Einstellung der 2008 laufenden KG-Zahlung zum 01.01.2009

Welche Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?

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Koulchen
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Einstellung der 2008 laufenden KG-Zahlung zum 01.01.2009

Beitrag von Koulchen » 20.01.2009, 20:55

Hallo allerseits,

das Drama nimmt kein Ende. Unsere (gesetzliche) Krankenkasse hat uns heute telefonisch mitgeteilt, daß mein Mann für die Zeit ab 01.01.2009 kein Krankengeld mehr erhalten wird, obwohl er einen Wahltarif beantragt hatte (der abgelehnt wurde) und vom 13.10. bis 31.12.2008 Krankengeld bezogen hat.

Begründung mal wieder: Der ESt-Bescheid von 2006 (der einen Verlust ausweist), das ist der letzte der Krankenkasse vorliegende. Für den KG-Bezug 2008 hatte man nach langem Ringen eine betriebswirtschaftliche Auswertung von 2007 anerkannt und der Krankengeldbemessung zugrundegelegt. Für 2009 will das Servicezentrum Mitgliedschaft/Beiträge die BWA nicht mehr gelten lassen, weil ab 2009 definitiv nur noch Einkommensteuerbescheide relevant seien.

Wir haben diese Aussagen schriftlich angefordert und darauf hingewiesen, daß seit Ende letzter Woche die Drei-Wochen-Frist läuft, in der die KK der medizinischen Reha für meinen Mann zustimmen sollte (da der MDK klar die Notwendigkeit bestätigt hat), nachdem die DRV sich für die Kostenträgerschaft unzuständig erklärt und den Antrag an die KK weitergeleitet hat. Hintergrund: Ohne irgendeine unterhaltssichernde Leistung wird mein Mann die Reha nicht antreten können. Jedenfalls hieß es noch von der Sachbearbeiterin, daß die offizielle Entscheidung der Zentrale für all diese Krankengeld-Altfälle Anfang bis Mitte nächster Woche raus sein wird, daß die Entscheidung aber mit Sicherheit negativ ausfallen wird.

Ich habe die Dame auf das Schreiben "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung [...]" des GKV-Spitzenverbands vom 27.10.2008 hingewiesen, speziell auf die Übergangsregelung in § 12: Es ist nicht erforderlich, daß die Krankenkassen direkt zu Jahresbeginn eine Einkommensüberprüfung mit Vorlage der entsprechenden Unterlagen festlegen, dafür sind bis zu 12 Monate Zeit. Da bei meinem Mann das Krankengeld gerade erst, nämlich am 19.12.2008, festgelegt wurde (wenn auch noch in zu niedriger Höhe), halte ich eine Neufestlegung für eine unbillige Härte.

Ganz davon abgesehen bin ich der Meinung, daß im Prinzip alle Regelungen, die ab 2009 gelten - ob nun gesetzlich oder in aus den Sozialgesetzen abgeleiteten Verwaltungsvorschriften - völlig irrelevant sind, weil der Zeitpunkt der Entstehung des KG-Anspruchs der 02.09.2008 ist (Tag nach Eintritt der AU) - so war das doch, wenn ich mich recht erinnere? Ich habe auf die §§ 44 und 46 SGB V hingewiesen, die hier für den Anspruch auf Krankengeld implizit genannt wurden (durch Verweis auf das BSG-Urteil B 1 KR 2/07 R, das ich im Telefonat noch nicht erwähnt hatte). Davon war die Dame allerdings nicht zu überzeugen, da diese beiden Paragraphen durch die Änderungen des GKV-WSG zum 01.01.2009 angepaßt worden seien.

Das habe ich jetzt gerade mal nachgesehen, und es stimmt. Nur: Es gilt doch nicht nur die Art des bestehenden Versicherungsverhältnisses, sondern auch die gesetzlichen Bestimmungen im Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs - oder ist das nicht so? Sollte es, entgegen meinem Verständnis, in diesem Fall keinen Vertrauensschutz oder ähnliches geben?

Wir müssen jetzt relativ schnell reagieren, sonst muß mein Mann den Reha-Antrag zurückziehen und weiter Dinge über Ebay verkaufen, um sich irgendwie über Wasser zu halten - ohne unterhaltssichernde Leistungen geht halt nichts. Besteht irgendeine Möglichkeit, eine Eilentscheidung zu fordern?

Bin ziemlich genervt, weil ich davon überzeugt war, daß unsere Kasse sich nicht über gesetzliche Vorgaben hinwegsetzen würde ... Falls jemand Hilfe weiß oder die Antworten auf meine Fragen kennt, wäre ich sehr dankbar!

Viele Grüße vom verzweifelten
Koulchen

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 20.01.2009, 21:36

Hallo,
sofort Widerspruch einlegen - schriftlich !!
Die Aufhebung des Krankengeldes bedarf eines schriftlichen Verwaltungsaktes und kann nur für die Zukunft erfolgen. Heute haben wir den 20.01.2009 - das mit dem 01.01.2009 entspricht nicht den
gesetzlichen Bestimmungen, da die Arbeitsunfägigkeit und die
Entstehung des Krankengeldanspruchs vor dem 01.01.2009 eintrat, also
nach den gesetzlichen Bestimmungen, die 2008 Gültigkeit hatten.
Die Abteilung Mitgliedscichhaft und Beiträge kann überhaupt nicht über einen
Krankengeldanspruch bzw. die Weiterzahlung entscheiden - wenn, überhaupt ist die die Leistungsabteilung zuständig.
Den Reha-Antrag würde ich nicht zurückziehen - einfach laufen lassen.
Ich würde auch mit dem Rechtsweg und der Presse drohen wenn nicht sofort
eine entsprechende schriftlich und rechtlich begründete Entscheidung durch die Kasse verfasst wird.
Gruß
Czauderna

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 20.01.2009, 22:15

Hallo Czauderna,

vielen Dank, dann sehen wir das ja ähnlich!

An die Presse hatte ich übrigens auch schon gedacht, sowas wie "Pro Firma" und "Markt und Mittelstand".

Die Dame hatte nicht explizit gesagt, von welcher Abteilung sie ist, von der Telefonnummer her kommt es aber hin mit dem Servicezentrum Mitgliedschaft/Beiträge. Alles zu den KG-Wahltarifen läuft über diese Abteilung, haben wir schon festgestellt. Da die Kasse ja den Anspruch aus dem Jahr 2008 als nicht relevant ansieht, hat sich wohl diese Abteilung gemeldet und nicht das Servicezentrum Krankengeld.

Einen schriftlichen Bescheid haben wir heute im Verlauf des Telefonats angefordert, mit allen rechtlichen Grundlagen. Die Dame hat übrigens alle Argumente, die ich vorgebracht habe, immer sofort verstanden, was bei ihren Kolleginnen vorher nicht der Fall war, und sie hat eine nur zweistellige Durchwahl genannt (sonst vierstellig). Deshalb vermute ich, daß wir jetzt schon eine Ebene höher gelandet sind. Aber nicht hoch genug - unser Widerspruch wird in Kopie auch direkt an die Geschäftsführung gehen. Wir haben kein Problem damit, notfalls den Anspruch bis zum BSG durchzuklagen. Glaube aber nicht, daß das nötig sein wird.

Dann mal gucken, was morgen oder übermorgen in den Briefkasten flattert - und dann werden die schweren Geschütze aufgefahren. Vielen Dank noch einmal für die Einschätzung!

Gruß
Koulchen

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Re: Einstellung der 2008 laufenden KG-Zahlung zum 01.01.2009

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 20.01.2009, 22:18

Koulchen hat geschrieben: Begründung mal wieder: Der ESt-Bescheid von 2006 (der einen Verlust ausweist), das ist der letzte der Krankenkasse vorliegende. Für den KG-Bezug 2008 hatte man nach langem Ringen eine betriebswirtschaftliche Auswertung von 2007 anerkannt und der Krankengeldbemessung zugrundegelegt. Für 2009 will das Servicezentrum Mitgliedschaft/Beiträge die BWA nicht mehr gelten lassen, weil ab 2009 definitiv nur noch Einkommensteuerbescheide relevant seien.
Hier ist das passende BSG-Urteil zum Heranziehen der betriebswirtschaftlichen Auswertung. Punkt 15. Frag doch mal nach, aufgrund welcher Regelung ab 2009 nur noch Einkommensteuerbescheide relevant sind. Das hat die TK zwar in ihrer Satzung (§ 35, ziemlich harte Bedingungen) zum KG-Wahltarif stehen, aber darum geht es doch nicht. Es geht darum, ob der neue § 44 Abs. 2 Nr. 2 SGV ("Keinen Anspruch auf Krankengeld haben hauptberuflich selbständig Tätige") wirklich in dieser Form gegen einen arbeitsunfähig erkrankten Versicherten ausgelegt werden kann. Nach meinem Rechtsempfinden kann es nicht sein. Aber darüber werden wohl die Gerichte entscheiden müssen, falls die TK bei ihrer Rechtsauffassung bleibt. Das hilft dir jetzt leider nicht weiter, auch ich bin darüber entsetzt, wie die "neue Nr. 1" mit Versicherten, deren Existenz auf dem Spiel steht, umspringt. Bei "meiner" Krankenkasse ist das jedenfalls kein Thema, da laufen die Krankengeldfälle einfach weiter.


Nochmal kurz: Auf welcher Grundlage das Krankengeld berechnet wurde, ist vollkommen irrelevant für die Frage, ob das Krankengeld über den 31.12.08 hinaus bezahlt wird.

GKV

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 20.01.2009, 23:28

Hallo GKV,

da ich hier ja relativ neu bin - darf ich fragen, welche "Ihre" Kasse ist? :wink: Bei Czauderna weiß ich es inzwischen aus einem anderen Thread, und daß die AOK Baden-Württemberg die Krankengeldzahlung über den 31.12.2008 hinaus laufen läßt, habe ich an mehreren Stellen im Internet gelesen.

Das von Ihnen angegebene BSG-Urteil B 1 KR 11/06 R habe ich bereits beim allerersten Widerspruch an die TK aufgeführt. Im Prinzip hat die TK es ja auch genau so gemacht - die BWA für 2007 angefordert und der Berechnung des Krankengelds zugrundegelegt (nur leider die falsche Zeile, nicht die mit dem Gewinn, aber das wird ja jetzt neu berechnet). Die Frage, aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmungen ab 2009 nur noch ESt-Bescheide zugrundegelegt werden, habe ich auch schon in dem Widerspruchs-Fax drin, das auf Halde liegt, bis der Bescheid reinkommt.

Eine Fundstelle dafür kenne ich: die besagten "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder", und dort § 7 (Beitragsbemessung der einzelnen Personengruppen) Abs. 7. Dazu wird im Besonderen Teil in der Begründung gesagt: "Absatz 7 legt das Verfahren bei der Beitragsbemessung für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige fest. Satz 1 bestimmt, dass der Versicherte entsprechende Nachweise vorzulegen hat, wenn eine von der Regelbeitragsbemessung (nach der Beitragsbemessungsgrenze) abweichende günstigere Beitragsbemessung erfolgen soll. Als Nachweis gilt der Einkommensteuerbescheid." Eine gesetzliche Grundlage dafür ist hier allerdings nicht genannt. Und ich behaupte mal, genau wie Sie, daß KK-Satzungen - und meiner Meinung nach auch solche Verfahrensvorschriften wie die des GKV-Spitzenverbands - nicht über dem Gesetz stehen dürfen.

Beim letzten Satz sind wir uns mehr als einig. Wichtig ist aus meiner Sicht aber, DASS überhaupt Krankengeld berechnet, beschieden und bezahlt wurde. Damit dürfte die TK nicht mehr so leicht aus ihrer Verpflichtung rauskommen, auch nach dem 31.12.2008 weiterzuzahlen.

Viele Grüße
Koulchen

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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 21.01.2009, 13:53

Koulchen hat geschrieben:Hallo GKV,

da ich hier ja relativ neu bin - darf ich fragen, welche "Ihre" Kasse ist?
Möchte ich nicht preisgeben, da ich hier unabhängig beraten und auch dann meinen Senf dazugeben möchte, wenn "meine" Kasse einen Bock geschossen hat. Die TK ist es allerdings nicht.
Eine Fundstelle dafür kenne ich: die besagten "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder", und dort § 7 (Beitragsbemessung der einzelnen Personengruppen) Abs. 7. Dazu wird im Besonderen Teil in der Begründung gesagt: "Absatz 7 legt das Verfahren bei der Beitragsbemessung für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige fest. Satz 1 bestimmt, dass der Versicherte entsprechende Nachweise vorzulegen hat, wenn eine von der Regelbeitragsbemessung (nach der Beitragsbemessungsgrenze) abweichende günstigere Beitragsbemessung erfolgen soll. Als Nachweis gilt der Einkommensteuerbescheid." Eine gesetzliche Grundlage dafür ist hier allerdings nicht genannt. Und ich behaupte mal, genau wie Sie, daß KK-Satzungen - und meiner Meinung nach auch solche Verfahrensvorschriften wie die des GKV-Spitzenverbands - nicht über dem Gesetz stehen dürfen.
Das sind zwei paar Schuhe. Einmal die Beitragsbemessung zur allgemeinen Krankenversicherung, die seit 01.01.09 für alle Krankenkassen gleich ist. Besondere Satzungsregelungen wurden abgeschafft, was nicht für alle Krankenkassen von Vorteil ist, da z. B. die kundenfreundliche Regelung mit Kinderfreibeträgen bei freiwillig versicherten Ehefrauen gekippt wurde.

Auf der anderen Seite die neuen Wahltarife. Hier hat die TK explizit in ihrer Satzung aufgeführt, dass das Krankengeld sich aus dem letzten Einkommenssteuerbescheid ergibt. Andere Kassen koppeln den KG-Anspruch überhaupt nicht an das entgangene Entgelt. Diese Wahltarife sind für alle Kassen Neuland, was zulässig und sinnvoll ist, werden wohl erst Praxis und Rechtssprechung zeigen müssen.

GKV

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Beitrag von Koulchen » 21.01.2009, 14:26

Aha, jetzt bin ich schlauer :wink:

Ja, und dann gibt es noch Krankenkassen, die damit werben, die Krankengeldhöhe nur nach dem erklärten Einkommen festzulegen, in ihrer Satzung die Höhe aber wieder auf die Berechnung nach § 47 SGB V einschränken ...

Gruß
Koulchen

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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 21.01.2009, 14:36

Koulchen hat geschrieben:
Ja, und dann gibt es noch Krankenkassen, die damit werben, die Krankengeldhöhe nur nach dem erklärten Einkommen festzulegen, in ihrer Satzung die Höhe aber wieder auf die Berechnung nach § 47 SGB V einschränken ...

Gruß
Koulchen
Auch das sind zwei Paar Schuhe. Das Krankengeld berechnet sich aus dem erklärten Einkommen. Wie das Krankengeld berechnet wird, ist dann wieder gesetzlich geregelt. D. h., Beiträge müssen aus dem erklärten Einkommen gezahlt werden, Krankengeld wird dann nach gesetzlichen Vorgaben berechnet, und das sind nun mal 70 % des Regelentgelts etc. Ich wüsste nicht, dass eine Krankenkasse das anders regeln könnte.

GKV

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 21.01.2009, 15:42

Hallo GKV,

stimmt, schon vom Gesetz her geht das gar nicht anders, und der GKV-Spitzenverband hat es ja auch verbindlich für seine Kassen festgelegt. Trotzdem hatte ich, als ich mich Ende letzten Jahres mal näher mit den KG-Wahltarifen befaßt habe, eine Kasse näher im Visier, die so getan hat, als wenn die tatsächliche KG-Zahlung (nicht nur die Beiträge) sich rein nach der Erklärung des Versicherten richtete.

In deren 2009er Satzung stand dann aber wieder: "Die für Krankengeld maßgeblichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches gelten auch für das Krankengeld aus Krankengeldwahltarifen, soweit im Folgenden nichts Abweichendes bestimmt ist. [...] Für die Bemessung des Krankengeldes für Mitglieder nach § 44 Absatz 2 Nummer 3 SGB V [...] gilt § 47 SGB V."

Da hatte ich dann doch keine Lust drauf, nachdem ich den ganzen Ärger bei meinem Mann vorher mitbekommen hatte. Andererseits besteht bei mir bei keiner gesetzlichen Krankenkasse ein größeres Problem, selbst wenn ich ein negatives Einkommen als Berechnungsgrundlage haben sollte, weil ich nach KSVG versichert bin. Also wird das KG auf jeden Fall auf Basis meiner Erklärung gegenüber der Künstlersozialkasse berechnet, was das - leider auch noch nicht im Volltext veröffentlichte - BSG-Urteil B 1 KR 35/07 R vom 06.11.2008 bestätigt.

Viele Grüße
Koulchen

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