Hunderttausendfach negative Bescheide für Krankenversicherte

Welche Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?

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Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 20.08.2013, 22:42

Hallo,
Was noch seh wichtig ist zu schreiben - wir reden hier von Negativbescheiden von Krankenkassen aufgrund der Beurteilung des MDK und davon, dass es hier , je nach Sachgebiet mehr oder weniger hohe % Zahlen der Ablehnungen der Gesamtfälle gibt. Wir reden hier keinesfalls von Verhaltensformen einzelner Kassen, die mit teilweise widerrechtlichen Methoden Versicherte um ihr Recht bringen bzw. Fahrlässig Versicherte in eine benachteiligte Lage bringen. Das Ablehnungen keine Einzelfälle sind, das wird nicht bestritten, aber nur wenn es um nachvollziehbares Verwaltungshandeln geht.
Sollte es sich aber herausstellen, dass eine Institution wie der MDK sich an Vorgaben orientiert, die mit Einsparung von Kosten der Krankenkassen zu tun haben, dann beginne ich auch nachdenklich zu werden.
Gruss
Czauderna

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 21.08.2013, 00:53

roemer70 hat geschrieben:Hallo KKA,

das "haarsträubend" kann ich manchmal nachvollziehen, wenn ich die Versichertenseite sehr gut kenne.
Häufig ist hier aber das Problem, dass die vorgelegten ärztlichen Unterlagen wenig aussagekräftig oder sogar nichtssagend sind, so dass ein Mediziner des MDK zu gar keiner anderen Einschätzung kommen kann.

Nach daraus resultierender Ablehnung werden auf einmal doch umfangreiche Atteste geschrieben und die Leistung bewilligt.

Schuld aus Sicht der Versicherten bleiben trotzdem MDK und KK...

@ all:
Ein ebenfalls lesenswerter Kommentar zu dem Thema:
shz.de/artikel/artikel/kontrolle-muss-sein.html

Gruß
roemer70
Wahlkrampfgetöse für die PKV?

Lohnbuchhalter
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Beitrag von Lohnbuchhalter » 21.08.2013, 11:32

Hallo,

aus meiner Sicht muss Kontrolle sein. Wir zahlen monatlich alle unsere Beiträge (zumindest fast alle) und finanzieren somit alle das Gesundheitssystem und wollen dementsprechend auch im Leistungsfall versorgt werden. Dies soll auch in Zukunft so bleiben. Ich als Lohnbuchhalter sehe im Monat viele von den gelben Zetteln und kenne meine Pappenheimer und scheue mich auch nicht davor zurück bei der Krankenkasse anzurufen, dass der MDK zur Begutachtung eingeschalten wird. Meiner Meinung nach ist der MDK in vielen Fällen hier zu großzügig - dies ist allerdings nicht so presse-wirksam.

KKA
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Beitrag von KKA » 21.08.2013, 14:48

Lohnbuchhalter hat geschrieben:Hallo,

aus meiner Sicht muss Kontrolle sein. Wir zahlen monatlich alle unsere Beiträge (zumindest fast alle) und finanzieren somit alle das Gesundheitssystem und wollen dementsprechend auch im Leistungsfall versorgt werden. Dies soll auch in Zukunft so bleiben. Ich als Lohnbuchhalter sehe im Monat viele von den gelben Zetteln und kenne meine Pappenheimer und scheue mich auch nicht davor zurück bei der Krankenkasse anzurufen, dass der MDK zur Begutachtung eingeschalten wird. Meiner Meinung nach ist der MDK in vielen Fällen hier zu großzügig - dies ist allerdings nicht so presse-wirksam.
Das Kontrollfunktionen zum System gehören müssen, ist wohl selbstredend.

Aber, nach welchen nachweisbaren Kriterien begutachtet der MDK die 'vielen Fälle' zu großzügig? Kennst du die Krankenakte deiner 'Pappenheimer', bist du gar Mediziner, oder generierst du deine Meinung aus dir nicht vorliegenden Krankenakten? Ich vermute letzteres ist zutreffend.
Natürlich gibt es 'die Pappenheimer', im Übrigen in allen Gesellschaftsschichten, welche den Staat, also uns alle, nach Strich und Faden besch......!

Deine These ist nicht nur unhaltbar, sie ist simpel gestrickt und polimisiert unnötig.

Gruss
KKA

broemmel
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Beitrag von broemmel » 21.08.2013, 16:40

[quote="KKA]
Das Kontrollfunktionen zum System gehören müssen, ist wohl selbstredend.

[/quote]

Na das ist doch mal eine Aussage. Ist Dir denn auch bewusst das diese Kontrollfunktion dazu führen kann das Leistungen nicht bewilligt werden oder auch eingestellt werden (siehe Krankengeld).

Bisher hatte ich aus den Beiträgen den Eindruck das jede Prüffunktion die dazu führt das Leistungen nicht bewilligt werden verdammt werden.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 21.08.2013, 16:54

Hallo,
Es ist eben schwierig - auf der einen Seite wird Kontrolle gefordert und auf der anderen Seite verdammt wenn die Ergebnisse nicht passen.
Das Kontrollorgan wird in Frage gestellt, hier aktuell der MDK.
Wer überwacht die Wächter ?
Mittlerweile ist es schon Zur Gewohnheit geworden sogar BSG oder Bundesverfassungsgericht in Frage zu stellen. - wer überwacht die Wächter ?
Gruss
Czauderna

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 21.08.2013, 17:44

CiceroOWL hat geschrieben:Wahlkrampfgetöse für die PKV?
Die derzeitige Diskussion? Nee, eher ein unglückliche lanciertes Studienergebnis. :wink:

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 21.08.2013, 20:35

roemer70 hat geschrieben:
CiceroOWL hat geschrieben:Wahlkrampfgetöse für die PKV?
Die derzeitige Diskussion? Nee, eher ein unglückliche lanciertes Studienergebnis. :wink:
ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_3/krankenkassen179.html

zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1965076/Wie-gut-ist-unser-Gesundheitssystem%253F#/beitrag/video/1965076/Wie-gut-ist-unser-Gesundheitssystem%3F

fr-online.de/tv-kritik/-wie-gut-ist-unser-gesundheitssystem----zdf--gegen-gier-helfen--keine-pillen,1473344,24072022.html

heute.de/Kassen-lehnen-Leistungen-oft-ab-29363444.html

Wenn ich mich nicht ganz täusche kommen da aber gehäuft ein paar Bericht von wichtigen Meinungsmachern zusammen, es fällt auch öfters das Wort von gut gefüllten Kassen der Kassen. Besonders lustig ist da Herr Bahr der fordert die Kassen sollten alles / fast alles zahlen.. Hm irgendwie stinkt das wieder...

KKA
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Beitrag von KKA » 21.08.2013, 23:59

broemmel hat geschrieben:[quote="KKA]
Das Kontrollfunktionen zum System gehören müssen, ist wohl selbstredend.
Na das ist doch mal eine Aussage. Ist Dir denn auch bewusst das diese Kontrollfunktion dazu führen kann das Leistungen nicht bewilligt werden oder auch eingestellt werden (siehe Krankengeld).

Bisher hatte ich aus den Beiträgen den Eindruck das jede Prüffunktion die dazu führt das Leistungen nicht bewilligt werden verdammt werden.
[/quote]

Ich habe die Gutachterfunktion des MDK als solche nicht infrage gestellt. Allerdings bewerte ich die zahlenmäßig stets steigenden ferndiagnostischen Begutachtungen ('nach Aktenlage') zu Lasten des Versicherten bei gleichzeitiger Krankschreibung durch einen (behandelnden) Facharzt als 'verdammungsfähiges' Kostensenkungsinstrument. Willkür ist eine andere Bezeichnung dafür.
Oder verfügen die 'Schreibtischmediziner' im Falle psychischer Erkrankungen über hellseherische Fähigkeiten?

Gruss
KKA

derKVProfi

Beitrag von derKVProfi » 22.08.2013, 01:00

@ KKA, diese kritik ist berechtigt! Hier ist eine Angriffsfläche, die nicht gut ist! Wenn Menschen am Schreibtisch "gesund" bzw. "arbeitsfähig" geschrieben werden, dann ist das kritisch. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben!

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 22.08.2013, 08:36

Hallo,
Grundsätzlich kann ich dem zustimmen, Arbeitsfähigkeit vom Schreibtisch aus, das ist eigentlich unlogisch. Trotzdem muss man dabei berücksichtigen dass es in einer Vielzahl von Fällen einfach aus der Sicht des MDK. Nicht notwendig ist, den Patienten selbst zu sehen, ihn zu untersuchen oder mit ihm zu sprechen. Es reichen dann die Befundberichte der Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen. Leider ist es oft aber so, dass diese Unterlagen entweder nicht klar und deutlich sind oder eben auch nicht aktuell. hinzu kommt natürlich auch noch die Tatsache, dass es eben logistisch nicht möglich ist, jedem Gutachten oder jeder Stellungnahme eine körperliche Untersuchung voranzustellen. Aber, und dazu stehe ich, mindestens beim Widerspruch dürfte es ohne pers. Vorladung nicht mehr weitergehen.
Gruss
Czauderna

broemmel
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Beitrag von broemmel » 22.08.2013, 08:39

derKVProfi hat geschrieben:@ KKA, diese kritik ist berechtigt! Hier ist eine Angriffsfläche, die nicht gut ist! Wenn Menschen am Schreibtisch "gesund" bzw. "arbeitsfähig" geschrieben werden, dann ist das kritisch. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben!
Das ist aus meiner Sicht zu einseitig gedacht.

Die Frage ist, aufgrund welcher Datenlage eine Entscheidung getroffen wird.

Und da ist zum einen der MDK gefordert. Der muss sagen was für Unterlagen er benötigt, um eine Entscheidung zu treffen. Und das wird ja in der Regel auf gemacht. Da werden weitergehende Berichte angefordert.

Und zum anderen ist der behandelnde Arzt gefordert. Der erhält eigentlich immer bevor Unterlagen zum MDK gehen entsprechende Arztanfragen. Da kann der Arzt angeben aus welchen Gründen weiter AU vorliegt.

Wenn man Kritik äussert muss man die Sachlage auch aus allen Blickwinkeln betrachten. Alle Fehlerquellen müssen herangezogen werden und diese Überlegungen werden hier öfters ausser Acht gelassen.

KKA
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Beitrag von KKA » 22.08.2013, 15:59

Czauderna hat geschrieben:Hallo,
Grundsätzlich kann ich dem zustimmen, Arbeitsfähigkeit vom Schreibtisch aus, das ist eigentlich unlogisch. Trotzdem muss man dabei berücksichtigen dass es in einer Vielzahl von Fällen einfach aus der Sicht des MDK. Nicht notwendig ist, den Patienten selbst zu sehen, ihn zu untersuchen oder mit ihm zu sprechen. Es reichen dann die Befundberichte der Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen. Leider ist es oft aber so, dass diese Unterlagen entweder nicht klar und deutlich sind oder eben auch nicht aktuell. hinzu kommt natürlich auch noch die Tatsache, dass es eben logistisch nicht möglich ist, jedem Gutachten oder jeder Stellungnahme eine körperliche Untersuchung voranzustellen. Aber, und dazu stehe ich, mindestens beim Widerspruch dürfte es ohne pers. Vorladung nicht mehr weitergehen.
Gruss
Czauderna
Hallo Günter,

ein Beispiel:

Ich habe zu meinem Reha Entlassungsbericht eine Korrektur eingefordert...und erhalten.

Bezeichnend ist, dass die im Bericht auf Seite 1 festgestellte 'vollschichtige Erwerbsfähigkeit' (bei bestehender AU)grundsätzlich (!!) eine generelle (!!) Prognose mit einer Gültigkeit von 6 Monaten (ich nenne es mal 'mindestens haltbar bis... :D ) belegt ist. Dass Leistungsträger wie KK, AfA und DRV sich dieser Prognose nur zu gerne anschließen und deren Medizinische Dienste zum gegebenen Zeitpunkt bemühen, ist zwar nachvollziehbar, aber aus meiner Sicht juristisch nicht haltbar.

Diese Form prognostischer Validität könnte m.E. produktiver und unter Einbezug der behandelnden Ärzte kommuniziert werden. Z.B. 'vollschichtig erwerbsfähig, vorbehaltlich zeitnaher, fachärztlicher Diagnosestellung'. Ein simples Wort (vorbehaltlich), plus Hinweis auf die generelle 6 Monatsprognose und schon wäre der anderenfalls verunsicherte Versicherte :) korrekt informiert.

Gruss
KKA

Poet
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Beitrag von Poet » 22.08.2013, 22:13

KKA hat geschrieben: Allerdings bewerte ich die zahlenmäßig stets steigenden ferndiagnostischen Begutachtungen ('nach Aktenlage') zu Lasten des Versicherten bei gleichzeitiger Krankschreibung durch einen (behandelnden) Facharzt als 'verdammungsfähiges' Kostensenkungsinstrument. Willkür ist eine andere Bezeichnung dafür.
Oder verfügen die 'Schreibtischmediziner' im Falle psychischer Erkrankungen über hellseherische Fähigkeiten?
Gruss
KKA
@KKA: Der MdK interessiert sich nicht die Bohne für die Kostensituation der beauftragenden Kassen. Der zahlenmäßige Anstieg kann noch eine viel einfachere Begründung haben...glaubt man den Jahresberichten einzelner großer Kassen, dann sind die Ausgaben für KRG erheblich gestiegen weil es viel mehr KRG-Fälle gibt. Der MdK ist schlicht und ergreifend personell aktuell nicht in der Lage jeden Fall face to face zu begutachten. Aber auch bei persönlichen Gutachten wird es Fehl-Einschätzungen und Einschätzungen geben, die dem Versicherten nicht gefallen. Der MdK ist dem behandelnden Arzt in einer Sache überlegen (der Job ist übrigens schei... bezahlt): Er ist nicht auf DEN "Kunden" angewiesen.

Dass die Weitergabe von KRG-Fällen durch die Kassen an den MdK ein Steuerungsinstrument der Kassen ist (und ganz sicher kein schönes...), ich denke da sind wir uns einig. Aber wie ich schon sagte: 84% der Fälle gehen dennoch positiv für den Versicherten aus.

KKA
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Beitrag von KKA » 23.08.2013, 11:23

.....84% der Fälle gehen dennoch positiv für den Versicherten aus.
...und damit 16% Negativfälle. Jeder einzelne, und es sind hundertausende, ist einer zuviel, selbst dann, wenn man eine (statistisch unbekannte) Fehlerquote herauszieht.

Aber wir weichen vom eigentlichen Thema ab. Es geht in erster Linie auch nicht um die Rolle des MDK ('dem schwarzen Peter'), sondern das Agieren der KK wurde beleuchtet und hinterfragt.
Dem Bericht zufolge beauftragen die KK den MDK indirekt, vermehrt im Sinne kostenreduzierender Maßnahmen tätig zu werden. Es sind die unverschämten Anrufe von Sofas bei kranken Menschen, welche nur den Zweck des Drängens auf rasche Gesundschreibung erfüllen, die der öffentlichen Aufmerksamkeit bedürfen. Es geht um Aufklärung für den Patienten und Stärkung dessen Selbstbewusstseins, sowie dringend notwendigen Änderungsbedarf den Verantwortlichen anheim zu stellen.

Der Bericht dient im Gegensatz zum Kommentar auf shz.de/kontrolle-muss-sein nicht der Bagatellisierung dieser Fälle. Niemand wird in Abrede stellen, dass das KRG System von 'Scheinkranken' mit ärztliche 'Unterstützung' ausgenutzt wird und/oder die Erwartungshaltung einiger Versicherter Realitätsferne beweist. Der KV-Profi erwähnte an anderer Stelle völlig richtig, dass dies auf mangelnde Kommunikation seitens der GKV/PKV zurückzuführen ist.

Nicht zielführend ist statistische Wuselei, wenn z.B die Fallzahl in den Vergleich mit der Anzahl aller Versicherten gestellt wird (Promillewerte). Oder im Gegenzug tatsächliche oder vermeintliche Betrugsfälle in den Vordergrund geschoben werden.

Es geht um Beendigung von Willkür und um Patientenrechte! Und aus meiner Sicht um einen Anstoss zu überfälligen Reformen des Gesundheitswesens in Deutschland.



Gruss
KKA

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