar 1987 – 12 RK 9/85 –, USK 8708). Entscheidungen über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe sind ihrer Natur nach gegenwartsorientiert und zugleich – durch ihre Dauerwirkung – zukunftsbezogen. In der Folgezeit eintretende tatsächliche Änderungen, die nicht nur von vorübergehender Dauer sind, sind vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an zu berücksichtigen. Bei dieser statusrechtlichen Bewertung ist das Arbeitseinkommen aus der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nach den tatsächlichen aktuellen bzw. den zu erwartenden Verhältnissen zu bestimmen. Das heißt, dass hierbei - anders als beim Nachweis des Arbeitseinkommens für Zwecke der Beitragsbemessung - nicht grundsätzlich auf den letzten vorliegenden Einkommensteuerbescheid zurückzugreifen ist, sondern andere qualifizierte Nachweise (z. B. Erklärungen von Steuerberatern, finanz- und betriebswirtschaftliche Auswertungen, im Einzelfall auch die sorgfältige und gewissenhafte Schätzung der zu erwartenden Einnahmen durch den Selbstständigen) zu akzeptieren sind.
Ist über die Frage, ob eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht zeitnah bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit oder beim Zusammentreffen der selbstständigen Tätigkeit mit einer weiteren Erwerbstätigkeit oder bei einer Änderung der Verhältnisse, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden, gilt das vorstehende Gebot der vorausschauenden Betrachtungsweise für die Beurteilung entsprechend. Die seither eingetretenen tatsächlichen Entwicklungen eignen sich zwar nicht als Beurteilungsgrundlage einer Prognose; allerdings ist es auch nicht unzulässig, später eingetretene Entwicklungen als Bestätigung dafür zu finden, dass dies von vorneherein so beabsichtigt war, falls sich keine Anhaltspunkte für das Gegenteil finden.

3yTT
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Re: Mal wieder: haupt- oder nebenberuflich Selbstständig? Rückwirkende Bewertung

Beitrag von 3yTT » 23.02.2019, 14:59

Das macht mich ja eher optimistisch... Trotzdem, das ist ja bei mir alles rückwirkend...

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