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Anwartschaft, Ausland, Familienversicherung

Verfasst: 30.08.2011, 11:34
von Swantje B.
Hallo,
ich weiß nicht weiter. Könnt Ihr helfen?

Unser Kunde:
- freiwillig versichert,
- vom Arbeitgeber für 2 Jahre als Ingenieur nach Kasachstan entsandt,
- Beitragseinstufung im Moment: Anwartschaftsbeitrag
- Rückkehr nach Deutschland: 15.02.2012
- vor der Ausreise keine Angehörigen in der Familienversicherung

Die Ehefrau
- Heirat 20.07.2011
- weißrussische Staatsangehörige
- lebte bisher in Kasachstan, war noch nie in der EU
- in Kasachstan nicht krankenversichert

Die Planung
- Ehefrau soll am 15.09.2011 nach Deutschland kommen und schonmal "das Haus einrichten"
- Ehefrau hat kein Einkommen
- Ehemann kommt Mitte Februar 2012 nach

Die Frage
- wie kann sich die Ehefrau krankenversichern?

Einreise erfolgt zunächst mit Touristenvisum (45 Tage). Für diese Zeit wird eine private Reisekrankenversicherung in Kasachstan bei einem internationalen privaten Versicherer abgeschlossen.

Damit die deutschen Behörden nach der Einreise einen dauerhaften Aufenthaltstitel ausstellen, braucht die Ehefrau noch einen Krankenversicherungsnachweis [die übrigen aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen sind bereits geklärt, nur die Krankenversicherung fehlt noch].

Unsere Fachabteilung Familienversicherung: Solange das Mitglied zum Anwartschaftsbeitrag eingestuft ist, besteht für Famis kein Leistungsanspruch. Die Ehefrau wird nicht in die Familienversicherung aufgenommen.

Der zuständige Fachbereich Beitragseinstufung: Das Mitglied ist beruflich bedingt im Ausland. Dort bleibt es bis 02/2012. Famis sind nicht vorhanden. Die Einstufung bleibt bei "Anwartschaft".

Alle: Versicherung für die Ehefrau gibt's bei uns vorerst nicht. Weder nach § 10 (da Mitglied = Anwartschaft), noch als freiwillig Versicherte (u. a. keine Vorversicherungszeit), noch nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (kein Aufenthaltstitel). Sie kann sich höchstens privat versichern.

Irgendwie überzeugt mich das nicht. Meine Beurteilung: Ab der Einreise besteht Anspruch auf Familienversicherung. Die Beitragseinstufung des Ehemannes muss zum Einreisetag von "Anwartschaft" auf "normale" Beiträge umgestellt werden.

Mit dieser Einschätzung stehe ich bei uns ziemlich alleine da. Wie seht Ihr das?

Gruß, Swantje

Verfasst: 31.08.2011, 16:36
von Herby2011
Hallo Swantje,
da hast Du dir aber was an Land gezogen :wink:

Ich würde Deinen KollegINNen zustimmen: Da ist wohl erstmal eine PKV fällig. Sobald der Ehemann wieder da ist und sein Status von "Anwartschaft" auf normale Beitragszahlung umgestellt ist, besteht für die Frau ein Anspruch auf kostenlose Familienversicherung und sie kann die PKV zu diesem Zeitpunkt mit dem Nachweis einer bestehenden Fam-versicherung kündigen.

Gruß
Herby

Verfasst: 01.09.2011, 20:28
von Swantje B.
Hallo Herby,

das ist mir praktisch zugelaufen - im Spätdienst über die Telefon-Ringschaltung bei mir gelandet, und der Kunde hat mich sofort als seine neue Lieblingssachbearbeiterin adoptiert :roll: . Ich hab ihm dann heute [nachdem ich nochmal mit der Teamleiterin Fami gesprochen habe] gesagt, dass bei uns im Moment leider keine Familienversicherung möglich ist. Und die Frau sich ggf. an die PKV wenden muss.

Als das darauf folgende "Wofür zahle ich eigentlich Beiträge?" und "Gesetze, Gesetze! Die interessieren mich nicht. Sie müssen halt auch mal kulant sein!" die gewünschte Versicherung auch nicht hergestellt hat, war's mit seiner Freundlichkeit dann nicht mehr so weit her.

Und zum Feierabend lag dann seine Kündigung im Fax. :?

Na ja, man kann's nicht jedem Recht machen.

Gruß, Swantje

Verfasst: 04.09.2011, 16:09
von heinrich
Deine ursprüngliche Auffassung (FAMI möglich und gleichzeitig Ende des Anwarrtschaftsbeitrages) finde ich vööööllig korrekt.

Die Fachabteilungen haben falsch geantwortet.


Es ist keine Anwartschaftsversicherung, sondern ein Anwartschaftsbeitrag
(§ 240 Abs. 4a SGB V). Wäre es eine Anwartschafts-"versicherung", so würde es in § 9 SGB V oder sonstwo stehen.

Anwartschaftsbeitrag nuuuur für Leute, die keine FAMIs haben. Ist ja klar.
Wenn für irdenwen in der Familie Leistung, dann kann kein Mini-Beitrag im Rahmen des Anwartschafsbeitrages her.

Jetzt kommt aber eine FAMI-Person und genau in dieser Sekunde ist die Voraussetzung für den Mini-Anwartschaftsbeitrag NICHT mehr gegeben.
(Ableitung aus § 240 Abs. 4a SGB V).

Der FAMI-Anspruch ist entscheidend für den Mini-Anwartschaftsbeitrag
und nicht die Anwartschaft für eine FAMI.

Du lagst vollkommen richtig.

Anderer Fall, damit Deine Fachabteilung es versteht.
Mann in Kasachstan.
Frau Beamtin und PKV versichert. Frau unter JAE-Einkommen.
Frau bekommt Kind.
Da muss das Kind doch auch versichert werden über den Mann
und gleichzeitig endet muss der Mann wieder die normalen Beiträge aus der BBG zahlen.

Verfasst: 05.09.2011, 08:37
von Swantje B.
Hallo heinrich,

dazu meint Fami bei uns: Solange die Frau nur ein Touristenvisum hat, ist schon die Grundvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht erfüllt.
§ 10 SGB V: (1) Versichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen
1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben
Das überzeugt mich immer noch nicht. Wäre das Mitglied in Deutschland und die Frau käme aus dem Ausland nach, würden wir schließlich für's Ausländeramt auch bescheinigen, dass "ab dem Zeitpunkt der Einreise grds. Anspruch auf Familienversicherung" (Standardformular der Ausländerbehörde) besteht.

Aus dem letzten Gespräch mit dem Kunden hatte ich übrigens noch entnommen, dass PKV wegen der Gesundheitsprüfung keine Option ist. Sie würde nicht aufgenommen. Die Reiseversicherung hat wohl nicht so genau nachgefragt (oder wurde belogen).

Gruß, Swantje

Verfasst: 05.09.2011, 21:07
von heinrich
Hallo Swantje,


dann habe ich die Frage evt. etwas falsch verstanden.

Ich hatte meine Antwort aus mitgliedschaftsrechtlicher Sicht des Mannes gegeben (Anwartschaftsbeitrag ist kein Ausschluss für eine FAMI).

Wenn jetzt keine FAMI besteht aus Gründen, die sich aus § 10 SGB V ergeben, dann möge Dein Fachbereich richtig liegen.

Da FAMI nicht "mein" Fachgebiet ist, halte ich mich an dieser Stelle dann lieber raus.

Verfasst: 06.09.2011, 08:38
von GerneKrankenVersichert
Ein Touristenvisum wäre für mich kein Ausschlussgrund für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes.
§ 30 SGB I
Geltungsbereich

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.


(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
So wie ich das verstanden habe, kommt sie zunächst mit einem Touristenvisum und hat vor, den Wohnsitz nach Deutschland zu verlegen, sobald sie von den Behörden den dauerhaften Aufenthaltstitel erhält. Wenn das kein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des SGB ist, dann weiß ich es auch nicht.