Rücknahme eines Vollstreckungsbescheids möglich?

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Doris Muster
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Rücknahme eines Vollstreckungsbescheids möglich?

Beitrag von Doris Muster » 24.11.2017, 01:02

Guten Tag,

ich versuche das Wesentliche zu skizzieren: Ich bin Studentin und lebe in einem Anbau, der im Eigentum meiner Mutter steht. Mir wurden chronische Depressionen attestiert, was der wesentliche Grund ist, weshalb ich noch studiere (vor dem Studium habe ich bereits gearbeitet, dennoch bin ich längst Langzeitstudentin).

In den vergangen rund vier Jahren wurden meine KV-Beiträge, die ersten beiden Jahre, durch eine Gremientätigkeit gezahlt. Am Ende dieser Zeit setzte bei mir eine rund einjährige depressive Phase ein, in der ich weder das Haus verlassen habe, noch meine Post geöffnet habe. Während dieser Zeit entstand mein Beitragsrückstand.

Seit etwa 6 Monaten werden die KV-Beiträge wieder über eine geringfügige Beschäftigung abgegolten. Seit rund drei Monaten geht es mir auch psychisch besser. (In dieser Woche habe ich das erste Professorengespräch zur Aufnahme meiner Abschlussarbeit geführt und schon davor einen Termin mit der Studienverlaufsberatung vereinbart, außerdem hatte ich bereits einen Termin bei der psychosozialen Beratungsstelle der Hochschule.)

Leider habe ich einen Teil meiner Post weiterhin ignoriert. Von dem Vollstreckungsbescheid habe ich über meine Bank erfahren.
Ich habe kein Vermögen. Durch die geringfügige Beschäftigung erhalte ich rund 600 Euro monatlich, vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge.

Meine bisherige Recherche ergab, dass zunächst zwei Möglichkeiten bestehen: Die Stundung und ein Vollstreckungsaufschub. Eine Stundung ergebe für beide Seiten keinen Sinn; zur Tilgung durch Teilleistungen bin ich bereit. Allerdings sehe ich nicht, wie ich mehr als 100 Euro monatlich dazu aufwenden können sollte. Ich habe die Möglichkeit mir max. fümf Hundert Euro privat zu leihen, um diese sofort an die KV überweisen zu können. Aber auch dann dürfte die Rückzahlung deutlich länger als ein Jahr dauern. Der Beitragsrückstand beläuft sich auf etwas mehr als zweitausend Euro.

Es lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass ich das Studium in einem, max. in zwei, Semestern abschließen werde. Um meine Chancen zum Berufseinstieg zu erhöhen, wollte ich innerhalb der kommenden Monate den Pkw-Führerschein machen. Ohne Kreditaufnahme wird das nicht möglich sein.

Ich habe die KV kontaktiert, dort wurde mir gesagt, dass der Fall an eine andere Stelle der KV weitergegeben wurde und es deshalb erst ab kommender Woche Sinn hätte dort anzurufen.

Meine erste Frage lautet: Wie ich weiter handeln sollte, beziehungsweise, worauf ich achten sollte?

Am liebsten wäre mir eine Rücknahme des Vollstreckungsbescheids, wegen der SCHUFA und dem Umstand, dass ich zeitnah einen Kredit brauchen werde, um einen Führerschein machen zu können, den ich nur machen möchte, um meine Berufseinstiegschancen zu verbessern. Besteht die Aussicht, dass die KV den Bescheid zurückziehen würde, insofern wir über die Ratenzahlung einig würden? Ich habe bereits versucht, so viel Geld wie möglich privat zu leihen. Die dadurch erreichbare Summe bleibt aber eben deutlich unter der Hälfte des Rückstands. Ich werde mich aber weiter bemühen. Gemäß dem Fall, dass ich es doch schaffen wurde, privat über die Hälfte des Rückstands - wenn auch sehr unwahrscheinlich, sogar die gesamte Summe - sofort zurückzahlen zu können, würde das die Chancen auf eine Rücknahme des Vollstreckungsbescheids erhöhen?

Vielen Dank im Voraus.

Viele Grüße

vikingz
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Beitrag von vikingz » 24.11.2017, 15:15

Hallo,

die ganze Begründung - bei allem Verständnis - ändert an Zahlungsrückständen nichts. Ich mache mir Sorgen, dass Sie glauben, über eine geringfügige Beschäftigung würde die Krankenkasse für Sie bezahlt, dem ist nicht so. Wenn Sie 600 Euro erhalten, ist es aber keine geringfügige Beschäftigung mehr.

Die Vollstreckung endet dann, wenn eine Ratenzahlung vereinbart wird und die erste Rate in voller Höhe pünktlich gezahlt wird, um die zentrale Frage zu beantworten.

Dabei könnte auch eine einmalige höhere "Anzahlung" vereinbart werden. Bei der Vereinbarung hat die Kasse grds. Handlungsspielraum, muss aber nicht alles akzeptieren sondern kann durchaus auch ablehnen. Ein vernünftiges Angebot ist da die halbe Miete, also eine möglichst kurze Laufzeit der Vereinbarung.

Achtung, eine kommentarlose teilweise Zahlung beendet die Vollstreckung nicht. Eine vollständige Zahlung beendet die Vollstreckung selbstverständlich sofort (zuzüglich der Bearbeitungszeiten natürlich).

Doris Muster
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Beitrag von Doris Muster » 24.11.2017, 20:46

Hallo,

vielleicht habe ich vorangehend unklar formuliert: Ich erkenne die Forderung an. Mein Ziel ist es auch nicht über die Höhe zu "verhandeln".

Meine ausführliche Begründung soll nur erklären, wie es zu dem Rückstand kam.

Richtig ist, dass ich so naiv war zu glauben, dass die KV automatisch zu den laufenden Beiträgen auch anteilsmäßig den Rückstand einzieht. Dumm, das ist mir jetzt bewusst.

Mittlerweile habe ich eine einigermaßen vertrauenswürdige Auskunft darüber erhalten, dass die KV wahrscheinlich auch mit den mir nur relativ niedrigen möglichen Ratenzahlungen einverstanden wäre. Insofern ist diese Frage, so weit wie möglich, beantwortet. (Eine möglichst hohe Einmalzahlung würde ich aus eigenem Interesse anbieten, selbst, wenn die KV sie nicht fordern würde.)

Das Problem ist der SCHUFA-Eintrag. Ich habe bisher keinen. Wie erwähnt, würde ich, aufgrund meines Berufseinstiegs, aber gerne einen Führerschein machen. Das wird ohne Kredit nicht möglich sein. Dafür erhoffe ich mir aber tatsächlich etwas Verständnis. Auch wenn ich mich wiederhole, allerdings nicht in Hinsicht auf die Forderung selbst oder ihrer Höhe. Nein, der Rückzug des Vollstreckungsbescheid (und einzig darum geht es mir), würde verhindern, dass mir eine Hürde (SCHUFA) aufgebaut wird.

Wie oben erwähnt, habe ich weiter versucht privat Geld zu leihen. Dabei hat ein Familienmitglied eine Bürgschaft angeboten. Könnte sie ein Argument zum Rückzug des Vollstreckungsbescheids sein, selbstverständlich bei gleichzeitiger Einigung über eine Ratenrückzahlung (und einer Einmalzahlung von vermutlich 600 Euro)?

vlac
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Beitrag von vlac » 24.11.2017, 23:04

Hallo,

zu der Sache mit dem "Schufa-Eintrag": Neben der Schufa gibt es noch weitere Auskunfteien; die wichtigsten davon sind Arvato Infoscore, CRIF Bürgel und die Creditreform. Arvato infoscore ist sogar bei Alltagsgeschäften etwas wichtiger als die Schufa, weil viele Versandunternehmen dort, und nicht bei der Schufa anfragen.

Allen Unternehmen gemein ist, dass nur Vertragspartner Forderungen einmelden können; Krankenkassen und Behörden gehören in der Regel nicht zu den Vertragspartnern, weshalb Behörden-Forderungen auch in der Regel nicht zu einem Eintrag führen, und damit die Bonität bei den Auskunfteien nicht beeinträchtigen.

Ausnahme: Wird von einer Behörde die Abgabe der Vermögensuaskunft ("eidesstattliche Versicherung") verlangt, erfolgt damit auch eine Eintragung ins Schuldnerverzeichnis. In diesem Fall erfahren auch die Auskunfteien davon, weil dort die Daten aus den Schuldnerverzeichnissen übernommen werden. Die Bonität ist dann auf absehbare Zeit im Eimer.

Außerdem müssen wir die Begrifflichkeiten jetzt mal klären: Denn "Vollstreckungsbescheid" und Vollstreckungsmaßnahme sind zwei verschiedene Sachen. Der Vollstreckungsbescheid ist ein grauer Bogen, der vom Amtsgericht in einem gelbbraunen Umschlag zugesandt wird, die Höhe der Forderung, der Kosten und der Verzinsung ausweist, und für bis zu 30 Jahre, höchstens aber bis zum Ausgleuch der Gesamtforderung, die Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen bildet, wenn die Forderung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgreich bestritten wird. Bei Behörden werden oft keine Vollstreckungsbescheide erwirkt, denn ein Behördenbescheid ("Verwaltungsakt") in dem eine Forderung festgesetzt wird, hat die gleiche Wirkung, wie ein Vollstreckungsbescheid, wenn nicht innerhalb einer Frist erfolgreich widersprochen wird: Auch aus einem Behördenbescheid kann bis zu 30 Jahre vollstreckt werden.

Sind die Fristen verstrichen, ohne dass Widerspruch eingelegt wurde, ist es nur noch sehr schwer möglich, eine Aufhebung von Vollstreckungsbescheid oder Verwaltungsakt zu erreichen.

Was Du wahrscheinlich meinst, ist der nun an Deine Bank ergangene Pfändungs- und Überweisungbescheid, oder Pfändungs- und Einziehungsverfügung; beides ist im Grunde das Gleiche: Dein Konto wird gepfändet, bis Du Dich mit dem Gläubiger über eine Aufhebung der Pfändung einigst, oder die Forderung vollständig bezahlt hast.

Wäre nun ein Eintrag bei einer Auskunftei erfolgt, würde nun, nachdem der der Eintragung zu Grunde liegende Bescheid rechtskräftig geworden ist, dieser Eintrag nur dann vorzeitig gelöscht werden, wenn rechtskräftig festgestellt werden würde, dass die Forderung nicht bestand, und der vollstreckbare Bescheid von vorneherein unwirksam war. Das passiert aber bei rechtskräftig gewordenen Bescheiden nur sehr, sehr selten, und erfordert einen spezialisierten Anwalt.


Eine Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen, wie einer Kontopfändung, hätte üpberhaupt keinen Einfluss auf die Speicherung der Forderung bei Auskunfteien, und auch die vollständige Zahlung führt, außer wenn es sich um kleine Beträge handelt, die innerhalb von wenigen Wochen nach der Eintragung bei der Schufa gezahlt wurden, nicht zu einer sofortigen Löschung. Dem Gesetz nach darf der Eintrag noch nis zum Ende des dritten Kalenderjahres nach dem Ende des Jahres, in dem die Forderung ausgeglichen wurde, gespeichert werden. Es dauert auch einige Zeit, bis die Bonität wieder hergestellt ist.

Dies aber gilt natürlich nur für Fälle, in denen eine Forderung an Auskunfteien gemeldet wurden. Dies ist in Deinem Fall aber unwahrscheinlich; wenn Du es genau wissen willst, kannst Du Dir bei den Auskunfteien eine kostenfreie Selbstauskunft anfordern.

Aber: Deine Bank verlässt sich bei der Kreditvergabe nicht nur auf Auskunfteien, sondern auch auf eigene Daten, und zu denen gehören nun auch die Kontopfändung, sowie Dein Zahlungsverhalten danach. Es ist auch ohne schufa-Eintrag sehr unwahrscheinlich, dass Deine Bank Dir einen Kredit geben wird, zumal das auch schon vorher zweifelhaft war: Du bist Dauerstudentin mit einem Einkommen von 600 Euro minus Sozialversicherung, schaffst es kaum Raten an die Krankenkasse zu stemmen - die Bank wird sich dementsprechend sehr kritisch fragen, wie ein Kredit bedient werden soll.

Mit Blick auf die Bonität ist es also völlig unerhebllich, ob jetzt eine hohe Einmalzahlung geleistet wird. Sinn macht das aber, um das Auflaufen der hohen Säumniszuschläge abzumildern; außerdem wäre hier bei einer Ratenhöhe von 100 Euro zumindest näherungsweise ein Ausgleich in zwölf Monaten erreichbar. Denn sehr wichtig ist es, irgendwie Vermögensauskunft und Eintragung ins Schuldnerverzeichnis zu vermeiden, denn das geht auf Jahre heftigst auf die Bonität.

Ob man dafür allerdings das Risiko eingehen möchte, Verwandten und Freunden das Geld möglicherweise nicht zeitnah zurück zahlen zu können, sollte man sich genau überlegen, und mit den Geldgebern auch vorab genau darüber sprechen, wann und wie das Geld zurück gezahlt werden soll.

Aber noch einmal: Vielleicht führt dies zur Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme; keinesfalls wird dies zur Aufhebung des vollstreckbaren Bescheides führen, denn damit würde die Krankenkasse sich die Grundlage für die Geltendmachung der restlichen Forderung nehmen. Einen Einfluss auf die jetzt schlechte Bonität hat das, auch noch einmal, nur begrenzt: Je schneller die Forderung ausgeglichen wird, desto schneller gerät die Sache in Vergessenheit. Je nach Bank dauert das aber trotzdem einige Jahre.

Auch eine Bürgschaft ändert daran nichts.

Man kann aber auch zunächst einmal hingehen, und der Krankenkasse schriftlich und freundlich schildern, wie die gesundheitliche und finanzielle Situation aussieht. Dazu sollte auch eine Berchnung des Einkommens, und der monatlichen zwingend notwendigen Ausgaben einschließlich der Kosten für Ernährung beigefügt werden.

Die gesundheitliche Situation ist wichtig, weil Dein Leistunganspruch zur Zeit ruht. Du hast nicht erwähnt, ob und wie Du momentan behandelt wirst. Mit ruhendem Leistungsanspruch hast Du nur Anspruch auf die Kostenübernahme von Behandlungen von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen, wozu auch die Psyche zählt. Solltest Du in Behandlung sein, müsstest Du davon auch schon vor geraumer Zeit erfahren haben.

Mit einer Einigung auf Ratenzahlung besteht wieder voller Leistunganspruch.

Es ist durchaus möglich, dass sich die Krankenkasse zu einer Ratenvereinbarung über einen längeren Zeitraum bereit erklärt; sollte dies aber nicht der Fall sein, würde ich an Deiner Stelle trotzdem damit beginnen, die Forderung abzutragen, denn sonst laufen weitere Säumiszuschläge an, und außerdem bestünde damit auch eine Chance, die Vermögensauskunft abzuwenden.

Doris Muster
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Beitrag von Doris Muster » 25.11.2017, 23:46

Hallo vlac,

vielen lieben Dank für deine ausführliche aufschlussreiche Antwort!

Du hast recht, es existiert kein Vollstreckungsbescheid (ich dachte, er wäre noch nicht zugestellt worden). Wie du auch geschrieben hast: KVn können direkt eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlassen und so heißt es auch in meinem Online-Bank-Zugang (über den ich erst auf die Situation aufmerksam geworden bin).

Zu deiner Frage bezüglich einer etwaigen Behandlung: Ich bekomme seit Jahren ein Antidepressivum verschrieben. Ich habe dazu bisher keine Rückforderung oder Ähnliches erhalten.

Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir vielleicht noch einmal antworten könntest:

- KVn geben also i. d. R. keine Daten an irgendeine Auskunftei weiter?
- Und Banken im Fall einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung? Geben sie Daten an eine Auskunftei weiter, vielleicht eine, die nur von anderen Banken genutzt wird, oder ist meine Bonität nun ausschließlich bei der betreffenden Bank "im Eimer"? (Meine Bonität ist nicht nur wegen des Führerscheins wichtig. Da ich lange studiert habe, muss ich die Möglichkeit der Selbstständigkeit zumindest einbeziehen. Spätestens sie würde einen Kredit unumgänglich machen.)

"Es ist durchaus möglich, dass sich die Krankenkasse zu einer Ratenvereinbarung über einen längeren Zeitraum bereit erklärt; sollte dies aber nicht der Fall sein, würde ich an Deiner Stelle trotzdem damit beginnen, die Forderung abzutragen, denn sonst laufen weitere Säumiszuschläge an, und außerdem bestünde damit auch eine Chance, die Vermögensauskunft abzuwenden."
Dieser Absatz deiner Antwort hat mich beunruhigt. Zum einem ist der Leistungsanspruch für mich natürlich wichtig. Zum anderen ist mein Konto gesperrt.

joerg_the
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Beitrag von joerg_the » 26.11.2017, 00:28

Wenn dein Konto gesperrt ist,würde ich schnellstens mit der KV eine Ratenzahlung vereinbaren,so dass diese der Bank Bescheid gibt,und die wieder dein Konto frei gibt,dass du somit überhaupt wieder geschäftsfähig wirst.

Und solange die Angelegenheit mit der KV nicht erledigt ist,würde ich den Gedanken an einen Kredit erstmal ganz schnell vergessen.

Wenn die KV erledigt ist,wird dich die Bank eh erst einmal eine Weile beobachten,bevor sie dir einen Kredit geben sollte.

Denen hast du jetzt erstmal zu genüge gezeigt,dass du mit Geld nicht umgehen kannst.

Eigentlich kannst du froh sein,dass sie dir noch nicht das Konto gekündigt haben.

Also erstmal den nächsten Schritt vor dem übernächsten machen.

vlac
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Beitrag von vlac » 26.11.2017, 16:24

Hallo,

ich bin jetzt im Nachbarforum zunächst einmal nur auf die Aussagen Aldis eingegangen, die zu einem erheblichen Teil falsch sind; Du solltest Dich deshalb davon nicht verunsichern lassen.

Ganz wichtig ist zunächst einmal: die Kontosperre. Du kannst bei Deiner Bank die Umwandlung Deines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto beantragen; die Bank muss das innerhalb von vier Werktagen tun, und darf Dir dafür auch keine zusätzlichen Kosten berechnen. Auf einem Pfändungsschutzkonto, auch P-Konto genannt, steht Dir dann automatisch pro Kalendermonat ein Freibetrag von 1133,80 Euro zur Verfügung.

Du hast auch, realistisch betrachtet, derzeit keine andere Wahl, es sei denn, Du könntest die Forderung vollständig begleichen: Richtest Du kein P-Konto ein, bleiben auf Deinem Konto eingehende Zahlungen für bis zu vier Wochen (28 Tage) gesperrt, und werden dann an den Gläubiger, also in diesem Fall die Krankenkasse oder die beauftragte Vollstreckungbehörde, überwiesen.

Wird die Umwandlung in ein P-Konto innerhalb von vier Wochen (28 Tage) nach Eingang der Pfändung bei der Bank durchgeführt, wird das Konto so behandelt, als habe der Pfändungsschutz bereits von Anfang an bestanden. Aber Achtung: Man sollte mit dem Antrag nicht bis zum letzten Tag warten, denn es ist nicht garantiert, dass die Bank die Umwandlung sofort durch führt; sie hat dafür ja dem Gesetz nach vier Arbeitstage Zeit. Und, auch ganz wichtig: Die Frist beginnt am Tag zu laufen, der auf den Tag folgt, an dem die Pfändung bei der Bank eingegangen ist. In der Regel vergehen danach einige Tage, bis der Kontoinhaber von der Pfändung erfährt.

Zu Deinen weiteren Fragen:

1. Datenweitergabe durch Krankenkassen: Ich kann natürlich sagen, was jede einzelne der mehr als 100 Krankenkassen in Deutschland tut. Ich habe aber in der vergangenen Woche mal bei mehreren Landesdatenschutzbeauftragten und der Bundesdatenschutzbeauftragten angefragt, ob dies zulässig wäre, und die Antworten waren ausschließlich, dass dies nicht zulässig sei, weil es sich dabei um eine Weitergabe von Sozialdaten handelt, und auch das berechtigte Interesse, dass dem Gesetz nach für die Eintragung einer Forderung erforderlich ist, in Frage gestellt werden müsse: Die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen, von Steuern und Gebühren besteht dem Gesetz nach, und es besteht kein erkennbarer Grund, Privatunternehmen oder andere Behörden durch Eintragungen bei Auskunfteien vor einem säumigen Beitrags- oder Steuerzahler zu warnen, zumal die Aussagekraft über die tatsächliche Zahlungsfähigkeit begrenzt sind.

2. Datenweitergabe durch Banken: Wenn Du einen Kredit Deiner Bank nicht zahlst, kann die Bank das an eine Auskunftei melden. Nicht melden darf sie aber eine Kontopfändung. Denn dabei handelt es sich um eine Forderung, von der die Bank nur mittelbar betroffen ist, weil sie Dein Geld verwaltet. Sie erfüllt damit eine gesetzliche Pflicht. Eingetragen wird aber, dass ein Konto als Pfändungsschutzkonto geführt wird; allerdings soll damit nur verhindert werden, dass jemand mehrere Konten in ein Pfändungsschutzkonto umwandelt. Eine Auswirkung auf die Bonität darf dies nicht haben.

Die Banken tauschen Informationen über Kunden auch nicht auf anderen Wegen aus; insofern weiß also zunächst einmal nur Deine Bank davon. Du musst Dich aber an den Gedanken gewöhnen, dass es sehr unwahrscheinlich wäre, auch mit einer sauberen Schufa überhaupt irgendwo einen Kredit zu erhalten, denn dazu ist Dein Einkommen zu gering, und Du hast ja selbst geschrieben, dass Dir Raten von 100 Euro schon Schwierigkeiten bereiten würden.

Eine Selbstständigkeit würde ich mir wirklich sehr, sehr, sehr kritisch überlegen, denn die Herausforderungen sind immens, und gerade vor dem Hintergrund Deiner gesundheitlichen Situation kann es leicht passieren, dass Dir die Dinge schnell über den Kopf wachsen. Ich würde mir nach dem Studium erstmal einen festen Job suchen, die Schulden bei der Krankenkasse los werden, schauen, dass Du die Depression unter Kontrolle bekommst, und auch mit dem Führerschein würde ich erst dann los legen. Denn ansonsten stehst Du vor einem riesigen Berg, der Dir nur zusätzlich aufs Gemüt drückt.

Mein Vorschlag ist, wie bereits erwähnt, der Krankenkasse die Situation zu schildern, und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Du solltest dabei auch erwähnen, dass Du nun kurz vor Abschluss Deines Studiums stehst, und damit auch mit Veränderungen Deiner finanziellen Situation zu rechnen ist.

Fertige eine Aufstellung Deiner Einnahmen aus Ausgaben an, und biete, falls ein Betrag verbleibt, diesen Betrag für die kommenden Monate als Rate an. Schlage vor, in beispielsweise sechs Monaten eine Neubewertung der Situation durch zu führen.

Doris Muster
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Beitrag von Doris Muster » 26.11.2017, 18:13

Hallo vlac,

das weniger Akute vorweg: Es ist wohl so, dass meine Aussichten auf einen Bankkredit auch ohne die Pfändung gegen null tendieren würden. Trotzdem ist es beruhigend zu wissen, dass sich diese Tendenz wohl nur bei meiner jetzigen Bank zusätzlich verschlechtert. Eine Selbstständigkeit ist nicht mein Ziel. Trotz nicht bester Voraussetzungen, sehe ich die Chance nach dem Abschluss eine Stelle zu erhalten.

Mein Plan ist nun folgender:

Ich schreibe der KV mit einer Schilderung meiner Situation inkl. finanzieller Aufstellung und biete ihr Rückzahlungsraten in Höhe von 140 Euro an (ich muss das noch einmal durchrechnen, diese Höhe sollte aber möglich sein). Ich biete ihr außerdem eine Einmalzahlung in Höhe von max. 500 Euro an, mit dem Hinweis, dass dieses Geld privat geliehen ist. Eine Neubewertung nach sechs Monaten biete ich ihr auch an.

Dazu eine Frage, wenn eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde, sind dann trotzdem Sonderzahlungen möglich? (In zwei Monaten hätte ich die Möglichkeit Seminare zu geben, daraus würden keine hohen Einkünfte entstehen, diese würde ich aber gerne zum Abbau der Schulden verwenden.)

Das P-Konto möchte möglichst umgehen. Mir bleiben noch etwas mehr als zwei Wochen bis zur Pfändung. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sollte ich doch auf der sicheren Seite sein, insofern ich spätestens eine Woche vor Ablauf der Frist das P-Konto beantrage. Da ich die KV morgen anschreiben werde, ist meine Hoffnung, dass eine Einigung mit der KV erfolgt, bevor ich das P-Konto beantragen muss.

Und noch einmal einen großen Dank für deine Mühe. Stundenlanges Googeln hat mir nicht einmal einen Bruchteil der Informationen erbracht.

vlac
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Beitrag von vlac » 26.11.2017, 18:47

Hallo,

wenn Du mal angibst, wie hoch die offenen Beiträge genau sind, und auf welchen Zeitraum sich die Beiträge beziehen, sowie wie hoch die schon fest gesetzen Säumniszuschläge sind, kann ich Dir mal ausrechnen, wo Du mit Raten von 140 Euro ungefähr stehst.

Rein gefühlsmäßig aber würde ich sagen, dass das, falls Du das tatsächlich so durch halten kannst, ungefähr in die Richtung von einem Jahr Zahlungsdauer geht.

Sonderzahlungen sind natürlich auch bei einer Ratenzahlungsvereinbarung möglich. Du sparst damit dann einige Euro an Zinsen, was auch bei der von Dir geplanten Einmalzahlung der Fall wäre.

Die Sache mit dem P-Konto würde ich gut überlegen: Nun weiß ich nicht, wie hoch der Kontostand derzeit ist, aber wenn Du nicht oder nicht rechtzeitig umwandelst, dann wird das Geld komplett an den Gläubiger überwiesen. Ich würde nicht davon ausgehen, dass die Sache selbst im idealsten aller Fälle innerhalb von so kurzer Zeit geklärt werden kann. Selbst wenn die Krankenkasse die Pfändung aufhebt, dauert es einige Tage, bis das bei der Bank ankommt, und deshalb kann es passieren, dass es trotz der aufgehobenen Pfändung und der Vereinbarung zu einer Drittschuldnerüberweisung (so nennt sich das) an die Krankenkasse kommt.

Doris Muster
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Beitrag von Doris Muster » 26.11.2017, 20:03

Hallo vlac,

gerundet:

- 1800 Rückstand
- 200 Säumnis
- 50 Gebühren
- 4 Porto
- 26 Pfändung
-------------------
-------------------
2080 Euro

Ich bin mir des Risikos der Pfändung bewusst. Ich mache jetzt keinen zweiten Fehler. Der Antrag auf Umwandlung zum P-Konto liegt ausgefüllt hier und geht spätestens 7 Werktage vor Fristende an die Bank. Außerdem wollte ich mich auch telefonisch an die KV wenden. Sollte man mir dort in Aussicht stellen, dass eine rechtzeitige Einigung unwahrscheinlich ist, würde ich das P-Konto sofort beantragen.

vlac
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Beitrag von vlac » 26.11.2017, 21:14

Hallo,

denke bitte unbedingt daran, dass die Frist für das P-Konto am Tag nach dem Zugang der Verfügung bei der Bank beginnt. Gebacken kriegen kannst Du das eigentlich nur, wenn die erste Zahlung sofort angewiesen wird, denn es ist wahrscheinlich, dass die Krankenkasse, bevor sie irgendetwas tut, erstmal sehen will, dass das auch alles ernst gemeint ist.

Abgesehen davon: Vorbehaltlich, dass Deine Angaben korrekt sind, wärst Du mit einer Einmalzahlung und monatlichen Raten in Höhe von 140 Euro ungefähr im November 2018 fertig. Du musst Dir aber unbedingt überlegen, ob Du das auch einhalten kannst, denn ansonsten kommen weitere Kosten hinzu.

Allerdings sind die Alternativen auch nicht sonderlich begehrenswert, weil diese darin bestehen, entweder kleinere Raten ohne Vereinbarung zu zahlen, und darauf zu hoffen, dass die Krankenkasse nicht weiter vollstreckt. Am P-Konto kämst Du dann nicht vorbei. Abgesehen davon gibt es natürlich auch die Möglichkeit, die Dir im Nachbarforum als nonplusultra angepriesen worden ist, nämlich nichts zu zahlen, die dann irgendwann erfolgende Vermögensauskunft hinzu nehmen, und auch die damit einhergehende Schrottung der Bonität auf mehrere Jahre. Ob man das haben muss, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Doris Muster
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Beitrag von Doris Muster » 26.11.2017, 22:01

Hallo vlac,

die Nonplusultralösung kommt nicht infrage. Natürlich ärgere ich mich über die zusätzlich entstandenen Kosten, nur habe ich sie bedingt. Die Hauptsumme hätte ich nie infrage gestellt.

Momentan kann ich ja nicht über mein Konto verfügen und damit nichts überweisen. Aber selbst das ließe sich lösen, ich würde dann jemand bitten die erste Zahlung für mich zu überweisen. Das werde ich in das Schreiben an die KV aufnehmen, vielleicht beschleunigt das den Prozess und ich komme um das P-Konto herum.

Mit dem Schreiben werde ich gleich beginnen und dann genau nachrechnen, aber min. 120 sollten möglich sein.

Dabei werde ich auch genau nachsehen, wie es sich mit den Fristen für das P-Konto verhält und das mehrfach notieren.

Mit Glück, und etwas Entgegenkommen der KV, brauche ich mich dann "nur" über die 300 Euro "Extrakosten" zu ärgern. Ein "genügsames" Leben führe ich so oder so und einen Bankkredit hätte ich ja wohl eh nicht bekommen. Wenn ich dann einen brauche (und auch kriegen würde), ich diese Sache hoffentlich, und wahrscheinlich, längst vergessen.

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