Bürgerversicherung

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roemer70
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Beitrag von roemer70 » 27.05.2014, 20:24

KKA, zur Kritikresistenz empfehle ich Dir den vorletzten Absatz aus Poets Beitrag. Allerdings sollte die Kritik auch richtig sitzen. Und Gegenargumente dürfen auch nicht einfach mit Festhalten am Bestehenden abgetan werden. Das ist zu einfach und (gerade hier) häufig falsch. Denn gerade hier engagierte KK-Mitarbeiter zeigen deutlich mehr als 08/15-Einsatz, informieren sich über Zustände und Möglichkeiten und überdenken Ansätze.

Zudem: Wer mehr als nur eine kleine Gruppe in diesem Forum von etwas überzeugen möchte (ich vermute, dass unsere Beiträge kaum den Weg ins BMG finden dürften), kommt um politische Aktivität außerhalb dieser Bits und Bytes nicht herum. Ob Petition, Briefe an Abgeordnete, Interessensverbände etc. - wer etwas im Großen bewegen will, sollte sich nicht nur hier tummeln. Und muss auch diese Aussage gelten lassen.

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 27.05.2014, 23:44

Sorry für die Verspätung, war heute ein langer Tag.
Hab Euch verstanden. Fragen mögt Ihr nicht gestellt bekommen. Ist auch natürlich, denn dann müßte man ja selbst eine Antwort geben und für diese dann Verantwortung übernehmen.
Und das war gerade das Zauberwort. - Verantwortung!
Ich frage jetzt nicht mehr, damits etwas schneller geht (höchstens rhetorisch), sondern setze meine Meinung/Erfahrung mal als auch die Eure voraus.
Unser Gesundheitssystem hat die Menschen zur Verantwortungslosigkeit, Ignoranz und "Man-nehme-Gesellschafter" erzogen: Wenige denken über gesundheitsbewusstes und damit solidarisches Verhalten nach, obwohl viele es wissen. Was meint Ihr wieviele Patienten ich gefragt habe, ob sie wüssten für welchen Eurobetrag sie gleich in der Apotheke Medikamente abholen, wieviel meine, für sie aufgeopferte Zeit die Solidargemeinschaft denn kostet, ob sie sich vorstellen können woher ihre Rückenschmerzen kommen (bei >100kg Körpergewicht), warum sie dauernd Kopfschmerzen haben, warum sie bei schlecht eingestelltem Diabetes eine Polyneuropathie haben, warum, warum, warum ... (dieses Forum würde platzen wenn ich fortführe - und Ihr natürlich auch).
Der Patient sitzt vor mir und äußert sinngemäß: Dr. du hast studiert, ich nix Ahnung, du machen, egal wie (und wieviel das kostet, mich kostet es jedenfalls nix). Und wenn du das nicht hinbekommst - wir Menschen können ja alles, wir fliegen schließlich auch zum Mond - dann verklag ich dich. Denn du, und nur du bist Schuld.
Zugegeben, das war jetzt schwarz/weiß, aber ich kenne sehr, sehr viele Beispiele, die genau dieses schwarz/weiß belegen.
Fassen wir jetzt zusammen:
1. Die Solidargemeinschaft bringt unter viel Jammern und Wehklagen über das System genügend Geld für alle zusammen ("alle" habe ich bereits zuvor aufgelistet: Leistungserbringer, Pharma, Med-Technik, Krankenhäuser, Kurkliniken, Systemverwaltung, u.u.u.)
2. Der Patient hat i.G.u.G. KEINE AHNUNG, was die Inanspruchnahme wirklich kostet, da eine PLASTIKKARTE ihm sagt: "ALLES UMSONST"
3. Letzterer wälzt (zunehmend auch unter Zuhilfenahme von "Rechtsbeiständen") die komplette Verantwortung auf die Leistungserbringer ab.
4. Die Industrie steuert medien- und werbetaktisch ihre Verkaufs-/Rezeptzahlen in schwindel- und oft völlig ungesundheitszuträgliche Höhen (heute weiß doch kaum noch einer wie es ihm geht, wenn er nicht sein Blutbild gemessen bekommt - in sich reinhören, sein Körpergefühl empfinden? - das gibt es heute nicht mehr).
- Ich bin übrigens keinn Esoteriker, kein Globuliverteiler oder Akupunkteur, ich bin knallharter Naturwissenschaftler, der diesen ganzen Hokuspokus verabscheut - obwohl, man muss bestimmten Dingen (auch wenn nicht vom G-BA "kassenzugelassen") ihren Stellenwert lassen, denn viele Menschen erreicht man über die Einbildung (zu letzterer könnte ich Euch auch einen großen Vortrag halten).
5. Alle im System sind Egoisten (muß nicht negativ sein), die nach dem "Höher, Besser, Schneller, Weiter" und heutzutage "Reicher" streben. Das ist legitim, bis zu der Grenze, wo der Solidargenosse durch dieses Streben beeinträchtigt wird.
Doch niemand guckt heutzutage so wirklich auf seinen Solidargenossen...
Okay, okay, das wisst Ihr ja alles.
Wie oder wodurch würde also der Einzelne gezwungen, bestimmte Grenzen nicht zu überschreiten.
Die Natur hat den Individuen einen ganz klaren Impulsgeber dafür eingesetzt. Es ist der SCHMERZ. "Bis hierher und nicht weiter" sagt er. Und siehe da, wer geht schon freiwillig über seine Schmerzgrenze.
Schmerzen will man in einem Gesundheitssystem nun niemandem zufügen, im Gegenteil. Aber trotzdem fügen Menschen anderen Artgenossenn immer wieder Schmerzen zu, weil sie eben doch "zu den TIEREN gehören", die eigentlich nur triebgesteuert sind.
Tiere kann man einsperren, Menschen i.d. Regel nicht.
Was also sind des Menschen Schmerzgrenzenn im übertragenen Sinn?
Früher wimmelte es auf den Parkplätzen vor den Supermärkten vor herrenloser, leerer Einkaufswägen, bis man auf die Idee kam, die Dinger mit einem "Pfandschloss" zu versehen. - Seht Ihr heute noch herrenlose Einkaufswägen?
Geld, auch wenn es sich nur um 1€ handelt, scheint also unser gesellschaftlicher Schmerz zuu sein. Was liegt dann näher, als dieses "natürliche Schmerzmittel" einzusetzen, die "schmerzlichen" Übergriffe auf den Nächsten zu bremsen?
Daraus entstand meine Idee des "JEDEM SEIN BUDGET".
Jungs/Mädels, ich muß ins Bett, Morgen ist wieder ein ...
Nur jetzt noch so viel: das bereits genannte Primärbudget ist das jedem bekannte Geldvolumen, das er für sich garantiert abrufen kann. Es gibt dann noch ein Sekundärbudget, was in der Summe niemand kennt/kennen kann und was den wirklichen "solidarischen Topf" darstellt. Er wird gespeist von den Menschen, die frühzeitiger als die statistische Lebenserwartung voraussagt, ins Gras beißt (Kindstod, Unfall, sonst was).
Und jeder hat natürlich Angst, dass für ihn in diesem Topf nicht mehr genügend seinn könnte. Und diese Angst - ich habe sie in dem ... mit der Überschrift: "Angst und Eigentum" beschrieben, ist DAS Damoklesschwert, was die Solidargemeinschaft zusammenschweißt, und frühzeitig zur "bedachtenn Lebensführung" mahnt. Glaubt es mir.
Ich meld mich wieder.

Poet
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Beitrag von Poet » 28.05.2014, 00:03

@D.Schilbach: Wider Deiner Erwartung gibt es von mir keine Widerrede. Ich würde *den Schmerz* noch mit Kostenaufstellungen/Saldimitteilungen an die Versicherten selbst verstärken = Transparenz = Verstärken der Eigenverantwortung. Nachgewiesene Prävention würde bei mir budgeterhöhend wirken.

Fragen mögen hier alle aber nicht in Folge. Dazu haben wir nette User, die ohne Ablass dieselbe Frage immer wieder stellen.

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 28.05.2014, 08:01

@Poet:
wart´s ab. Du wirst Dich wundern was noch kommt. Ich versuche, Euch wirklich umfassender zu "meiner Alternative" zu unterrichten. Wie im ... werde ich das hier nicht schaffen, aber das wird sich wahrscheinlich in einer (hoffentlich) konstruktiven Diskussion ergeben.
Nur vorab kurz soviel:
Das Primärbudget (in Folge vielleicht kurz "PM" genannt) ist ein "LEBENSBUDGET" und wird JEDEM Bürger als Gesamtsumme auf seine/eine gottverdammte Chipslette gebrannt. Und von dieser Summe wird jede Kostennote, die er meint, den Leistungserbringern abverlangen zu müssen/zu wollen/zu können (<dazu kommt noch viel Musik !) bei jeder Inanspruchnahme "abgebucht", genau so wie in den Hartz IV-Läden (auch MediaMärkte genannt). Das entspricht doch Deiner Saldenmitteilung/Transparenz, oder?. (Tschuldigung, hab wieder gefragt) Das PM läuft wie die Lebensuhr ab!
Keine Angst, es geht alles noch weiter ....

Poet
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Beitrag von Poet » 28.05.2014, 10:41

@D.Schilbach: Bin immer noch bei Dir...nur der Vergleich H4 gefällt mir nicht so ganz weil er eine Abwertung darstellt. ;-)

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 28.05.2014, 11:32

Jetzt nimmt es Fahrt auf - gefällt mir!

Bei Punkt 5 würde ich "alle" durch "viele" ersetzen. Es gibt gerade auf Leistungserbringerseite viele Gegenbeispiele von Personen, die uneigennützig handeln, dabei deutlich mehr leisten als gefordert oder sich ehrenamtlich engagieren. Überwiegend weil sie an etwas glauben oder der Gesellschaft dienen wollen. Da sehe ich den Egoismus nicht als primäres Motiv.

Zum Schmerz:
Beim Thema Zahnpflege handelt eine unvorstellbar große Masse entgegen Deiner Logik, mit der Du eine Erziehung beabsichtigst.
Die grundlegende Zahnpflege verursacht keine Schmerzen, nur wenig Kosten und beansprucht sehr wenig Zeit. Die Vorsorge beim Zahnarzt ist 2x jährlich kostenlos. Dies ist allgemein bekannt. Ebenso, dass Zahnschmerzen äußerst unangenehm sind. Ebenso die Eingliederung von Zahnersatz: unangenehm, zeitaufwändig und mit hohem finanziellen Eigenanteil verbunden. Der Zusammenhang zwischen mangelnder Zahnhygiene und Befunden ist auch allgemein bekannt.

Trotzdem wird die Zahnpflege von vielen nicht gewissenhaft ausgeübt, wie auch die Vorsorge zu selten genutzt wird (erst kürzlich wurde zur Zahnvorsorge wieder entsprechendes Zahlenmaterial veröffentlicht).

Wir haben hier also einen breiten Wissensstand in der Bevölkerung (Wie vermeide ich physische und finanzielle Schmerzen?) und trotzdem wird irrational gehandelt.

Findet dieser Aspekt Einzug in Deine Überlegungen?

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 28.05.2014, 11:50

@Poet:
Der H4/MM-Vergleich hat eine spezielle Geschichte (hier zu lang), die dann in die Verallgemeinerung gerutscht ist. Muss nicht sein, hast Recht.
Aber gehe mal in einen MM, Du wirst sehen, dort tummln sich sehr viele, die sich augenscheinlich (und nach solchen "weichen Daten" beurteilen wir Menschen die Welt - siehe Werbung) z.B. Flachbildschirme eigentlich nicht/kaum leisten könnten (eben mit "H4" umschrieben), aber die tun´s doch. Es sei ihnen auch gegönnt, aber da muss man sich doch fragen, wie bekommen die das finanziell gestemmt? Auch das Geld für Zigaretten ist bei "denen" meist kein Problem.

Nun bin ich der Meinung, dass eine Solidargemeinschaft, die nur in der Lage ist, eine ENDLICHE Leistung zu erbringen - z.B. eine ENDLICHE Geldmenge in einen Solidartopf zu zahlen - daraus auch nur eine ENDLICHE Menge entnehmen kann. Oder geht das hier mit der wundersamen Brotverteilung Jesu einher? Wieviel die Solidargemeinschaft in diesen Topf einzahlt, ist "Verhandlungssache, bzw. Regierungs- und damit Wählervorgabe (15,5% oder, bei einkommensabhängiger Zahlung, ggf. viel weniger). Aber grundsätzlich und absolut ist sie ENDLICH.
Aktuell reden viele vom Mindestlohn. Dh. eine Arbeitsleistung soll nicht unter einem gewissen Niveau vergütet werden. Nun kann man darüber streiten, wo der Mindestlohn für Leistungserbringer im Gesundheitswesen anzusetzen ist. - Ich kenne (viele) Fälle, wo ich sagen würde, das geht zu weit, das ist vergleichsweise mehr als unfair (dafür musste ich von Kollegen anderer Fachrichtungen bereits mächtige Vorwürfe einstecken - ich nenne es "Wahrung von Pfründen").
Ich plädiere also dafür, einen gerechten "Mindestlohn" für die Leistung der Leistungserbringer zu etablieren UND der Solidargemeinschaft das ENDLICHE Budget aufs Auge zu drücken - heißt: PB (Primärbudget) + SB (Sekundärbudget) könnten definitiv ALLE GEHEN.
Nun haben wir aber bereits konstatiert, dass wir (aktuell jedenfalls) GENÜGEND Geld im (PB*SB-)Topf zur Verfügung haben, um einen "verschleudernden" Umgang damit zu realisieren.
Ich muß weiter arbeiten ...

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 28.05.2014, 12:00

@roemer70
ist alles bedacht, kommt stückchenweise, versprochen.
Es gibt da ein tolles Kapitel:
"Der Mensch ist ein RELATIVWESEN"
Er tut (instinktiv und triebgesteuert) nur das, was sein "Hirn" als "Sollgröße" vorgibt (Biokybernetik). Das kannst Du auf alle Bereiche des Lebens ausdehnen, z.B. auch auf "ehrenamtliche Tätigkeiten" (Rotarier, Lions, Round Table, Zonta, etc.). Glaubst Du im Ernst, die machen vieles aus Liebe zum Nächsten? - Warum diskutierst Du hier? Z.B. aus Spaß an der Freude doch?!! Am Inputbedarf?!! Aus Neugier?!! - Aber immer, um FÜR DICH/DEIN HIRN eine positive Empfindung zu erzielen.
Denke ehrlich darüber nach!!

KKA
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Beitrag von KKA » 28.05.2014, 17:34

So, so, die Plastikkarte suggeriert dem Versicherten 'Alles umsonst'. Tatsächlich? Pflicht-und freiwillig Versicherte bezahlen anteilig vom Einkommen relativ hohe Beiträge. Rechnen wir den -i.d.R.vom AN erwirtschafteten- AG Anteil hinzu, dürfte das deutsche Gesundheitssystem eines der teuersten in der zivilisierten Welt sein.
Zweifelsohne gibt es nicht wenige Bürger in diesem Land, die daraus eine unrealistische Erwartungs-und Anspruchshaltung speisen, im Endeffekt aber können auch diese Leute nur den allgemein gültigen Leistungskatalog in Anspruch nehmen, soll heißen, ihr Anspruchsgehabe ist aus gesamtgesellschaftlicher Sicht nicht zwingend mehrwertig.
Sicher, und ich habe das an anderer Stelle bereits erwähnt, könnte und sollte eine höhere, ich denke auch aus zwingenden Gründen erforderliche Eigenbeteiligung, sowohl Anspruchshaltung auf ein erträgliches Maß reduzieren, als auch die grasierende Kostenintensität bremsen. Hierzu gibt es eine Reihe von Bagatell-und Nutzlosbehandlungen aufzulisten.
Kämen Maßnahmen, wie z.B. massive Einschränkungen bei nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten hinzu, wären zig-Milliarden Euro bereit, eingespart zu werden. Überhaupt, das goldene, vom Pharmavertriebler 'gestiftete' Schreibgerät des Arztes, führt die Hand zu oft und leichtfertig zum Rezeptblock. Auch hier gibt es nicht unbedeutende Einsparpotenziale. Wohlgemerkt, hier ist der anfänglich von Schilbach illustrierte Finanzierungsmechanismus (Kostensenkung, insbesondere im Verwaltungsaufwand > Beitragsmehreinnahmen durch Beteiligung aller Bürger usw.) noch unberücksichtigt.
Aber Eigenverantwortungszwang als Mittel zum Zweck? Nein, das wird in einem demokratisch geführten Umfeld nicht funktionieren.

Im weiteren Verlauf seiner Doktrin, geht Schilbach über, Patienten zu katalogisieren, nein, eher konditionieren. Er bedient sich hierbei (leider) unzulässiger Klischees, das H4 Beispiel (Beurteilung nach äußerem Erscheinungsbild, H4 Empfänger mit Flachbildschirmfernseher unterm Arm, Frage, wie 'diese' Leute soetwas stemmen können, Raucher usw.) und stellt ein Lebensbudget in Aussicht, dessen detaillierte Funktionalität bisher noch nicht erklärt wurde.
Er fordert einerseits mehr Solidarität und widerspricht der These mit gleichem Atemzug, indem er mit Ausgrenzung und Typisierung versucht, z.B. H4 Empfänger per Verordnung Eigenverantwortungszwang aufzuerlegen. Jede Gesellschaft hatte, hat und wird auch in Zukunft Randgruppen haben. Diesen die Solidarität zu entziehen, halte ich für äußerst bedenklich, ja unmenschlich. Solidarität, offensichtlich ein streitbeladener Begriff.
Grundsätzlich sind mehr Eigenverantwortung und Gesundheitsbewusstsein willkommene und sicher auch erforderliche und geeignete Instrumente, ausufernde Kosten und des Deutschen liebste Beschäftigung, den Arzt wegen jedes Wehwechens aufzusuchen, einzudämmen. Ich denke Roemer hat das im Ansatz richtig formuliert (Zahnpflege/Vorsorge etc.).
Ist nur die Frage, wie das im Rahmen des Schilbachischen Versorgungsmanagements implementierbar ist.
Begriffe wie 'Angst, Schmerzgrenze und Vergleiche mit Einkaufswagen, sind aus meiner Sicht unerwünschte Vergleichskriterien. Jedem das Seine!

Im Übrigen erkenne ich einen Widerspruch in der Aussage, das propagierte Schilbach-System hätte endliche Ressourcen (und suggeriert damit, das bestehende System wäre unendlich), bestätigt aber letztlich, das es - das bestehende- 'grundsätzlich und absolut endlich ist'. Selbstverständlich ist es endlich und die entnehmbare Menge demzufolge auch.

Es ist natürlich nicht ausschließlich unser Gesundheitssystem für Verantwortungslosigkeit, Ignoranz und Nehmereigenschaften veranwortlich. Ich denke eine gesamtgesellschaftliche Betrachtungsform wäre hier angemessener, schließlich werden wir täglich von Werbung, anspruchslosen TV Sendungen und egozentrischen Freiheitsdenkmustern überhäuft, mit schwerwiegenden Folgen für die Gesellschaft.
Nähere Ausführungen hierzu sprengen sicher den Rahmen.

Biokybernetik, eine neue Denkrichtung nimmt Einzug in die Überlegung, wie unser zukünftiges Gesundheitssystem zu funktionieren hat. Wie das in die Praxis umgesetzt werden kann, ist eine spannende Frage, deren Antwort wir sicher noch zu lesen bekommen.

PS. Ich schreibe/diskutiere hier aus 'Spaß an der Freude', Erfahrungen/Meinungen zu vermitteln und aufzunehmen. Ob und inwieweit dieser Bedarf, also das Erreichen positiver Empfindungen, trieb und/oder instinkabhängig ist, weiß ich nicht. Fakt ist, ich tue es bewusst und kann es jederzeit seinlassen, wenn ich es möchte (oder bestimmt mein Trieb jeden Schritt, den ich begehe?). Vor allem, können Studien, kleine schlaue Männchen und Weibchen, endgültige und abschließende Aufschlüsse auf unser Aller Verhalten vermitteln? Ich kann es nicht beweisen, aber das der Mensch menschliches Tun und Handeln vollumfänglich beschreiben kann, ist m.E. eine Anmaßung gegenüber eines wohl endgültig nie erreichbaren Wissensstand.

Gruss
KKA

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 28.05.2014, 17:51

roemer70, vielen Dank, dass Du das Beispiel mit den Zahnpflegeverweigerern angeführt hast. Ich arbeite zufällig in einer ZMK-Chirurgischen Praxis als Anästhesist. Zu den Zahnarztphobikern kann ich Folgendes erzählen:
Auch sie sind nach ihrer Einschätzung egoistisch. Erinnerst Du Dich an/hast Du gelesen meine Bemerkung: "shifting baselines"? Kurzform: Je nach Situation fällt ihre Entscheidung, etwas zu tun oder zu lassen, anders aus. In der ruhigen Stunde, ohne jegliche Bedrängung und vor dem Hintergrund auch einer entsprechenden Erziehung, lassen sie eben die regelmäßige Zahnpflege unter den berühmten Tisch fallen. Wenn der physische Schmerz dann kommt (andere Situation/andere baseline!) steht die noch größere Angst vor dem Zahnarztbesuch der Behandlung im Wege, selbst drohende Folgekosten sind dieser Angst untergeordnet. - Du siehst, es siegt immer der Egoismus, das "gefühlt" Positivere.
Und jetzt kommt §12 SGB V ins Spiel: unsere geliebte WANZ-Medizin.
Welche und wieviel (zahn)medizinische Behandlung muss die Solidargemeinschaft für solch INDIVIDUALEGOISTISCHES (Dentalsau-)Handeln bezahlen? Was ist hier wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig?
Auf diese Frage(n) möchte ich nach meinem Konzept gar keine Antwort geben, denn WER soll entscheiden - die Frage stellte bereits jemand - was für wen in welcher Situation WANZ ist? WER bestimmt somit den Lebenswandel des anderen?
Nicht unbedingt beantworten! Aber vielleicht mal drüber nachdenken und hier diskutieren.
Ich erzähle dann weiter ...

Schilbach
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Beitrag von Schilbach » 28.05.2014, 18:19

@KKA:
"Begriffe wie 'Angst, Schmerzgrenze und Vergleiche mit Einkaufswagen, sind aus meiner Sicht unerwünschte Vergleichskriterien. Jedem das Seine!"
Das ist die Kernaussage! - Genauso sehe auch ich das KKA: Jedem das Seine oder suum cuique, wie der Lateiner sagt.
Mit allem Anderen "klebst" Du aber in Gedanken sehr stark am bestehenden System. Man fühlt richtig, dass Du Angst hast zu "neuen Ufern" aufzubrechen, zumindest in Gedanken. Es kommen wieder "der Rezeptblock", der "gleiche Leistungskatalog", der "Unterschied zwischen Pflicht- u. Freiwilligversichertem", u. u. u.
Natürlich wird jede Gesellschaft immer Randgruppen haben und genau damit umschreibst Du im Grunde das SURVIVAL OF THE FITTEST. Die UNTEREN Randgruppen werden es immer schwer haben. Und - Hand aufs Herz, wie beurteilst DU Menschen, die Du nur im Vorbeigehen siehst. Wie hast Du, sofern vorhanden, Deinen Partner "ausgesucht": rational nach Konfektionsgröße, Körpergröße, Blutgruppe, Vermögen der Familie? oder waren doch solch simple, emotionale Dinge wie Anmut, Lächeln, Kleiderwahl, etc. ausschlaggebend (der Psychologe nennt das "Schlüsselreize", die das UNTERBEWUSSTSEIN, das TRIEB-werk in Dir ansprechen). NUR SO funktioniert ein Lebewesen, ich muss es als Psychosomatiker an dieser Stelle leider sagen. Es gibt keinerlei Beweise, die den Willen darüber stellen. Auch Deine Aussage, ich kann das Diskutieren hier lassen wann und wie ich will, sind wirklich nur vordergründige/bewusstwerdende Aussagen, beeinflussen kannst Du sie nur kurzzeitig.
Übrigens, die Plastikkarte suggeriert den Menschen nicht "UMSONST", sie sagen es mir sogar tagtäglich. Auch roemer70 sagte bereits "dass es 2x Vorsorge im Jahr UMSONST gibt" - doll was?

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 28.05.2014, 18:55

"Umsonst" schrieb ich nicht, sondern "kostenlos" - aus Sicht des Versicherten.
Dieser weiss auch, dass die Leistung aus gezahlten Beiträgen finanziert wird - ohne jedoch den einzelnen Versicherten zusätzlich zu belasten.
"Umsonst" ist die Kontrolle mit Sicherheit nicht, denn sie erfüllt mehrere Zwecke.

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 28.05.2014, 19:15

was möchtest du eigentlich mit Kindern machen, deren Eltern ihr Budget bereits vor dem 18. Lebensjahr verballert haben?
was machst du mit den Chronikern, den Allergikern, Morbus-Crohn-Kranken, Menschen, die an Multipler Sklerose oder noch schlimmeren Krankheiten leiden? mit Behinderten (ob nun geistig, körperlich oder beides)?

was machst du mit Leuten, die Unfälle erleiden oder die z. B. nach Schlaganfällen oder Gehirnblutungen schwer krank sind?

Survival of the fittest? und wenn das Budget aufgebraucht hat, hat halt eben Pech gehabt?

wer bestimmt eigentlich die Höhe des Budgets? wie willst du das Budget ein Leben lang managen? über Kriege, Währungsreformen, Inflationen und verschiedene Staatsformen hinweg?

vergiss nicht: ein heute 100jähriger hat 2 Kriege, 2 Inflationen und mindestens 3 Währungsreformen und 4 Staatsformen erlebt. sowohl das Gesundheitssystem als auch die Möglichkeiten der Medizin haben sich in dieser Zeit verändert.

sorry, ich glaube, deine Idee mit dem persönlichen Budget, dass jemand mit Geburt erhält und dann während seines nach und nach aufbrauchen kann, ist sowohl unrealistisch in der Durchführung als auch unsozial.

und ja: ich halte gern an Dingen fest, die sich bewährt haben. Man kann sie dann ändern, verbessern. Aber ob es notwendig ist, sie komplett umzukrempeln???

Ich glaube, z. B. Spritzen und Skalpelle sehen schon seit Jahrhunderten ähnlich aus - sie wurden verbessert und verfeinert, aber sie bestanden und bestehen glaub ich seit jeher aus einem zylindrischen Hohlraum (der eine Substanz enthält), einem Kolben darin (mit dem die Substanz durch die Nadel in den Körper gedrückt wird) und einer Nadel vorne (mit der man verschiedene Körperteile erreichen kann). Die genaue Form und die Materialien haben sich geändert. Mittlerweile werden die Spritzen auch sterilisiert bzw. nur einmal verwendet (im Gegensatz zu vor einigen hundert Jahren), aber der Grundaufbau und die Funktion sind gleich geblieben. Eben weil sie sich bewährt haben.

beim Gesundheitssystem sollte es nach meiner Meinung ähnlich sein: Änderungen und Verbesserungen ja, aber wieso ein komplett neues System.

ändern könnte man z. B.
- europaweit einheitliche Zulassung von Medikamenten und einheitliche Preise
- Vereinheitlichung von EBM und GOÄ
- bessere Verzahnung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung sowie zwischen hausärztlicher und fachärztlicher Behandlung

Es gibt sicherlich noch viele Baustellen mehr, auf denen man etwas verbessern könnte - unbestritten. Aber ein komplett neues System wäre auch nicht perfekt, auch dort gäbe es eine Menge Baustellen, die wir jetzt noch gar nicht kennen und an die wir jetzt nicht denken. Die Umstellung wäre mit immens viel Energie verbunden, die man sinnvoller sonst wo einsetzen könnte. Ob es danach tatsächlich besser werden würde, steht aber in den Sternen. Wieso also?

KKA
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Beitrag von KKA » 28.05.2014, 19:42

Wenn du dir die Mühe machen möchtest und meine Beiträge zum Thema 'Bürgerversicherung' liest, stellst du fest, dass ich, im Gegensatz zu deiner Annahme, ein vehementer Befürworter einer radikalen Systemänderung bin. Wie du auf den Dampfer kommst ich hätte 'Angst for Neuem' , weiß ich nicht.

Der erste Teil meines Beitrags bezieht sich auf das bestehende System und wie sich dieses mittels genannter Instrumente kurz bis mittelfristig aus der Kostenspirale verabschieden könnte. Auch habe ich keinen 'Unterschied' freiw. und pflichtversichert herausgestellt, sondern damit auf die in das bestehende System einzahlenden Bürger verwiesen.
Gibt es so etwas wie 'bewusstes Missverstehen' in der Psychosomatik?

Wie du Randgruppen in dein System zu integrieren gedenkst, wirst du uns sicher noch mitteilen. Bin gespannt, denn bislang ist mir das 'survival of the fittest' zu ostentativ und deutet eher darauf hin, dass du die 'unteren Randgruppen' entweder zwangsreformieren möchtest, oder schlichtweg als gesellschaftlichen Abfall betrachtest.

Ich möchte vermeiden, dass wir ein ausschweifendes Nebenthema (Schlüsselreize, Trieb usw.) eröffnen und antworte darauf lediglich, dass dein Statement ' NUR SO funktioniert ein Lebewesen, weder vom Psychosomatiker noch sonstwem auf diesem Erdball, als abschließend bestätigt hingestellt werden kann. Damit stelle ich natürlich dein Fachwissen nicht in Frage (um Missverständnissen vorzubeugen), aber den endgültigen Beweis, dass ein Lebewesen NUR SO funktioniert, konnte bislang noch kein Mensch liefern. Und das wird auch in absehbarer Zeit nicht der Fall sein.

Und nun bitte weiter mit deinen abstrakten Thesen.

Danke.

Gruss
KKA

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 28.05.2014, 20:09

Alter Wein in neuen Schläuchen, so kommt mir das vor.

Hier Egoismus, bei Schreyögg Moral Hazard
Hier Primär- und Sekundärbudget, dort Medical Saving Accounts und Hochrisikoversicherung
Was mir hier allerdings fehlt, ist die Berücksichtigung der Nachfrage- und Preiselastitzität von Gesundheitsleistungen sowie der Egoismus bzw. Moral Hazard auf Anbieterseite und ihre Stellung aufgrund asymetrischer Informationen.

Ich warte mal weiter ab, ob noch was Neues kommt.

Ach ja, und als Insider stelle ich durchaus fest, dass in den letzten Jahren einige Ansätze in dieser Richtung dazugekommen sind. Wenn sie auch auf der anderen Seite durch Wellness- oder wie ich es nenne "Schnick-Schnack-Leistungen" konterkariert werden.

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