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von Matthew1904 » 28.12.2011, 21:55
Ich habe heute eine atwort von der
.unabhaengige-patientenberatung.de/startseite.html
bekommen. Die wichtigen Sachen habe ich herausgenommen
Quelle: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.07.2011 - L 16 KR 73/10
(Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.)
Widersprüchlich ist insoweit bereits,
weshalb bei Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses
kein Krankengeldanspruch entstehen soll, während eine am letzten Tag des
Beschäftigungsverhältnisses ausgestellte Folgebescheinigung ohne weiteres den entstandenen
Krankengeldanspruch erhalten soll (Dalichau, SGB V, § 46). Vor dem Hintergrund der
Rechtsprechung des BSG, nach der bei abschnittsweiser Gewährung von Krankengeld das
Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krankengeldes für jeden weiteren
Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist (BSG, Urteil vom 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, SozR 4-
2500 § 44 Nr. 6) und § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V uneingeschränkt auch auf Folge-AU aufgrund
derselben Erkrankung anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 37/06 R, SozR 4-2500
§ 44 Nr. 12 Rdnr. 16), sind beide Sachverhalte völlig identisch zu beurteilen.
Während in den vom BSG entschiedenen Fällen eine Lücke von
mindestens einem Tag zwischen dem Tag des Endes der Mitgliedschaft und dem Tag der
Entstehung des Krankengeldanspruchs lag, schließt hier der Krankengeldanspruch nahtlos an die
zuvor bestehende Mitgliedschaft an. Die Arbeitsunfähigkeit ist noch am letzten Tag der
Beschäftigung festgestellt worden. An die am 30.09.2008 um 24.00 Uhr endende Mitgliedschaft
schließt sich der am 01.10.2008 um 0.00 Uhr entstehende Krankengeldanspruch an. Hält man nicht
diesen lückenlosen Anschluss für ausreichend, muss man annehmen, dass für eine juristische
Sekunde die Mitgliedschaft neben dem Krankengeldanspruch bestand und damit der entstandene
Krankengeldanspruch den Fortbestand der Mitgliedschaft bewirkt (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Eine andere Sichtweise erscheint mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht vereinbar. Bereits nach dem
Wortlaut des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V soll die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger
„fortbestehen“. Auch das BSG geht diesbezüglich davon aus, dass mit dieser Vorschrift eine
bestehende Mitgliedschaft „verlängert“ werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 1 KR
20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr. 4). Sinn und Zweck der Regelung des § 192 SGB V ist es,
Versicherten, die aus gesundheitlichen oder sozial gerechtfertigten Gründen keine neue
Mitgliedschaft begründen können, für einen sachlich begrenzten Zeitraum die Mitgliedschaft und
damit den uneingeschränkten Versicherungsschutz der GKV zu erhalten. Auch aus diesem Grund
muss deshalb ausreichend sein, dass der mitgliedschaftserhaltene Tatbestand im unmittelbaren
Anschluss an die vorherige Mitgliedschaft verwirklicht wird (vgl. auch Baier in Krauskopf, Soziale
Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 192 Rdnr. 2, 5). Nur die Auslegung, dass die
Nahtlosigkeit von Mitgliedschaft und mitgliedschaftserhaltenden Tatbeständen ausreichend ist, wird
dem Ziel des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, bei fortlaufender Arbeitsunfähigkeit gegen den hierdurch
entstehenden Lohnausfall zu schützen, gerecht.
Eine Mitgliedschaft der Klägerin nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld
bestand auch über den 27.10.2008 hinaus fort, obwohl die nachfolgende Arbeitsunfähigkeit nicht
bereits am 27.10.2008 sondern erst am 28.10.2008 ärztlich festgestellt worden ist. Unter
Berücksichtigung von § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, der wegen der abschnittsweisen Gewährung von
Krankengeld auch im Rahmen der Folgebescheinigungen aufgrund derselben Erkrankung zu
berücksichtigen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 12
Rdnr. 16) wäre damit am 28.10.2008 trotz lückenlos festgestellter Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen
des Karenztages eine Lücke entstanden, die den Verlust der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2
SGB V bewirken würde.
Jedoch liegen hinsichtlich dieser unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG
grundsätzlich verspäteten Feststellung der Arbeitsunfähigkeit die Voraussetzungen vor, unter denen
eine unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise rückwirkend
nachgeholt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann eine unterbliebene
ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise rückwirkend nachgeholt werden, wenn
die rechtzeitige Feststellung und Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert
worden ist, die nicht im Verantwortungsbereich des Versicherten liegen (vgl. BSG, Urteil vom
05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr. 4; Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R,
SozR 4-2500 § 46 Nr. 1 m. w. N.). Die Klägerin war nach ärztlicher Feststellung am 27.10.2008 und
dann erneut ab dem 28.10.2008 und damit durchgehend arbeitsunfähig. Aufgrund der in den AUBescheinigungen
enthaltenen Hinweise „voraussichtlich arbeitsunfähig bis zum einschließlich“
musste und durfte sie davon ausgehen, dass zur Aufrechterhaltung eines durchgehenden Anspruchs
auf Krankengeld eine erneute ärztliche Feststellung am 28.10.2008 ausreichend war. Dem hat sie
entsprochen und damit alles in ihrem Verantwortungsbereich Liegende getan, um eine rechtzeitige
Verlängerung der Krankschreibung zu erreichen. Die Notwendigkeit, sich am letzten Tag der
Arbeitsunfähigkeit erneut zum Arzt zu begeben, um den Versicherungsschutz nicht vollständig zu
verlieren, ist weder den Vertragsärzten der Krankenkassen noch den Versicherten selbst bekannt
(vgl. hierzu Legde, SGb 2008, 415, 417). In § 5 Abs. 3 Satz 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
des Gemeinsamen Bundessausschusses (vom 01.12.2003, BAnz Nr. 61 vom 27.03.2004, zuletzt
geändert durch Beschluss vom 19.09.2006, BAnz Nr. 241 vom 22.12.2006) wird den Vertragsärzten
sogar (ausnahmsweise) die Befugnis eingeräumt, rückwirkende Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen,
was insbesondere für den Fall von Bedeutung ist, dass das Ende der ärztlich bescheinigten
Arbeitsunfähigkeit auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Ein Hinweis, dass in diesen
Fällen allerdings möglicherweise der Versicherungsschutz des Patienten gefährdet sein könnte,
findet sich dort aber nicht. Zudem enthält das SGB V auch keine einheitliche Regelung hinsichtlich
des Beginns des Krankengeldanspruchs.
Schließlich
entspricht es nach den Erfahrungen des Senats aus anderen Verfahren der Praxis vieler
Krankenkassen bei durchgehend festgestellter Arbeitsunfähigkeit einen durchgehenden
Versicherungsschutz anzunehmen und das Krankengeld zu gewähren, auch wenn die weitere
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht am letzten Tag der zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeit,
sondern am Folgetag erfolgt und der Versicherungsschutz unter Berücksichtigung des Karenztages
eigentlich erloschen wäre. Auch angesichts dieser uneinheitlichen gesetzlichen Regelung und
uneinheitlichen Praxis ist es Aufgabe der Krankenkasse durch entsprechende Hinweise in den von
ihr erstellten Vordrucken für die kassenärztliche Versorgung sicher zu stellen, dass die Vertragsärzte
und durch diese die Versicherten darüber informiert werden, dass in bestimmten Fällen der
Anspruch auf Krankengeld erlöschen kann, wenn der Versicherte sich nicht spätestens am letzten
Tag der Arbeitsunfähigkeit zum Arzt begibt (vgl. hierzu auch SG Dortmund, Urteil vom 27.10.2009,
S 44 KR 71/09 n. V.; zur Verpflichtung der Krankenkassen, die zur Durchführung der
kassenärztlichen Versorgung erforderlichen Vordrucke praktikabel zu gestalten, damit sie von den
Kassenärzten richtig verwendet werden, LSG NRW, Urteil vom 26.08.2004 - L 16 KR 324/03,
s...de, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 28.10.1981, SozR 2200 § 216 Nr. 5). Dass die
Krankenkassen ohne weiteres dazu in der Lage sind, einen solchen Hinweis zu geben, zeigt schon
der Umstand, dass die Auszahlungsscheine vieler Krankenkassen, wie dem Senat aus anderen
Verfahren bekannt ist, zwischenzeitlich den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass sich der
Versicherte spätestens am letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit erneut beim Arzt vorstellen muss. Ist
ein solcher Hinweis - wie hier - nicht erteilt worden, kann im Wege eines sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs die verspätete Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach § 46 Satz 1 Nr. 2
SGB V nicht entgegengehalten werden, wenn der Nachweis der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit
geführt ist (so auch Legde, SGb 2008, 415, 417).
Gruß Matthew