rechtswidrige Krankengeld-Beendigungen, unmögliches System !

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 04.02.2012, 11:39

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Bully
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Beitrag von Bully » 05.02.2012, 13:19

Machts Sinn hat geschrieben:
Auch nach Auffassung des BSG ist die Bewilligung von Krankengeld nicht nur abschnittsweise, sondern auch auf Dauer
und im Nachhinein

Schau mal hier


Krankengeld bei verspäteter Meldung der Arbeitsunfähigkeit
BSG-Urteil vom 8. 2. 2000 – B 1 KR 11/99 R
SGB V § 44 Abs. 1; SGB V § 48 Abs. 2; SGB V § 49 Abs. 1
Nr. 5
Die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten entfällt nicht
dadurch, dass er sich nach Beendigung seines bisherigen
Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos meldet und
der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt (Bestätigung
von BSG vom 15. 11. 1984 – 3 RK 21/83, BSGE 57/227
= SozR 2200 § 182 Nr. 96).
Hatte die Krankenkasse das Krankengeld zu Unrecht
wegen der Arbeitslosmeldung eingestellt, so kann sie
dem nachträglich erhobenen Leistungsbegehren nicht
entgegenhalten, der Versicherte habe das Fortbestehen
der Arbeitsunfähigkeit nicht i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 5
SGB V „gemeldet“ (Abgrenzung zu BSG vom
12. 11. 1985 – 3 RK 35/84 = SozR 2200 § 216 Nr.
Die Klägerin, die als Altenpflegerin tätig war, wurde im April 1993 wegen
eines Wirbelsäulenleidens krank geschrieben und erhielt Krankengeld.
Nachdem ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 31. 7. 1993
gekündigt hatte, weil sie den bisherigen Beruf aus gesundheitlichen
Gründen nicht mehr ausüben könne, meldete sie sich auf Anraten der
beklagten Krankenkasse ab 1. 8. 1993 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Die beklagte Krankenkasse stellte das Krankengeld zum 31. 7. 1993
ein. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe die
Klägerin trotz unveränderten Gesundheitszustands ab diesem Zeitpunkt
arbeitsfähig geschrieben, da sie nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses
und der Meldung beim Arbeitsamt auf andere, körperlich weniger
belastende Tätigkeiten verwiesen werden könne. Mehr als zwei
Jahre später, im Oktober 1995, wandte sich die Klägerin gegen die Zahlungseinstellung
und forderte die Beklagte auf, ihr für die Zeit vom 1. 8.
1993 bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen Krankengeld
unter Anrechnung des für dieselbe Zeit erhaltenen Arbeitslosengelds
nachzuzahlen.
Sie sei seinerzeit weiterhin arbeitsunfähig gewesen, denn
für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sei allein auf die zuletzt ausgeübte
Tätigkeit abzustellen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Klage (SG
Itzehoe) und Berufung (Schleswig-Holsteinisches LSG) blieben erfolglos.
Der 1. Senat hob die angefochtenen Bescheide und die
vorinstanzlichen Urteile auf und verurteilte die Beklagte
zur Gewährung des sog. Krankengeldspitzbetrags, also der
Differenz zwischen dem in der streitigen Zeit bezogenen
Arbeitslosengeld und dem (höheren) Krankengeld.
Die
Arbeitsunfähigkeit der Klägerin als Voraussetzung des
Krankengeldanspruchs sei durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
als Altenpflegerin und die Meldung
beim Arbeitsamt am 31. 7. 1993 nicht beseitigt worden.
Arbeitsunfähig sei ein Versicherter, solange er die zuletzt
ausgeübte bzw. eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit
nicht (mehr) verrichten könne. Eine Verweisung auf gesundheitlich
zumutbare Arbeiten außerhalb des bisherigen
Berufsbereichs, wie in der Rentenversicherung, komme
nicht in Betracht. Daran ändere sich auch dann nichts,
wenn sich der Betreffende arbeitslos melde und dadurch zu
erkennen gebe, dass er zu einer beruflichen Neuorientierung
bereit sei. Da die Klägerin wegen ihrer Wirbelsäulenerkrankung
als Altenpflegerin oder in einem ähnlichen
Beruf auf Dauer nicht mehr habe arbeiten können, sei sie
weiterhin arbeitsunfähig gewesen. Die Leistung könne
nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der Krankengeldanspruch
habe in der streitigen Zeit geruht, weil der
Krankenkasse das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit
über den 31. 7. 1993 hinaus nicht gemeldet worden sei.
Der Senat ließ offen, ob ein Versicherter, wie das LSG
unter Hinweis auf früherer Rechtsprechung des BSG gemeint
hatte, seinen Krankengeldanspruch dadurch verliert,
dass er einer fehlerhaften medizinischen Beurteilung seines
behandelnden Arztes oder des Medizinischen Dienstes
der Krankenversicherung nicht widerspreche und deshalb
zu Unrecht für arbeitsfähig gehalten werde. Dafür sei jedenfalls
kein Raum, wenn die unrichtige Feststellung der
Arbeitsfähigkeit wie im vorliegenden Fall nicht auf einer
medizinischen, sondern auf einer rechtlichen Fehleinschätzung
beruhe. Da diese zweifelsfrei dem Verantwortungsbereich
der Krankenkasse zuzuordnen sei, sei es nicht gerechtfertigt,
das Risiko eines Rechtsverlustes durch die
unterbliebene oder verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsmeldung
gleichwohl dem Versicherten aufzubürden.

Gruß Bully

Alius
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Beitrag von Alius » 07.02.2012, 14:49

Hallo zusammen,

nur zur allgemeinen Information teile ich mit, dass sowohl ein Antrag auf EA an das SG unterwegs ist, als auch Anträge nach §43 SGB I bei KK und AA gestellt wurden.

Ich werde weiter berichten...

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 07.02.2012, 22:13

Viel Glück alles Gute.

Alius
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Beitrag von Alius » 08.02.2012, 22:54

Hallo zusammen,

das SG hat den Eingang des Antrags auf EA bestätigt und nun aufgefordert

- eine Entbindung von der sozialrechtlichen Geheimhaltungspflicht
- eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht

zu unterzeichnen (1 Vordruck)

sowie

eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben.

Irgendwelche Erfahrungen, Ideen oder Kommentare dazu?

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 09.02.2012, 00:29

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Alius
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Beitrag von Alius » 09.02.2012, 02:08

Hallo Macht's Sinn,

ja, habe die Sache so ähnlich eingeschätzt, wie du.

Habe mich nur gefragt, ob die angeforderte Erklärung zu den Einkünften nicht ein Hinweis darauf ist, dass eine Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren angedacht ist...

leser
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Beitrag von leser » 09.02.2012, 02:39

"Angedacht" nicht unbedingt, aber geprüft wird

Vielleicht bringt euch das noch etwas Licht in den Pa­ra­gra­fen­dschun­gel
  • rechtslupe.de/sozialrecht/einstweiliger-rechtsschutz-beim-krankengeld-325528

Machts Sinn

Unrechtsbeschluss des LSG BW hilft nicht bei Orientierung

Beitrag von Machts Sinn » 09.02.2012, 13:40

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Alius
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Beitrag von Alius » 10.02.2012, 00:13

Hallo zusammen,

zunächst wieder einmal besten Dank für eure Mühe.
Tja, das Papier kam natürlich von der Geschäftsstelle, wenn auch "auf richterliche Anordnung". Aber das heisst nun nicht, dass der Richter etwas gesichtet und draufhin angeordnet hat...

Habe den Tag mit dem Ausfüllen des Formulars und kopieren der umfangreichen notwendigen Unterlagen verbracht. Hatte zwar nicht im Sinn, Prozesskostenhilfe zu beantragen, aber wenn es mir schon angetragen wird...

Tatsächlich hat sich mein SB der KK heute erbarmt, mir den Eingang des per Email vorab zugesandten Antrags nach § 43 SGB I zu bestätigen. Es fällt auf, dass die Tonlage sich etwas in Richtung unfreundlich verändert hat, insbesondere fehlt der Schlussatz, dass ich mich bei Fragen gerne an meinen SB wenden könne.

Könnte sein, dass die Rechtsaufsicht inzwischen mitmischt und der SB zu der Erkenntnis gelangt ist, dass ich mich bei Fragen gar nicht an ihn wenden will. :)

Hinsichtlich des Beschlusses des LSG Baden-Württemberg kann ich mich der Rechtsauffassung von Macht's Sinn nur anschließen, handelt es sich doch beim Krankengeld offensichtlich um eine existenziell bedeutsame Leistung, wenn AU vorliegt oder streitig ist.

Womöglich hat der Kläger den Fehler gemacht - oder wurde dazu verleitet - bei seinem Antrag auf ALG "arbeitsfähigkeit" anzugeben. Womöglich hat er auch nur eine ökonomische Entscheidung zur Überbrückung der Zeit bis zur Rente getroffen.
Anders ist der Bezug von ALG kaum zu erklären.

Das könnte auch den Beschluss des LSG BW erklären, auch wenn die Begründung einer Prüfung kaum standhalten kann. Offensichtlich hat der Kläger aber auch auf eine sofortige Beschwerde oder sonstige Rechtsmittel verzichtet, anderenfalls dieser Beschluss kaum so zeitnah hätte rechtswirksam werden können.

Ist natürlich blöde, dass damit einem mindestens sehr wunderlichen Beschluss zur Bestandskraft verholfen wurde, an dem sich nachfolgende Kläger in ähnlicher Sache die Zähne ausbeißen könnten.

Edit (NS.):
Wundert mich aber alles nicht, denn erfahrungsgemäß kann sich durch einen Richterwechsel in einem nahezu entscheidungsreifen Verfahren die Ansicht des Gerichts noch um 180 Grad drehen. Schon mehrfach erlebt.
Zum Glück war ich immer nur Parteienvertreter.

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 10.02.2012, 14:30

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broemmel
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Beitrag von broemmel » 10.02.2012, 14:50

Ich würde ja eher mal behaupten das das Gericht prüft ob eine existentiell bedrohliche Situation vorliegt.

Und das ist nun mal von dem finanziellen Status des Betroffenen abhängig und zu prüfen.

Denn ein Lottomillionär hat sicher einen anderen Status als jemand der keine anderen Einnahmen oder einen anderen finanziellen Hintergrund hat.

Und wenn solche Verfahren vorgezogen werden sollte man immer bedenken das dadurch andere Anliegen die gerichtlich geklärt werden sollen zurückgestellt werden.

Machts Sinn

Beitrag von Machts Sinn » 13.02.2012, 15:23

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broemmel
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Beitrag von broemmel » 13.02.2012, 15:32

Tunnelblick würde ich sagen.

Noch einmal im Klartext meine Überlegung.

Das Gericht fordert Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ab, um zu prüfen in welchem Masse ein Eilverfahren gerechtvertigt ist.

Das bei Machts Sinn alles ein Eilverfahren in dem Bereich ist und selbstverständlich umgehend entschieden werden muss ist mir auch klar. :lol:

leser
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Beitrag von leser » 14.02.2012, 01:24

Machts Sinn hat geschrieben:Das hat bisher allerdings kein Gericht gemacht – auch nicht BSG (was diesem als reine Rechtsinstanz evtl. nachzusehen ist). Wieso eigentlich – systematische Rechtsverweigerung? Ein entscheidender Unterschied von Krankengeld und beispielsweise Arbeitslosengeld – wo der Dauerverwaltungsakt immer eindeutig war - ist jedenfalls nicht erkennbar. Während es beim Krankengeld auf die weitere Arbeitsunfähigkeit ankommt, ist für das Arbeitslosengeld die weitere Arbeitslosigkeit bedeutend. Wo ist der entscheidende Unterschied.
Ganz einfach, der Unterschied liegt in § 127 SGB III und § 48 SGB V. Während für das ALG ein Anspruch z.B. im Normalfall für 12 Monate besteht, wird Krankengeld vom Grundsatz ohne zeitliche Begrenzung gewährt. Die Arbeitslosigkeit wird mit der Meldung des Arbeitslosen festgestellt. Wie willst Du auch Deine Arbeitslosigkeit - geschweige denn regelmäßig - nachweisen?
Also wird die Leistung grundsätzlich gewährt und ruht lediglich mit Verhängung einer Sperrzeit, wenn man seinen Verpflichtungen nicht nachkommt (§ 144 SGB III).

Bei Krankengeld ist es anders, der Anspruchbesteht so lange, wie die Arbeitsunfähigkeit besteht (längstens jedoch 78 Wochen). Besteht keine Arbeitsunfähigkeit, besteht auch kein Anspruch auf Krankengeld. Theoretisch könntest Du also 3 Jahre später die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für diese Zeit bei Deiner Krankenkasse einreichen und hättest im Prinzip Anspruch Krankengeld ab Tag nach ärztlicher Feststellung. Jetzt kommt der Haken, Du weißt schon... :wink: Auch beim Krankengeld gibt es ein Ruhen des Anspruchs (§ 49 SGB V)
Eine denkbare andere Variante wäre aber, wenn mit dem Eintritt von Arbeitsfähigkeit nicht mehr zu rechnen ist, dass die Krankenkasse monatlich das Krankengeld zahlt und auf weitere / zusätzliche Nachweise verzichtet, also einen Dauerbescheid erlässt. Was aber, wie schon bereits erwähnt, mehr als äußerst selten vorkommt, da sich z.B. der Beurteilungsmaßstab der Arbeitsunfähigkeit ändern kann.

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