Hallo,
der Vergleich GKV - PKV ist grds. ein lebenslanger Vergleich. Eine Ausnahme ist Eintritt von Versicherungspflicht vor dem 55. Geburtstag (es gibt aber keinen Vertrauensschutz, dass diese Möglichkeit nicht durch eine Gesetzesänderung abgeschafft wird). Das heißt, es ist grds. erforderlich alle späteren möglichen Veränderungen mit in den Vergleich einzubeziehen, z.B. "Vergrößerung einer Familie (auch Stiefkinder)" und Verringerung der Einnahmen.
Auch bei folgenden Änderungen bleibt man in der PKV:
Kurzarbeit, unbezahlter Urlaub/Sabbatjahr, stundenweise Arbeit nach längerer Arbeitsunfähigkeit, Bezug von Krankentagegeld, späteres (Zweit-)Studium, Frührente wegen Erwerbsminderung, Altersrentner, Hausmann, Auszeit wegen Kindererziehung -> in diesen Fällen sind die PKV-Beiträge in unveränderter Höhe weiterzuzahlen.
Es sind zusätzliche Beiträge für Kinder (bei Heirat oft mehrere Stiefkinder) oder den nichtberufstätigen Ehegatten (pro Kopf!) zu zahlen.
Die Beiträge für einen evtl. nicht berufstätigen Ehegatten (ohne Alg-Bezug) werden in der GKV grds. nach der Hälfte der Einnahmen des PKV-Ehegatten berechnet (§ 240 SGB V letzter Absatz).
Für Kinder sind pro Kopf Beiträge zu zahlen. Die Leistungen für die Kinder sind dann oft auf die Tarife für die Eltern begrenzt. Hier sind unter dem Suchbegriff "PKV" viele Erfahrungen von Betroffenen vermerkt:
https://www.rehakids.de/forum21.html
Bei den Leistungen sollte man neben vielen anderen besonders auf folgende Punkte achten:
• Reha/Kur (z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Unfällen ...)
• Hilfsmittel: Katalog der GKV:
https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home.action
Hilfsmittel erreichen schnell 4- und teilweise 5-stellige Beträge.
• Psychotherapie, z.B. bei Burnout (Sitzungsanzahl und Erstattungshöhe)
• kieferorthopädische Behandlung (=Zahnspange)
• Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie), z.B. nach Schlaganfall
-> Heilmittelarten und Erstattungshöhe ("ortsübliche Höhe" führt schnell zu Differenzen zwischen Privatversicherung und Leistungserbringer)
• für Arbeitnehmer Krankentagegeld: Wenn dieselbe Krankheit wiederholt auftritt, braucht der Arbeitgeber insgesamt nur 42 Tage Entgeltfortzahlung zu leisten. Wenn das Krankentagegeld immer erst ab dem 43. Tag gezahlt wird, entsteht ggf. eine längere finanzielle Lücke (maximal 42 Tage ohne irgendeine Zahlung).
Man kann "PKV-Experten" auch eine Testfrage stellen: "Brauche ich als Arbeitnehmer eine Absicherung für Kur/Reha?" Wenn die Antwort lautet, dass das nicht erforderlich ist, da die Rentenversicherung für Arbeitnehmer die Kosten trägt, ist das nur die halbe Antwort. Als Rentner (auch Frührentner) besteht später dann keine Absicherung mehr. Die spätere PKV-Absicherung für Reha wird dann unmöglich bzw. (fast) unbezahlbar sein.
In der PKV werden Leistungen erstattet, wenn das sie das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Was das "Maß des Notwendigen" ist, prüft die Versicherung, wenn man Rechnungen einreicht. Der Leistungserbringer hat aber trotzdem einen Anspruch auf Vergütung. Im Übrigen werden - je nach Tarif - oft nur schulmedizinisch anerkannte Methoden erstattet.
§5 Absatz 2 und § 4 Absatz 6 PKV-Musterbedingungen:
https://www.pkv.de/service/broschueren/ ... dingungen/
Wenn man im Krankheitsfall Probleme mit einem PKV-Unternehmen hat, kann man praktisch nicht mehr zu einem anderen Unternehmen wechseln. Jede andere Versicherung wird einen voraussichtlich wegen der Erkrankung ablehnen (oder gravierende Risikozuschläge erheben). In der GKV sind die anderen (108) Krankenkassen verpflichtet, einen aufzunehmen, und man hat ab dem 1. Tag den vollen Leistungsanspruch (ohne Zuschläge).
Vielleicht interessant:
https://www.focus.de/finanzen/versicher ... 52165.html
https://www.bundderversicherten.de/publ ... roschueren
http://www.pkv-ombudsmann.de/
(unter Tätigkeitsberichte sind häufige Beschwerden von PKV-Versicherten aufgelistet)
Wenn die PKV günstiger als die GKV ist, profitiert der Arbeitgeber zur Hälfte von der Ersparnis. Wenn die PKV (früher oder später) teurer als die GKV ist, trägt man als Versicherter die Mehrkosten allein (Arbeitgeber oder Rentenversicherung beteiligen sich daran nicht): § 257 SGB V und § 106 SGB VI. Aktuell (2019) beträgt der Zuschuss des Arbeitgebers 50% des Beitrages, aber maximal 351,66 zur Kranken- und 69,20 zur Pflegeversicherung.
Auch im Steuerrecht gibt es eine Besonderheit: Wenn man niedrigere Beiträge für die Grundabsicherung zahlt, kann man steuerlich weniger absetzen. Das Finanzamt spart mit. Bei späteren höheren Beiträgen wird vom Finanzamt aber nur der dann von der PKV bestätigte Grundbeitrag akzeptiert.
Die Gesundheitsfragen im PKV-Antrag sind immer für jede Person zu 100% korrekt anzugeben: Gab es in den letzten Jahren irgendwann Rückenbeschwerden? Gab es Knieeinschränkungen? Oder Kopfschmerzen? Oder eine Erkältung mit Husten? Nicht angegebene Erkrankungen können auch nach Jahren zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
https://www.test.de/Versicherungsantrag ... 4648167-0/
Die sehr wenigen aktuell vorhandenen Möglichkeiten, aus der PKV zurück in die GKV zu wechseln, können jederzeit (in 1 Jahr, in 5 oder 10 Jahren) durch Gesetz eingeschränkt bzw. abgeschafft werden. Keine Privatversicherung wird einem diese Rückkehrmöglichkeiten für die Zukunft schriftlich geben können.
Die Kosten einer Versicherung bestehen immer aus den gezahlten Beiträgen und den nicht versicherten Leistungen!
Die Entscheidung GKV oder PKV hat vermutlich lebenslange Auswirkungen und sollte daher genauso gründlich wie z.B. ein Hauskauf angegangen werden. Ausführliche Gespräche mit Experten der PKV (Versicherungskaufleute oder Kaufleute für Versicherungen und Finanzen -> schriftliches Beratungsprotokoll mit allen wesentlichen Punkten) und Experten der GKV (Sozialversicherungsfachangestellte -> schriftliche, verbindliche Beratung nach § 14 SGB I) sind sinnvoll. Alle Punkte, die für die Entscheidung wesentlich sind, gehören ins Beratungsprotokoll bzw. die schriftliche Beratung.
Noch Fragen offen?
Gruß
RHW