freie Arztwahl???

Welche Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?

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MelaB
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freie Arztwahl???

Beitrag von MelaB » 08.03.2010, 12:21

Hallo,

nach einem schweren Verkehrsunfall habe ich die Pflege Betreuung für meinen Bruder (Wachkomapatient) übernommen. Nach einem Urinbeutelwechsel bekam er Krämpfe im Unterleib und seitdem läuft nichts mehr in den Beutel, vielmehr nässt er nun das ganze Bett ein. Der behandelnde Urologe stellte daraufhin eine Blasenentzündung fest. Diese hält jedoch schon 2 Monate an! Da ich kein grosses Vertrauensverhältnis zu diesem Arzt aufbauen konnte habe ich mich nach weiteren Urologen in der Stadt umgesehen. Es gibt leider nur noch einen zweiten, dieser macht jedoch keine Hausbesuche und die Praxis ist nicht mit einem Rollstuhl zu betreten.
Ich habe jetzt einen sehr kompetenten Urologen gefunden. Diese Praxis (mit angrenzendem Klinikum)liegt aber 60 km weit entfernt.

Normalerweise wird der Transport nur bis zum nächsten KH bezahlt.
Ich würde nun gerne wissen wollen ob die AOK die Transportkosten übernehmen muss nachdem ich ja keine (richtige) freie Arztwahl in unserer Stadt habe (55.000 Einwohner).
Hat hier schon jemand ähnliche Erfahrungen gemacht???

Vorab schon mal vielen Dank für eure Hilfe

Pupsi
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Beitrag von Pupsi » 08.03.2010, 12:34

Hallo MelaB,

für die Übernahme zu Fahrkosten (FAKO) zur ambulanten Behandlungen gilt folgendes:

Bei den Versicherten muss ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen aG (aussergewöhnlich Gehbehindert), Bl (Blind) oder H (Hilflos) vorliegen oder ansonsten Pflegestufe II oder III. Sind diese Voraussetzungen erfüllt ist grds. eine Übernahme möglich. Bzgl. der Entfernung würde ich mit der Kasse Rücksprache halten. Es ist grds. immer die nächst erreichbare Praxis bzw. KH zu wählen. Würde den Sachverhalt und die Erfahrungen mit der bisher behandelnden Praxis schildern, ggf. auch sogar schriftlich einreichen. Es liegt sicherlich im Ermessen der Kasse, ob die Kosten für den Krankentransport übernommen werden. Sollten die Kosten übernommen werden, ist eine Verordnung für Transportkosten von Hausarzt notwendig, diese sollte in jedem Fall von der KK vor Antritt der Fahrt genehmigt werden, damit es im Nachgang keine bösen Überraschungen gibt. Ein Krankentransport ist nicht gerade günstig (ca. 360 EUR auch je nach Entfernung). Ich hoffe das Dir dies hilft.

MelaB
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Beitrag von MelaB » 08.03.2010, 12:55

Hallo Pupsi,

danke für deine schnelle Antwort. Wir haben bereits Pflegestufe III und einen Schwerbehindertenausweis (100%).
Ich war bereits bei der AOK und hier teilte man mir eben mit das die Fahrtkosten zu diesem Klinikum nicht übernommen nur zum nächsten KH. Doch hier praktiziert einzig und allein unser bisheriger Arzt. Vielleicht habe ich mich auch nicht richtig ausgedrückt - nach Empfehlung des neuen Urologen streben wir einen Klinikaufenthalt an (also kein reiner Arztbesuch).
ich wollte nur wissen wie das rechtlich aussieht? Kann man mich wirklich "zwingen" nur zu "diesem" Arzt zu gehen??? ich dachte es gibt sowas wie freie Arztwahl oder irre ich mich da?
Leider habe ich das Geld nicht um die Transportkosten selbst zu bezahlen, ein Wachkomapatient ist sehr pflegeintensiv und kostet dementsprechend auch viel.

Platon67
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Beitrag von Platon67 » 08.03.2010, 13:13

... nun die freie Arztwahl wird ja auch nicht eingeschränkt. Es werden lediglich die Fahrtkosten zu dem von Ihnen gewählten Behandler nicht übernommen... und das ist rechtlich so vorgesehen und daher ist die Entscheidung Ihrer Kasse zunächst richtig.

Hier können Sie m. E. nur über ein Gespräch mit dem zuständigen Abteilungsleiter versuchen eine Kulanzentscheidung ader KK ufgrund der besonderen Situation zu erreichen.....

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 08.03.2010, 14:23

MelaB hat geschrieben:Hallo Pupsi,

danke für deine schnelle Antwort. Wir haben bereits Pflegestufe III und einen Schwerbehindertenausweis (100%).
Ich war bereits bei der AOK und hier teilte man mir eben mit das die Fahrtkosten zu diesem Klinikum nicht übernommen nur zum nächsten KH. Doch hier praktiziert einzig und allein unser bisheriger Arzt. Vielleicht habe ich mich auch nicht richtig ausgedrückt - nach Empfehlung des neuen Urologen streben wir einen Klinikaufenthalt an (also kein reiner Arztbesuch).
ich wollte nur wissen wie das rechtlich aussieht? Kann man mich wirklich "zwingen" nur zu "diesem" Arzt zu gehen??? ich dachte es gibt sowas wie freie Arztwahl oder irre ich mich da?
Leider habe ich das Geld nicht um die Transportkosten selbst zu bezahlen, ein Wachkomapatient ist sehr pflegeintensiv und kostet dementsprechend auch viel.

hallo, ich muesste nochmal nachsehen, aber in glaube zu wissen dass die Fahrkosten zu den beiden, von Wohnort des Patienten aus gesehen, nächstgelegenen Krankenhäusern übernommen werden .
Gruß
Czauderna

RHW
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Beitrag von RHW » 08.03.2010, 17:25

Man hat Anspruch auf Fahrkosten zu einem der beiden nächsterreichbaren geeigneten Behandler.
Es gibt hier also 2 Möglichkeiten:
- die Mehrkosten zu dem Behandler im Nachbarort selber tragen.
oder
- die KK überzeugen, dass der 2. Behandler im Ort nicht als "geeignet" zählt (hier: keine Hausbesuche, keine behindertengerechte Arztpraxis).
Evtl. bei Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Behandler anderer Nachbarorte prüfen. Ggf. klären, wie die Abrechnung des Krankenwagens geregelt ist. Um welche Kostenhöhe geht es hier?

ratte1
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Beitrag von ratte1 » 08.03.2010, 23:56

Hallo,

soweit mir bekannt ist, werden nur die Fahrkosten zur nächsterreichbaren Behandlungsstätte übernommen. Aus der gesetzlichen Grundlage kann ich jedenfalls ein Anspruch auf eine Wahlmöglichkeit zwischen den beiden nächsterreichbaren nicht erkennen.

Allerdings muss die Behandlungsstätte geeignet sein und dieses würde ich an Stelle der TE dem Erstbehandler wegen des mangelnden Therapieerfolges, dem anderen örtlichen ansässigen Arzt wegen Nichterreichbarkeit (kein Hausbesuch, kein Herankommen an die Praxis mit Rollstuhl) absprechen. Dann wäre die favorisierte Behandlungsstätte vllt. die nächsterreichbare.

MfG
ratte1

RHW
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Beitrag von RHW » 09.03.2010, 10:52

Ob die Fahrkosten zu dem oder einem der nächsterreichbaren Behandler übernommen werden, gibt es anscheinend unterschiedliche Auslegungen.
Hier zwei mögliche Auslegungen:
Weitertransport zum Arzt oder Krankenhaus Ihrer Wahl
Fahr- und Transportkosten dürfen von der KK XYZ nur bis zu einem der nächsterreichbaren Ärzte oder Krankenhäuser bezuschusst werden. Ausnahme: Es liegen zwingende medizinische Gründe für die Behandlung in einer weiter gelegenen Einrichtung vor.
(Quelle: http://www.bkk-thev.de/index.php?id=35)

Die KK XY kann nur dann Fahrkosten übernehmen, wenn Sie sich in einer der beiden nächsterreichbaren Einrichtungen behandeln lassen oder Ihr Arzt Sie zu einem weiter entfernten Behandlungsort überweist.(Quelle: http://www.tk-online.de/tk/f/fahrkosten ... ahme/39886)

Ich habe in Erinnerung, dass das GKV-Rundschreiben aus Dezember 1988 hier eine nähere Aussage zu trifft. Im Netz kann ich es aber leider nicht finden.

yerry
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Beitrag von yerry » 15.03.2010, 22:29

Das o.g. Rundschreiben des Jahres 1988 ist bereits 2001 und 2003 überholt worden, sodass nur noch einige Punkte gelten.

Allerdings findet man in den Krankentransportrichtlinien (KrTrR) einige Antworten:
§ 3 Abs. 2 KrTrR
Notwendig im Zusammenhang mit einer Leistung der KRankenkasse sind in der Regel nur die Fahrten auf dem direkten Weg zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort des Versicherten und der nächst erreichbaren geeigneten Behandlungsmöglichkeit.
Die nächst erreichbare geeignete Behandlungsmöglichkeit lässt sich natürlich jetzt ausdiskutieren. Der alte Urologe wäre der nächst erreichbare. Da das Vertrauensverhältnis allerdings gestört ist, kann man nicht sagen, dass er für den Patienten geeignet ist.

Wie bereits ratte1 gesagt ha:
Die nächste Praxis, ist für den Patienten nicht erreichbar. Somit fällt diese auch weg. Jetzt bleibt natürlich nur noch der 60 km entfernte Urologe.
Wie bereits oben erwähnt, lässt sich darüber eben streiten.

In keinem Rundschreiben findet man dazu einen Vermerk. Auf die BSG-Urteile habe ich leider keinen Zugriff.
§ 9 KrTrR
Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung bedürfen einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Genehmigungspflichtige Verordnungen sind der Krankenkasse frühzeitig vorzulegen. Dauer und Umfang der Genehmigung werden von der Krankenkasse festgelegt.
Von der Pflegekasse gibt es leider auch nichts, da hier nur Fahrkosten zur Kurzzeitpflege bezahlt werden können. Dies wird dann über die zusätzlichen Betreuungsleistungen abgerechnet.

Ich würde es einfach nochmals probieren. Jedenfalls bekommt man zumindest die Fahrkosten bis zum alten Urologen gezahlt. Das ist ja auch etwas...

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