Krankenkassen und Krankenhäuser
Verfasst: 06.02.2011, 16:44
haufe.de - 04.02.2011 - hat geschrieben:CDU-Vorstoß für Zweibettzimmer: In welcher Welt lebt Herr Spahn?
Krankenhäuser sollen Geld verlieren, wenn sie Kassenpatienten nicht in Zweibettzimmern unterbringen. Das will der "CDU-Experte" Jens Spahn. Alle anderen laufen dagegen Sturm.
Der bereits vor einigen Wochen bekannt gewordene CDU-Vorstoß wurde in Fachkreisen nicht unbedingt ernst genommen. Was der "CDU-Experte" Jens Spahn von sich gab, das wollten viele Insider zunächst als Scherz auffassen. Doch nun erneuert Spahn seine offensichtlich doch ernst gemeinten Vorschläge, Kliniken mit Vierbettzimmern finanziell zu bestrafen.
"Betten pro Zimmer sollten nicht von CDU-Zentrale aus geregelt werden"
Dieses Ansinnen ist jetzt auf scharfen Protest des Koalitionspartners FDP gestoßen. "Die Betten pro Zimmer sollten nicht aus der CDU-Zentrale in Berlin geregelt werden", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, am 3.2.2011 in Berlin. Nach dem Willen ihres Unionskollegen Jens Spahn (CDU) sollen Kassenpatienten in Krankenhäusern künftig nur noch im Zweibettzimmer untergebracht werden - oder 10 EUR pro Tag sparen.
Bei Unterbringung etwa in einem Vierbettzimmer müssten Patienten demnach nicht die entsprechende Zuzahlung leisten. Diese ist maximal 28 Tage pro Jahr fällig - den Kliniken entgingen also pro Patient bis zu 280 EUR im Jahr. Als Alternative schlägt Spahn vor, dass die Krankenkasse die normale Bezahlung der Klinik um beispielsweise 10 EUR senkt, wenn der Patient im Drei-, Vier- oder Sechsbettzimmer liegt. Das eingesparte Geld bliebe im Gesamtbudget der Kliniken - im Jahr darauf könnte es wieder verteilt werden.
Allgemein belächelt - aber ernst gemeint: Spahns Reformvorstellungen
Mit einem entsprechenden Papier konkretisierte Spahn seinen allgemein eher belächelten Vorschlag vom Dezember 2010. Das Papier lag der Nachrichtenagentur dpa vor. Die "Welt" berichtete zuerst darüber. Die Regel soll Teil des Klinik- und Ärztegesetzes der Koalition in diesem Jahr werden. Laut Spahn wären mögliche Klinik-Einbußen mit im Schnitt 70 von 2900 EUR pro Patient relativ überschaubar.
FDP, Ärzte und Kliniken halten trotzdem nichts davon. "Ich werde keinem Vorschlag zustimmen, der die Kommunen und örtlichen Krankenhausträger zusätzlich belastet", sagte Flach. "Die CDU setzt auf Strafen, die FDP setzt auf Anreize."
Montgomery: "Der Fleiß des Herrn Spahn ist eine große Freude für uns"
Der Vizechef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, griff zu Ironie: "Der Fleiß des Herrn Spahn ist eine große Freude für uns." Die Ärzte lehnten die vorgeschlagene Bestrafungssystematik strikt ab. Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, sagte der "Welt": "Das Aufzwingen von Zweibettzimmern würde dazu führen, dass ein Drittel der Krankenhausbetten den Patienten von heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung ständen." Rund ein Drittel der Betten pro Krankenhaus stehe in Drei- oder Vierbettzimmern. Die Kassen entgegneten, die Klinikbetten seien seit Jahren nicht ausgelastet.
Kritiker fragen sich: In welcher Welt lebt dieser Herr Spahn?
Beim Praxisarzt - auch bei Spezialisten - sollen Patienten laut Spahn künftig nur noch drei Wochen auf einen Termin warten müssen. Dafür sollen Kassen zu einem Terminmanagement verpflichtet werden. "Davon halten wir gar nichts", sagte Montgomery. Ann Marini, Sprecherin des Kassen-Spitzenverbands, sagte hingegen: "Wartezeiten beim Arzt durch ein Terminmanagement zu verkürzen, dürfte den Patienten sicher Vorteile bringen." Allerdings wären solche personalintensiven Aufgaben angesichts festgeschriebener Verwaltungskosten für die Kassen kaum kurzfristig zu schultern. Nicht jeder drückt sich so vorsichtig aus - wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand: Krankenkassen-Insider fragen sich angesichts Spahns fragwürdiger sozialpolitischer Vorstellungen, in welcher Welt dieser Mann denn eigentlich lebe.
Quelle dpa/Haufe Online-Redaktion
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