Zuzahlungspflichtig J/N

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Antworten
ghr8
Beiträge: 24
Registriert: 05.12.2011, 11:01

Zuzahlungspflichtig J/N

Beitrag von ghr8 » 24.07.2014, 11:46

Vom GKV-Sitzenverband gibt es eine aktuelle Liste zuzahlungsfreier Medikamente. Diese ist jedoch das Papier nicht wert, wenn es auch eine Rabattliste der AOK gibt. Apotheken sind gezwungen, Medikamente jener Hersteller an AOK-Versicherte auszugeben, die auch der AOK genehm sind. Selbst dann, wenn diese zuzahlungspflichtig sind im Gegensatz zu Medikamenten anderer Hersteller.

Ein Auweg bestünde nur in einer Aut-idem-Verschreibung. Dabei müsste man aber wissen, mit welchen Herstellern de jeweilige AOK gerade mauschelt. Ein bestimmtes Medikament, das ich drei Jahre lang ohne Zuzahlung bekam, wurde ab 07/2014 zuzahlungspflichtig. Eine Einsichtnahme in eine offizielle Rabattliste der AOK wurde mir jedoch verweigert. Man bestätigte lediglich telefonisch ein richtiges Handeln der Apotheke. Das zuständige Gesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde gab mir den Link zur GKV-Liste, die sich jedoch als wertlos herausstellte, da die darin angeführten drei anderen Herstellerprodukte mit dem gleichen Wirkstoff im Sinne der AOK nicht ausgegeben werden dürfen.

Ich wurde zwischen den Gesundheitsbehörden bundesweit herum verwiesen, auch wechselseitig vom AOK-Bundesverband zum GKV-Spitzenverband und wieder zurück. Sogar eine Unabhängige Patientenberatung wurde empfohlen, die mit dem Thema jedoch absolut nichts zu tun hat. Gibt es hier ähnlich gemachte Erfahrungen?

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 24.07.2014, 17:39

@ghr8: Verständlicher Unmut. Lese Dir mal im Forum unter Rubrik *Leistungen gesetzliche Krankenkasse* den Thread *Festbetrag...* durch. Dann verstehst Du besser dass gesetzl. Zuzahlung und Aufpreis für den Patienten nicht dasselbe ist und warum es so ist.

ghr8
Beiträge: 24
Registriert: 05.12.2011, 11:01

Beitrag von ghr8 » 24.07.2014, 17:59

Danke für den Hinweis!
Daraus ist jedoch nicht erkennbar, warum es einerseits eine offizielle GKV-Liste der Zuzahlungsfreien Medikamente gibt, auf die man sogar vom Gesundheitsministerium hingewiesen wird, und andererseits jede AOK ihre separaten Mauscheleien umsetzen darf.
Man könnte sich, wenn dies rechtens ist, also auch den GKV-Spitzenverband gemeinsam mit dem AOK-Hauptverband ersparen, die Funktionäre entlassen und dabei eingesparte Mittel besseren Zwecken zuführen.

Dieselbe AOK ist nebenbei auch selhr stolz auf ihre angeblichen Wohltaten für Versicherungsnehmer und brüstet sich ob ihrer Erfolge beim Aufdecken von Abrechnungsbetrügereien durch Kliniken. Sie führt aber auch eine (bekannt käufliche) QS-Auszeichnung, die man sogar auf Krankenhauswänden antreffen kann, hinter denen man an dort eingefangenen Infektionen verrecken kann (wie auch mir beinahe geschehen...).

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 24.07.2014, 18:12

@ghr8: Das sind keine Mauscheleien einer bestimmten Kasse sondern die einzige Möglichkeit der gesetzlichen Kassen auf die unverschämte Preispolitik der Pharmahersteller zu reagieren. Du musst unterscheiden: Was ist die gesetzl. Zuzahlung für Arzneimittel und was sind Festbeträge für Wirkstoffe. Lese das mal in dem Wikipedia-Link...

Das Krankenhaus hat mit Kasse zu tun wie Birne mit Obstwaage.

ghr8
Beiträge: 24
Registriert: 05.12.2011, 11:01

Beitrag von ghr8 » 24.07.2014, 19:15

@Poet
Ich befrüchte, deine hilfreichen, dankeswerten Bemühungen überfordern meinen IQ! Dabei erinnere ich mich 50 Jahre zurück in eine Zeit, in der ich an der Einführung in das "juristische Denken" für Erstsemester scheiterte und lieber auf Nachrichtentechnik und Operations Research umsattelte...

Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Festbetrag finden wir auch:
"Anschließend werden die Festbeträge vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) festgesetzt".

Also, da war der Spitzenverband mit dabei. Er gab eine 300-seitige Liste zuzahlungsfreier Medikamente heraus, und die soll aber in praxi bei einigen AOKen nicht gelten.

Ich geb's auf. Die fünf Euronen werden mich nicht umbringen, wenngleich ich sie lieber einem Armen geschenkt hätte. Und wende mich wieder meinem aktuellen Forschungsgebiet zu, wie man als Schmalspur-Betriebswirt von einer Troler Bergbauern-Privatuniversität den "Doktor der Gesundheitswissenschaften" erwerben konnte, "Professor" an einer privaten Handelsschule nebenberuflich sein kann und hauptamtlich maßgebend kräftig im deutschen Gesundheitswesen mitmischen darf.

Lady Butterfly
Beiträge: 1363
Registriert: 21.03.2009, 22:52

Beitrag von Lady Butterfly » 24.07.2014, 20:08

Operations Research freiwillig? WOW!

und dann hast du Probleme mit den Zuzahlungen/Aufzahlungen???

hier gibt es einen Spiegel-Artikel, der die Änderungen ab 01.07.2014 beschreibt...

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 78562.html

und wenn du unbedingt die Liste der AOK haben möchtest, probier's doch mal mit dem Informationsfreiheitsgesetz
http://de.wikipedia.org/wiki/Informatio ... eitsgesetz
http://www.gesetze-im-internet.de/bunde ... gesamt.pdf

gibt's sowohl für Länder als auch für den Bund - ich weiß nicht, ob das klappt...aber wenn du es unbedingt wissen willst, wäre es einen Versuch wert :D

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 24.07.2014, 20:24

@ghr8: Nicht verzweifeln. Das ist auch schwer zu verstehen weil gleich mehrere Dinge eine Aufzahlung für den Kunden auslösen können obwohl das Ziel ja Kosteneinsparung ist.

Hier steht das Ganze auch recht gut beschrieben, was neben der gesetzl. Zuzahlung für zusätzliche Kosten beim Patienten sorgen kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/Arzneimittel-Rabattvertrag

Der Spitzenverband Bund setzt nur abschließend die Festbeträge für die Wirkstoffe fest, davor und danach haben noch zig andere Lobbies die Hände im Spiel.

P.S.: Im dt. Gesundheitswesen haben auch schon promovierte Personen von "richtigen" Unis ihr halbherziges Unwesen getrieben. ;-)

ghr8
Beiträge: 24
Registriert: 05.12.2011, 11:01

Beitrag von ghr8 » 25.07.2014, 03:52

@Lady Butterfly
Das IFG gilt nicht in Bayern! Wenn man etwas aus Verwaltungen näher erfahren möchte, gibt es im Regelfall eigentlich keine Probleme. Auch über die unmittelbare Betreuung durch die (streng nach Postleitzahl zuständigen) AOK-Geschäftsstelle kann ich mich nicht beklagen. Man ist halt auch nur Erfüllungsgehilfe. In Fällen wie hier geschildert hilft aber auch kein Einschleim-Versuch bei Exzellenzen der Hohen AOK-Hauptverwaltung. Und das (neue) BY Gesundheits- und Pflegeministerium verwies mich auf die erwähnte Liste des Spitzenverbandes. Man wusste offenbar nicht Bescheid über die hauseigene Situation...

@Poet: Ich unterschreibe mit Überzeugung dein PS an und bedanke mich für die Hilfestellung. Damit schließe ich dieses Kapitel, ziehe mich wieder zurück und wünsche allseits gute Gesundheit.

GerneKrankenVersichert
Beiträge: 3599
Registriert: 13.08.2008, 14:12

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 25.07.2014, 11:29

Das Kosteneinsparungspotential bei Arzneimitteln soll auf verschiedenen Ebenen gehoben werden, deshalb auch die verschiedenen Ansätze mit unterschiedlichen Akteuren. Und um es mal ganz klar zu sagen, Ziel dieser Regelung war es nicht, die Patienten von der gesetzlichen Zuzahlung zu entlasten, sondern ihn dazu zu bringen, die günstigeren Medikamente nachzufragen. Und das funktioniert nunmal am besten, wenn der eigene Geldbeutel und nicht der "der Kasse" entlastet wird.

Ebene 1 - der GKV-Spitzenverband, d. h. bundesweit zentral geregelt: Arzneimittel können von der Zuzahlung befreit werden, wenn der Abgabepreis 30 % unter dem Festbetrag liegt und Einsparungen zu erwarten sind. Das ist die Liste des GKV-Spitzenverbandes, die Regelung soll dazu beitragen, dass die günstigeren Medikamente von den Versicherten nachgefragt werden, um die Zuzahlung zu sparen.

Ebene 2 - die Krankenkasse. Diese sollen mit den Arzneimittelherstellern Rabattverträge schließen, um die Kosten zu senken. Rabatte werden auf den Abgabepreis vereinbart, d. h., dass ein Medikament, dessen Abgabepreis 30 % unter dem Festbetrag liegt und deshalb von der Zuzahlung befreit ist, für die Kasse teurer sein kann als ein durch individuelle Rabatte günstigeres Medikament, das einen höheren Abgabepreis hat und nicht von der Zuzahlung befreit ist. In diesem Fall ist nicht mehr unbedingt der Versicherte derjenige, der durch sein Nachfrageverhalten günstigere Preise ermöglicht, sondern die Kasse, die im Vorfeld aufgrund der Verhandlungen höhere Rabatte aushandelt. Aber auch in diesen Fällen kann die Kasse Medikamente von der Zuzahlung befreien.

Weitere Infos: http://www.gkv-spitzenverband.de/servic ... mittel.jsp

Zum Mauscheleivorwurf: Den kann ich nicht nachvollziehen. Die AOK Bayern stellt auf ihrer Website eine Datenbank über ihre Arzneimittel-Rabattverträge zur Verfügung:

http://www.aok-gesundheitspartner.de/by ... html?bl=by

Die Höhe der einzelnen Rabatte werden nicht veröffentlicht, die Richtung allerdings schon:
30.
Wie hoch sind die Rabatte der AOK-Vertragspartner?
Die Höhe der einzelnen Rabatte ist vertraulicher Bestandteil der Vertragspartnerschaft. Eine Veröffentlichung wünschen weder die Pharmaunternehmen (Geschäftsgeheimnis) noch die AOKs (Wettbewerbsvorteil). Generell lässt sich sagen, dass der Preisnachlass im Durchschnitt bei etwa 23 Prozent des Apothekenverkaufspreises (AVP) beziehungsweise rund 35 Prozent des Herstellerabgabepreises (HAP) liegt. In einzelnen Fällen erhält die AOK für Generika aber auch Nachlässe von bis zu 90 Prozent. Dies zeigt, wie gut Pharmaunternehmen in der Vergangenheit mit Nachahmerprodukten verdient haben.
http://www.aok-gesundheitspartner.de/im ... il2014.pdf

Antworten