Heute ziehen wir um nach Deutschland.
Wir durften auch Erfahrung mit dem Gesundheitssystem sammeln.
Positiv ist, dass die Ärzte, Pfleger und Co. hauptsächlich Englisch beherrschten, und die älteren Semester auch Deutsch sprachen.
Interessant ist, dass meine Schwiegereltern ohne Nachweis einer Krankenversicherung nur nach Registrierung in der Gemeinde Darmkrebsvorsorgekits bekommen haben. Zudem wurden wir zeitnah vom GGD (bis heute weiß ich nicht, wofür die Abkürzung steht, aber es ist die Jugendgesundheitsbehörde) besucht und über das Angebot zur Gesundheitsvorsorge für Kinder informiert. So vereinbarten wir eine Untersuchung des Fersenbluts, weil die wohl ein paar weitere Krankheiten ausschließen als die deutsche Standarduntersuchung.
Auch interessant war, dass wir vom “Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu” aufgefordert wurden, die bisherigen Impfungen unseres Kindes mitzuteilen. Ich habe dazu den gelben Impfpass unserer Tochter eingescannt und per E-Mail geschickt und nach wenigen Wochen hatten wir einen niederländischen Impfpass in der Hand. Muss aber sagen, dass die nicht die Chargennummer der Impfungen übernommen haben und nur auf niederländisch “unbekannt” geschrieben haben, obwohl im Scan die Chargennummern sehr wohl sichtbar waren…
In den Niederlanden hast du einen Hausarzt, bei dem du dich registrieren musst. Und du hast eine Apotheke, bei der du dich registrieren musst. Dein Hausarzt ist der Dreh- und Angelpunkt für alles. Ohne Überweisung gibt es keinen Zugang zu Spezialisten. Und du wirst direkt vom Hausarzt an die Spezialisten verwiesen. Man braucht keinen Überweisungsschein. Ist alles elektronisch. Auch Krankenversicherungsnummern und die BSN werden bei der Registrierung beim Hausarzt angegeben und die Apotheke und der Hausarzt haben wohl direkten Zugriff drauf.
Kindervorsorgeuntersuchungen und Impfungen finden auch nicht beim Kinderarzt oder Hausarzt statt, sondern bei der GGD.
Bei uns sind ja Allgemeinärzte, Internisten und Kinderärzte für die hausärztliche Versorgung zuständig. In den Niederlanden ist der Hausarzt wie oben erwähnt der GateKeeper für alle Spezialisten und Kinderärzte sind Spezialisten, die du in Kliniken nach Überweisung aufsuchen kannst.
Interessant ist, dass es wohl einen Informationsfluss zwischen Apotheke und Hausarzt geben muss, weil man ja einen Hausarzt bei der Apotheke bzw. eine Apotheke beim Hausarzt bei der jeweiligen Registrierung angeben muss. Bei der ersten Registrierung kannst du ja nicht das Gegenstück angeben. Aber offensichtlich wird das irgendwo gesynct.
Angeblich verschreiben Hausärzte in den Niederlanden gerne Paracetamol und schicken einen nach Hause, um in einer Woche zurückzukommen, falls sich die Gesundheit nicht verbessert hat. Naja ich stellte mich entsprechend darauf ein, zielgerichteter zu sein und nicht zuviel vom Arzt zu erwarten.
Ich hatte auch eine Reiseapotheke zusammengestellt und auch die Dr. Till Kindernotfallbox mitgenommen, damit ich auf kleine Vorfälle vorbereitet bin. In den Niederlanden sind Apotheken dünner verteilt als in Deutschland. In Deutschland habe ich ja das Gefühl, dass ich in manchen Straßen 10 Apotheken habe. Aber in den Niederlanden wird Paracetamol und Co. in den Drogerien verkauft. Soweit ich das verstanden habe, gibt es auch keinen rotierenden Nachtdienst von Apotheken wie in Deutschland. Du brauchst um 18 Uhr ein Medikament? Tja, dann musst du zur Apotheke im Krankenhaus.
Meine Frau hatte ein Ekzem auf dem Finger und wir sprachen in der Praxis vor und die Praxishilfe erklärte, dass wir eine E-Mail mit einem Foto schicken sollen und die Ärztin wird sich das anschauen und ggf. das weitere regeln. Als ITler mit juristischem Hintergrund und Datenschutzparanoia fand ich es natürlich merkwürdig, Gesundheitsdaten per unverschlüsselter E-Mail zu schicken.
Ich hatte in der Zwischenzeit einen befreundeten Arzt gefragt und er meinte, sie solle ne Cortisoncreme anwenden. Ich erwarb die Creme in Deutschland für 10 €.
Am nächsten Tag kam die Antwort von der Hausärztin, dass ein Medikament verschrieben und in der Apotheke abgeholt werden kann. Wir gingen hin und die Kontrolldichte ist etwas merkwürdig, weil nur Name und Geburtsdatum gefragt werden. Niederländische Krankenversicherungskarten haben nämlich kein Foto. Pass oder Perso wurden nie gefragt. Die Salbe hatte mehr als nur Cortison und war kostenfrei. Aber was ich schlecht finde ist, dass man nicht mal mit einem Teilsatz in der E-Mail das Medikament genannt bekommt, welches man verschrieben bekommt. Ist aber vielleicht Hausarzt spezifisch.
Mein Schwiegervater nimmt einen Blutdrucksenker, einen Lipidsenker, Aspirin 100mg und Omeprazol 20mg. Ich hatte ihm einen drei Monatsvorrat vor vier Monaten bei einem befreundeten Apotheker ohne Rezept beschafft, weil mein Schwiegervater ja nur eine einfache Schengenversicherung hatte. Als der Vorrat langsam hier in NL ausging, hab ich die Hausärztin per E-Mail kontaktiert und um die Verschreibung gebeten und angeboten auch zu einem Untersuchungstermin zu kommen, damit die nicht ggf. erklären müssen warum die ohne den Patienten zu sehen Medikamente verschreiben

. Die 100er Packung Aspirin hatte ich aus Deutschland für 2,50 € beschafft. Die Medikamente wurden verschrieben (und das Rezept elektronisch zur Apotheke geschickt) und ein Termin in zwei Wochen vereinbart. Wir gingen zur Apotheke und bekamen Medikamente für einen Monat (je 28 Tabletten/Kapseln). Was ich bissl merkwürdig finde ist, dass die die Medikamente umpacken. Also die nehmen wohl ne Großpackung und nehmen dann die entsprechende Menge an Blisterpackungen und tun das in ihre eigene Verpackung und drucken dann den Beipackzettel aus und drücken das einem in die Hand. Das Omeprazol haben die mir für 8 € pro 14er Packung verkauft... In Deutschland hatte ich die 100er Packung für 8 € gekauft. Ich wusste, dass das zu teuer ist, wusste aber nicht, ob wegen dem Informationsaustausch zwischen Apotheke und Hausarzt es dann zu unnötigen Rückfragen kommen würde. Habs dann einfach bezahlt.
Nach zwei Wochen hatten wir den Termin und die Hausärztin fragte halt warum, wieso, weshalb die Medikamente im Iran verschrieben wurden. Und dass man wohl wiederkehrende Vorsorgeuntersuchungen planen wolle. Ich erklärte, dass wir Anfang März wieder weg sind. Sie sagte, dass es dann natürlich keinen Sinn mache

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Ich frage nochmal wegen der Medikamente und sie erklärte, dass es eine Dauerverschreibung ist. Man kann einfach immer, wenn die Medikamente zu Ende gehen, diese in der Apotheke abholen. Beim ersten Mal gibt es die Medikamente immer für einen Monat, danach für drei Monate.
Anfang dieser Woche gingen wir zur Apotheke und haben direkt auf das Omeprazol verzichtet. Es wurden Medikamente für zwei Monate gegeben. Warum nicht für drei? Ist halt so. Keine Erklärung.
Meine Frau hatte ja vor 7 Monaten entbunden und ich habe eine Zusatzversicherung mit Physiotherapie abgeschlossen. Physiotherapie kriegt man hier direkt ohne Überweisung oder der Pflicht eine Kostenübernahmeerklärung von der Krankenversicherung einholen zu müssen. WIr wohnen ja praktisch neben einer Physiotherapiepraxis. Also hin, Krankenversicherungsnummer und Krankenversicherer genannt, ja 9 kostenfreie Sitzungen. Meine Frau hat 5 Sitzungen in Anspruch genommen. Wir sind um die Erfahrung der Physiotherapie reicher. Es war imho gut.
Unsere Tochter hatte in der Nacht vom Sonntag um ca. 1 Uhr plötzlich Fieber (+39°C). Zuerst dem Kind 75mg Paracetamol Zäpfchen gegeben und danach 112 angerufen und die Antwort bekommen, ich solle den Hausarzt-Notdienst anrufen. Ich habe sie angerufen und die Situation erklärt. Es war halt das erste Mal, dass unsere Kleine Fieber hatte und die Hausärztin war verständnisvoll. Wir wurden dann zum Rijnstate Krankenhaus in Arnheim überwiesen. Hab dann ein Taxi organisiert und sind hin. Wir haben so 30 Minuten gewartet und unsere Kleine wurde untersucht. Nichts auffälliges, wohl eine Magen-Darm-Infektion o.ä.. Uns wurde gesagt, wir sollten ruhig mehr Paracetamol, weil 75mg zuwenig für das Körpergewicht sei, verabreichen. Taten wir auch und wurden nach Hause geschickt.
Am Montag rief ich die Hausärztin an und bat um einen Termin, um nochmal die Situation abzuklären und bekam einen Termin für 12 Uhr. Ich wurde am Telefon von der Sekretärin um Symptome etc. gefragt. Hatte das anfangs grob erklärt, aber dann fragte sie nach spezifischen Symptomen. Sry, aber warum soll ich der Sekretärin etwas erzählen mit der Gefahr, dass ich am Telefon was falsch mitteile? Aber sowas ist man ja auch in Deutschland gewohnt.
In der Zwischenzeit ging ich zur Apotheke und wollte Paracetamol Zäpfchen beschaffen, weil ich nicht meinem Kind jedes Mal zwei Zäpfchen verpassen wollte. In der Apotheke fragte ich nach 150mg Zäpfchen und die schauten einen an, als würde man aus dem Weltall kommen. Ja gut, die dosieren die Paracetamol-Zäpfchen nicht in den Dosen von 75mg, 150mg, 250mg sondern in 60mg, 120mg etc.. Zeigt die mir die 120mg Zäpfchen und ob ich nicht doch lieber die 60mg will? Ohne Begründung von der “PTA”. Nein, ich will 120mg.
Später bei der Hausärztin wurden 40°C Fieber gemessen. Wieder Überweisung zum Rijnstate Krankenhaus zum Kinderarzt. Ich wusste nicht mehr, wann ich das letzte Mal Paracetamol verabreicht hatte. Ich bat doch, dass ich schnell eine 120mg in ihrem Behandlungsraum verabreichen darf!? Nur wenn es schnell ginge, weil der nächste Patient wartet… Ja, machen wir in 2 Minuten. Gesagt. Getan. Und ab zum Krankenhaus. Diesmal mit dem Bus und 20 Minuten später waren wir im Krankenhaus.
Im Krankenhaus gibt es wohl ältere Personen, die als Freiwillige einem bei der Orientierung im Krankenhaus helfen. Eine tolle Sache. Einer der Freiwilligen sagte, wir müssen vom Haupteingang zur Notaufnahme. Wir sind hin und unsere Tochter wurde aufgenommen. 10 Minuten später kam schon eine Pflegerin und brachte uns zur Notaufnahme für Kinder. Dort kam dann die Assistenzärztin. Was ich bissl nervig finde, ist, dass man praktisch immer die Personen fragen muss, was deren Rolle ist, weil sie nicht direkt sagen, ob sie ein Arzt oder ein Pfleger sind. Jedenfalls wurde alles gefragt, wir sollten noch eine 120mg Paracetamol geben und dann wurde ein Ultraschall vom Bauch verordnet, warum wieso weshalb? Keine kurze Erklärung. Wir sollen die Kleine beruhigen und auf den Ultraschall warten. Dauerte nicht lange und wir gingen zum Ultraschall. Ultraschall wurde durchgeführt, und wir mussten unsere Kleine festhalten und die Ärztin machte den Ultraschall. Ich sehe auf dem Monitor, dass ein Doppler-Ultraschall gemacht wird. Ich frage, gehts ums Herz? Sie antwortete, dass es um ein Blutgefäß ginge. Ich fragte, ob nur “Aorta?” und sie: “Ja”. Und dann wurde uns gesagt, dass es darum ginge um einen Volvulus auszuschließen (ich musste den Begriff jetzt selber nachschlagen, so schlau bin ich nämlich auch nicht). Volvulus konnte ausgeschlossen werden. Zurück zum vorherigen Zimmer. Die Kinderärztin gibt mir ein 6,25 mg Zäpfchen Diclofenac, dass ich unserer Tochter verabreichen soll und erklärt, man brauche eine Urinprobe. Wieso? Weshalb? Keine Erklärung. Aber ok. Es wurde dann so ein Urinaufsammelbeutel auf die Haut geklebt und der Urin so gesammelt. Nach ner dreiviertel Stunde sagte ich, sie hätte uriniert, und die Pflegerin kam und schaute es sich an, und es wurde als ausreichende Menge für die Laboruntersuchung angesehen. Nach einer Stunde, die Information, dass die Probe wohl verunreinigt sei. Die Kinderärztin empfahl die stationäre Einweisung, weil unsere Tochter zu wenig Flüssigkeit in den letzten 24 Stunden aufgenommen hat.. Ein Elternteil kann die Nacht bleiben, aber einer muss nach Hause. Ich besprach das mit meiner Frau und ich sage, dass es besser ist zu bleiben, weil “Vorsicht ist besser als Nachsicht”. Ich sagte meiner Frau aber auch, dass wir jederzeit entscheiden können, die Behandlung abzubrechen. Wir entschieden uns, dass sie die Nacht bleibt.
Meine Frau wurde dann aber unruhig, weil sie kein englisch oder niederländisch spricht und ich sagte, ok weil mich auch das ganze nicht so überzeugt hat. Ich bat um mehr Beratung durch die Ärztin. Wir diskutieren, und ich frage sie, was wenn unsere Tochter ihrer Meinung nicht “genug” trinkt. Sie erklärt dass man wohl dann über die Nase ernähren muss. Meine Frau hat die Gestik direkt begriffen und sagte direkt “Nein”. Ich erklärte , dass wenn sie gesagt hätte, dass sie bspw. die Windeln auf ausreichende Menge Urin checken würde, dann ja wohl keine Dehydrierung vorliegen würde - Ich hätte dann ihrer Aussage mehr vertraut. Sie meinte dann, dass sie den Oberarzt holt.
Der Oberarzt war auskunftsfreudiger. Er sagt es ist medizinisch vertretbar unsere Kleine zu entlassen und dass wir bestimmt schaffen unsere Kleine zum trinken zu bewegen. In der Urinprobe seien jedoch Leukozyten gefunden worden und man könne eine Infektion des Harnwegs nicht ausschließen. Entweder man würde eine Urinprobe mit einem Katheter entnehmen um die Infektion auszuschließen, oder sie solle eine Nacht bleiben um die Nahrungsaufnahme zu beobachten. Eine etwaige Infektion des Harnwegs könnte zu Nierenproblemen oder zu einer Blutvergiftung führen, und müsste mit Antibiotika behandelt werden. Ich fügte hinzu, dass wir auch die Option der Entlassung auf eigenen Wunsch hätten. Zudem, dass es ja nicht sehr logisch sei, weil man ja die Infektion ausschließen müsste, weil dann ja Antibiotika notwendig sei. Meine Frau wollte mehr über den Katheter wissen und der Arzt meinte es würde für 1 bis 2 Minuten unangenehm werden. Ich übersetzte meiner Frau, dass der Arzt sagt es würde 1 bis 2 Minuten unangenehm sein und ich denke es wird schmerzhaft werden… Warum sonst würden die Ärzte versuchen den Katheter zu vermeiden?
Also willigten wir für den Katheter ein. Meine Frau verließ den Raum, weil sie solche Sachen nicht aushalten kann. Ich bin der, der immer diese unangenehmen Sachen begleiten muss. Eine Pflegerin hielt die Kleine fest an den Beinen. Ich hielt meine Kleine an den Armen und versuchte sie etwas zu beruhigen und ich sah, wie die Ärztin eine gefühlte Ewigkeit versucht, wieder und wieder den Katheter zu setzen. Meine Kleine schrie so sehr, dass sie heute noch heiser ist. Nach glaub ich 2-3 Minuten rumgestochere mit dem Katheter sage ich, dass das jetzt der letzte Versuch ist, und wenn es nicht klappt, dann ist es vorbei. Es glückt, und nach einer halben Stunde ist das Ergebnis negativ. Der Oberarzt sagte, wir sollen ihr noch 2 Tage vier mal täglich 120mg Paracetamol und 6,25mg Diclofenac verabreichen. Ich fragte ob das nicht zu hoch sei, und er meinte, es gäbe noch Luft nach oben, man würde aber auf den Beipackzetteln niedrigere Dosen schreiben, damit die Eltern nicht zu viel geben. Ich bat um die Verschreibung der Diclofenac Zäpfchen.
Unsere Kleine konnte nach 5 Stunden Klinikaufenthalt entlassen werden. Am Haupteingang gibt es eine Apotheke. Man hatte von den verschriebenen 15 Diclofenac Zäpfchen nur noch 5. Ok. Zum Überbrücken bis die Hausapotheke auf hat, sollte es ja reichen…
Am nächsten Tag ging ich zur Apotheke, und mir wurde gesagt, dass 6,25 mg Diclofenac Zäpfchen nicht vorrätig seien und wohl auch nicht lieferbar!!! Man könnte mir 12,5 mg Diclofenac Zäpfchen geben, und ich müsste sie in der Mitte teilen. Oder ich gehe zurück zu der Apotheke im Krankenhaus und frage die. Ich lehnte dankend ab. Ich rief dann die Apotheke am Bahnhof in Emmerich an und fragte, ob sie 6,25mg Diclofenac Zäpfchen hätten. Diese Dosis gibt es laut der Apothekerin nicht in Deutschland, da die Zäpfchen wohl bei 25 mg anfangen und schon rezeptpflichtig wären. Tja. Ich beriet mich mit meiner Frau und entschieden uns, die Diclofenac einfach so lange anzuwenden wie wir Zäpfchen hätten.
Jedenfalls: Unsere Tochter ist gesund und trinkt wieder richtig viel Milch

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Fazit:
Die Ärzte sind schon nett und soweit ersichtlich auch kompetent. Aber Informationen werden nur bei konkreter Nachfrage gegeben. Man hat schon das Gefühl, dass es ein systemisches Ungleichgewicht gibt.
Das Senden von Gesundheitsdaten per E-Mail… wahrscheinlich sehen die Niederländer das weniger kritisch als wir Deutsche. Aber es verringert natürlich den Aufwand für beide Seiten.
Den zentral verwalteten Impfpass finde ich sinnvoll. Auch dass man direkt zum Physiotherapeut gehen kann, macht Sinn.
Das Hausarzt-System fühlt sich für mich unnatürlich an. Auch die geringere Ärztedichte spürt man dadurch sofort, weil man sich mittel- bis langfristig auf einen Arzt festlegen muss, und ein Wechsel eine gefühlt höhere Hemmschwelle hat und auch die Hausärzte wohl nur Personen in ihre Patientenregister aufnehmen die frisch in die Gemeinde gezogen sind. Problematisch ist auch, dass die Untersuchungszeit offensichtlich streng kontingentiert ist. Ein deutscher Hausarzt kann sich die Zeit nehmen und dich befragen und untersuchen. Der niederländische Hausarzt hat 10 Minuten für dich. Ist die Zeit vorbei? Tja, Pech gehabt, mach einen neuen Termin.
Der Umstand, dass Fachärzte wie bspw. Kinderärzte in den Krankenhäusern konzentriert sind, hat natürlich den Vorteil, dass fächerübergreifend zusammengearbeitet werden kann und fachspezifisch auftretende Fragen schneller geklärt werden können. Laboruntersuchunge? Die werden praktisch unverzüglich durchgeführt. Aber der Nachteil ist auch, dass man viel schneller in eine stationäre Behandlung rutschen kann.
Unsere Hausapotheke fand ich nicht überzeugend. Alle Mitarbeiterinnen unmotiviert, gelangweilt und erklärten nix. Es gibt auch genug negative Rezensionen auf google maps für diese Apotheke. In Deutschland würde ich einfach in eine andere Apotheke gehen. Aber das geht ja in den Niederlanden nicht, weil die Apotheke ja schon dein Rezept von deinem Hausarzt zugesendet bekommen hat. Mit zunehmendem Alter denke ich mehr und mehr, dass die Beratung durch einen Apotheker bzw. PTA wichtig ist. Bei der Apotheke am Krankenhaus gab es den Service, den ich von einer deutschen Apotheke erwarten würde. Da sagte mir die PTA, dass sie die Dosis nochmal mit der Apothekerin abklären möchte und ich dachte mir nur: “Klasse! Die letzte Überprüfungsinstanz bei der Arzneimittelvergabe kennt ihre Pflicht!”
Die GGD ist schon ein interessanter Ansatz und wir haben auch unser Kind dort einmal wiegen und messen lassen. Ich habe gemischte Gefühle bezüglich der Trennung von Krankheitsbehandlung und Krankheitsvorsorge.
Aber: Ich bevorzuge das deutsche Gesundheitssystem auch wenn ich für Medikamente zuzahlen muss.