Verlängerung wegen langer Krankheit - Voraussetzungen?

Wie kann man sich am besten versichern?

Moderator: Czauderna

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Daniel85
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Verlängerung wegen langer Krankheit - Voraussetzungen?

Beitrag von Daniel85 » 24.03.2015, 16:31

Hallo liebes Forum, ich beschäftige mich gerade mit folgendem Thema und würde gerne eure Gedanken auf die unten stehenden Fragen lesen:

Ein Student S beginnt vor seinem 30. Geburtstag, d. h. vor Vollendung seines 30. Lebensjahres ein Studium. Er ist bei der Krankenkasse KK zum Studententarif versichert. Die Krankenversicherungspflicht endet ja nun leider mit Ablauf des Semesters, in dem der S seinen 30. Geburtstag feiert. Angenommen S möchte bei der KK beantragen, die Versicherungspflicht als Student ausnahmsweise zu verlängern. S hatte vor dem Studium (also auch vor dem 30. Geburtstag, wie vom BSG jüngst klargestellt) eine längere psychische Erkrankung, wegen der S das schon früher geplante Studium nicht beginnen konnte (Verschiebung des Studienbeginns um 2 Semester). Die Verschiebung des Studienbeginns erfolgte wegen den Symptomen und zweimaliger notwendiger stationärer Behandlung. Wegen dieser Erkrankung hat S auch vom Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 30 per Bescheid "attestiert" bekommen, und zwar OHNE zeitliche Befristung.

kurzer Lebenslauf des S:
2006 Abitur
2006-2010 (Juni) - erstes Studium (FH-Diplom)
10/2010-10/2014 angestellt bei einem Beratungsunternehmen
AU seit 01/2014 (bis jetzt).
Masterstudium (Zweitstudium) ab 04/2015 (der 30. Geb. ist erst in 12/2015)

An dieser Stelle nun meine Fragen:
1) Nach einem BSG Urteil von 1992 muss die Krankheit objektiv eine Aufnahme (oder Beendigung) des Studiums unmöglich oder unzumutbar gemacht haben. S möchte hierzu begründen, wegen der Erkrankung das Studium erst später begonnen haben zu können. Hat diese Begründung Aussichten auf Erfolg?

2) Kann hier auch der Bescheid vom Versorgungsamt (Behinderungsgrad von 30) helfen, die Versicherungspflicht als Student (und damit den günstigen Beitrag) zu verlängern? Welcher Behinderungsgrad ist hier eigentlich allgemein notwendig? Leider sind da die Literaturhinweise sehr dürftig..

3) Kann es für eine Verlängerung der Krankenversicherungspflicht hilfreich sein, wenn S frühzeitig einen Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten (ab einem Grad von 30 möglich) stellt?

Ich freue mich auf eure Antworten und bedanke mich schon einmal für das Durchlesen!

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 24.03.2015, 19:50

Hallo,
ich befürchte, dass deine Krankenkasse deinem Wunsch nicht folgen wird.
Den Grund sehe ich in deiner Beschäftigung von vier Jahren (2010 - 2014).
Aber, entscheiden muss natürlich deine Kasse.
Gruss
Czauderna

Daniel85
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Beitrag von Daniel85 » 25.03.2015, 16:58

hm....kann die Beschäftigungszeit wirklich im Falle einer langen Erkrankung das Problem sein?

Wäre die AU wegen der Erkrankung nicht gewesen, hätte S das Studium ja 2 Semester früher beginnen können, und wäre damit mit dem Master fertig geworden, BEVOR das 30. Lebensjahr abgelaufen gewesen wäre.

Ist nicht darauf abzustellen? Gut wären auch Begründungshilfen, um die Verlängerung besser begründen zu können, damit die KK eben nicht auf die Beschäftigungszeiten abstellt. Gibt es da welche?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 25.03.2015, 18:58

Daniel85 hat geschrieben:hm....kann die Beschäftigungszeit wirklich im Falle einer langen Erkrankung das Problem sein?

Wäre die AU wegen der Erkrankung nicht gewesen, hätte S das Studium ja 2 Semester früher beginnen können, und wäre damit mit dem Master fertig geworden, BEVOR das 30. Lebensjahr abgelaufen gewesen wäre.

Ist nicht darauf abzustellen? Gut wären auch Begründungshilfen, um die Verlängerung besser begründen zu können, damit die KK eben nicht auf die Beschäftigungszeiten abstellt. Gibt es da welche?
Hallo,
aus Sicht der Kasse könnte man es so sehen :
Du hast dein Erststudium abgeschlossen und bist dann ab 2010 arbeiten gegangen und diese Beschäftigung dauerte bis 2014 - du hättest aber auch, statt zu arbeiten gleich studieren können - wenn die Erkrankung dich seinerzeit nicht am arbeiten gehindert hat, dann hätte sie dich auch am studieren nicht hindern können. Wann genau ist denn die Erkrankung eingetreten und warst du auch deshalb im Krankengeldbezug ?.
Dass du wegen der Erkrankung evtl. zwei Semester früher mit dem Studium hättest beginnen können, das mag sein, aber dann gibt es eben immer noch die drei Jahre davor. Wie gesagt, so könnte die Kasse argumentieren. So wie geschildert sehe ich persönlich keine Chance, was dich aber nicht hindern sollte es trotzdem zu versuchen.
Gruss
Czauderna

Daniel85
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Beitrag von Daniel85 » 25.03.2015, 20:17

Danke für die bisherigen Antworten! Das gibt schon einmal einen guten Überblick zur Frage zu 1).

Ach so: Die Erkrankung fing an im November 2013, seit Januar 2014 deshalb AU, mit Krankengeldbezug von März 2014 bis jetzt (noch)... Und mit mehreren stationären Behandlungen.

Was ist mit dem Grad der Behinderung, der vom Versorgungsamt wegen der Erkrankung bescheinigt wurde (30), kann der bei der Verlängerung helfen? Wichtig ist hierbei auch die Frage zu 3) (kann eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten, die hier bestätigt möglich wäre, bei der Verlängerung der studentischen Krankenversicherung helfen?

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 26.03.2015, 11:31

Ich schließe mich Czauderna an, der keinen Verlängerungstatbestand erkennt -

Du hast nach deinem Abi studiert und dann gearbeitet. Bis 10/2014 warst du dann in einem Beschäftigungsverhältnis und hast dein Studium zum nächst möglichen Semester in 04/2015 aufgenommen - da kann ich keine Verzögerung durch eine Krankheit erkennen.

aus dem entsprechenden Rundschreiben
...Bei Vorliegen der oben genannten Verlängerungstatbestände kann weiterhin Versicherungspflicht bestehen. Ob die Versicherungspflicht als Student über das 14. Fachsemester oder über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus gerechtfertigt ist, hat die Krankenkasse jeweils im Einzelfall festzustellen. Dabei ist zu bewerten, ob und inwieweit die vorgebrachten Gründe eine Verlängerung des Studiums unumgänglich gemacht haben. Die Gründe müssen von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums oder dessen Abschluss verhindern oder als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.1992 - 12 RK 40/91 - USK 92114)......Die gebotene konkrete Untersuchung der Ursächlichkeit ergibt bei Sachverhalten wie dem vorliegenden, in dem nach dem Abitur allenfalls eine gewisse Hinderungszeit vorliegt, der jedoch eine weit längere Zeit der Nichtverhinderung folgt, dass für die Überschreitung der Altersgrenze nicht der Hinderungsgrund, sondern die lange Berufstätigkeit maßgebend gewesen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.1992 - 12 RK 52/92 - USK 92129)...
Quelle: http://www.tk.de/centaurus/servlet/cont ... denten.pdf

maßgeblich ist also nicht, ob du an einer Krankheit leidest oder ob bei dir ein Grad der Behinderung festgestellt wurde, sondern ob die Krankheit ursächlich ist für die verspätete Aufnahme des Studiums oder anders ausgedrückt: hat deine Krankheit dich daran gehindert, früher mit einem Studium zu beginnen?

das kann ich nicht erkennen - du warst schließlich dazu in der Lage, ein Studium abzuschließen und danach 4 Jahre lang zu arbeiten.

Bei dir ist der Grund der Verzögerung offensichtlich die Aufnahme der Beschäftigung im Anschluss an dein Erststudium - die Beschäftigung dauerte 4 Jahre lang an, zwischen dem Ende der Beschäftigung und der Aufnahme des Studiums liegen dagegen nur 5 Monate
daraus lässt sich schließen, dass du dein Studium zum nächst möglichen Zeitpunkt nach dem Ende der Beschäftigung aufgenommen hast.

Daniel85
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Beitrag von Daniel85 » 26.03.2015, 12:52

Eure Antworten, dass auf die Zeiten der Berufstätigkeit abgestellt werden dürfte, sind gut begründet und ich kann sie nachvollziehen. Vielen Dank dafür, echt spitze! :) Aber ich habe zu dem geposteten Auszug aus dem Rundschreiben eine Frage, weil mich da eine Formulierung stutzig gemacht hat.
Die gebotene konkrete Untersuchung der Ursächlichkeit ergibt bei Sachverhalten wie dem vorliegenden, in dem nach dem Abitur allenfalls eine gewisse Hinderungszeit vorliegt, der jedoch eine weit längere Zeit der Nichtverhinderung folgt, dass für die Überschreitung der Altersgrenze nicht der Hinderungsgrund, sondern die lange Berufstätigkeit maßgebend gewesen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.09.1992 - 12 RK 52/92 - USK 92129)...
Dieser Auszug (und das Urteil) bezieht sich ja auf den Fall, dass eine Krankheit als Hinderungsgrund vor den Zeiten der Arbeitstätigkeit lag (s. fette Markierung oben). In dem Fall von S liegt die Krankheit als Hinderungsgrund jedoch nach den 3,25 Jahren Berufstätigkeit bis zur AU in 01/2014 (diese AU ist lückenlos bis jetzt mit Krankengeldbezug seit 03/2014).

Gibt es für diesen eigentlich umgedrehten Fall auch schon Rechtsprechung?
Ansonsten könnte S es ja darauf ankommen lassen, Rechtsprechung dazu zu produzieren ;)

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 26.03.2015, 17:36

das kann ich dir nicht sagen - aber wie schon geschrieben:

ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Erkrankung während einer Beschäftigugung als Grund für eine Studienverzögerung gelten kann - und um eine solche handelt es sich bei dir

nach dem Ende der Beschäftigung nimmst du dein Studium zum nächst möglichen Zeitpunkt (Semesterbeginn) auf - auch hier kann ich keinerlei Verzögerung erkennen

wo (und wann) genau siehst du eine durch eine Krankheit verzögerte Aufnahme des Studiums?

Daniel85
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Beitrag von Daniel85 » 27.03.2015, 12:18

wo (und wann) genau siehst du eine durch eine Krankheit verzögerte Aufnahme des Studiums?
ich sehe die darin, dass der Arbeitsvertrag erst zwei Semester später gekündigt werden konnte (wobei hier der Arbeitgeber zuvorgekommen ist), und das Studium nicht wie geplant in 04/2014, sondern erst in 04/2015 aufgenommen werden konnte (u. a. wegen zweier stationärer Krankenhausaufenthalte in diesem Zeitraum).

Auf jeden Fall vielen Dank für euer Antworten! S weiß jetzt, wie die Kasse argumentieren dürfte, und wie er gegenteilig argumentieren muss, und dann mal sehen wie das ausgeht. Vielen Dank nochmal! :D

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