Vertragsarzt der GKV nimmt keine Patienten mehr an

Welche Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?

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Netti
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Vertragsarzt der GKV nimmt keine Patienten mehr an

Beitrag von Netti » 20.05.2013, 13:30

Folgendes: Anrufbeantworter eines Dermatologen: Guten Tag, Sie sind mit der Praxis X verbunden. Wir nehmen keine Patienten mehr an, es sei denn privat Versicherte oder gesetzl. Versicherte Selbszahler. Auf Wiederhören..


Ist das so gestattet?

Eigentlich muss doch ein GKV-Vertragsarzt auch Behandlungen für alle anbieten oder?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 20.05.2013, 14:52

Hallo,
nein, muss er nicht - wenn er keine Termine frei hat, dann hat er keine - es kann das frei bestimmen. Gilt allerdings nur für normale Behandlungen, nicht für Notfälle.
Kommt leider in letzter Zeit schon mal vor ist aber auch nicht die Regel.
Gruss
Czauderna

vlac
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Beitrag von vlac » 20.05.2013, 15:52

Hallo,

leider ist das grundsätzlich erlaubt, und es passiert sogar recht häufig, auch wenn es nicht die Regel ist.

Einen Notfall, also einen nach allgemeiner Lebensanschauung akut besorgniserregenden oder starke Schmerzen verursachenden Zustand, muss der Arzt untersuchen, um dann gegebenenfalls weitere Maßnahmen einzuleiten. Dabei darf er Patienten, die zu erkennen geben, dass sie gesetzlich krankenversichert sind, auch nicht dazu drängen, die Untersuchung und Behandlung nach privatärztlichen Maßstäben selbst zu bezahlen, wenn es sich bei ihm um einen Vertragsarzt handelt.

Bei geplanten Arztbesuchen liegt so gut wie immer kein Notfall vor, und damit kann der Arzt grundsätzlich die Behandlung ablehnen. Er kann auch bei Kassenpatienten Selbstzahlung einfordern, und darf die Behandlung ablehnen, wenn der Patient auf Abrechnung "über Karte" besteht. Soweit die reine Lehre.

Denn: Ein Streitfall ist es, wenn ein Arzt eine Monopolstellung hat, und diese Monopolstellung ausnutzt, um Patienten zur Selbstzahlung zu drängen - sie haben dann ja nicht ohne weiteres die Möglichkeit, zu einem anderen Arzt der gleichen Fachrichtung zu gehen.

Ein solches Vorgehen ist auf mehreren Ebenen problematisch: Zunächst einmal muss man sich das so vorstellen, dass die Republik in sogenannte "Planungsbereiche" aufgeteilt ist, die wiederum einer Bedarfsplanung durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung unterliegen. Auf einer Briefmarke zusammen gefasst, legt die Bedarfsplanung fest, wie viele Ärzte einer bestimmten Fachrichtung in einem Planungsbereich gebraucht werden, wobei dabei auch die Siedlungsstruktur in einem Planungsbereich berücksichtigt wird. Auf Grund dieser Planungsbereiche wird dann fest gestellt, ob in diesem Gebiet eine Über- oder Unterversorgung herrscht. Neue Zulassungen werden nur so lange vergeben, bis zu einem Stichtag eine Überversorgung fest gestellt wird.

Womit ich, nach langer Rede, zum ersten Problem komme: Auf Grund des eingangs beschriebenen Handelns kann es in einem Planungsbereich zu einer tatsächlichen Unterversorgung kommen, obwohl gemäß der Bedarfsplanung sogar eine Überversorgung besteht. Denn: In diese Planung fließen alle Ärzte einer Richtung ein, die eine kassenärztliche Zulassung haben und damit mit dem GKV-System abrechnen dürfen. Hören sie allerdings auf, dies zu tun, obwohl sie es eigentlich dürften, dann fliegen sie nicht automatisch wieder aus der Planung raus.

Ein Beispiel dafür sind Neurologen in einer kleineren Großstadt im Rhein-Main-Gebiet: Hier herrscht auf dem Papier Überversorgung. Allerdings haben gleich zwei Praxisgemeinschaften aufgehört, "auf Karte" zu behandeln, mit dem Ergebnis, dass nun eine extreme Unterversorgung entstanden ist, und die Patienten damit die Bedarfsplanung in den benachbarten Planungsbereichen zum Einstürzen bringen.

Wenn das so gemacht wird, dann geschieht das meist aus einem von zwei Gründen: um Druck auszuüben. Oder weil die betreffenden Ärzte darauf hoffen, sich durch die rein privatärztliche Behandlung wirtschaftlich bessser stellen zu können.

Beides ist ein Risiko: Die Patienten bekommen es mit, wenn sie als politisches Instrument missbraucht werden; der Arzt, der so handelt, hat schnell einen miesen Ruf weg.

Und auch aus wirtschaftlicher Sicht kann es ein Reinfall werden. Im GKV-System wird zwar nicht viel gezahlt, und die Regelmentierung ist groß, was viele Ärzte frustriert, aber es ist ein System, dass es vielen Menschen erlaubt, ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Situation zum Arzt zu gehen, und damit auch eine Vielzahl von kleinen Summen in die Kasse spült, die zudem auch noch regelmäßig fließen. Es ist ein System, mit dem man rechnen kann.

Bei der privatärztlichen Abrechnung hingegen hat man das Problem, dass es zum einen vergleichsweise wenige Patienten gibt, die dazu bereit sind, selbst zu bezahlen, oder die privat versichert sind, und die sich zudem auch noch regional ausgesprochen unterschiedlich verteilen.

So gab es vor Kurzem eine Phase, in der Ärzte mit großem Hall ankündigten, nur noch privat zu behandeln, weil sie, so deren Begründung, vom GKV-System nicht leben können. Mittlerweile ist diese Phase vorbei, weil eine ganze Reihe dieser Ärzte lernen mussten, dass sie falsch kalkuliert haben: Es mag bei einem oder zwei Ärzten mit einem guten Ruf, und in einer Region mit einer ausreichend großen Zahl an zur Selbstzahlung bereiten oder privat versicherten Patienten funktionieren. Doch die Zahl dieser Patienten ist selbst im allerbesten Fall begrenzt, und damit auch die Zahlen der Praxen, die mit dieser Vorgehensweise überleben können.

Netti
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Beitrag von Netti » 20.05.2013, 16:56

Hier im Umkreis von ca.75 km liegt definitiv eine Unterversorgung mit Dermatologen vor.

Notallmàssig haben die wohl nicht hnbedingt viel mit Patienten zu tun...

m.E. müsste die KV diesem Arzt den Vertrag kündigen....der wll ja keine GKV-Patienten,somit muss er sich auch nicht mit den GKV-Kunden abgeben......

Poet
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Beitrag von Poet » 20.05.2013, 20:46

@Netti: Die Kassenärztliche Vereinigung sieht es auch nicht gerne, wenn Kassen-Ärzte so etwas derart nach außen deklarieren...

Gib der KV doch mal den Tipp, dass sie mal anonym anrufen.

Netti
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Beitrag von Netti » 20.05.2013, 21:57

Gute Idee....

Danke..hätte ich auch selbst drauf kommen können...

im übrigen..wie blöd ist denn die praxis-Verwaltung? wenn man dort anruft, auch als privat-Patient, kann man ja eh keinen Termin machen, weil die Ansage läuft und kein Gespräch entgegen genommen wird...

wie schlau...

Poet
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Beitrag von Poet » 20.05.2013, 22:20

@Netti: Übrigens stößt derart selektives Vorgehen auch privat Versicherte oder Selbstzahler auf.

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