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von RevengeofPKV » 05.08.2010, 10:07
Meines Erachtens muss man differenzieren: Fusionen sind nicht per se gut oder schlecht, es kommt immer auf die konkreten Partner an und darauf, wie diese zusammen passen. Dabei sind viele Einzelparameter zu beachten und bei der Entscheidung zu bewerten, wie zum Beispiel Finanzen, Risikostruktur und regionale Versichertenverteilung, aber auch Personal-, Vergütungs- und Verwaltungsstrukturen.
Die Gefahr des "too big to fail", deren Auswirkungen wir durch die Bankenkrise kennen gelernt haben, sehe ich nicht, auch nicht bei den im Artikel angesprochenen Großfusionen. Schließlich ist die Wirksamkeit der Fusionsbeschlüsse immer von der Genehmigung durch die Aufsicht abhängig, die sich insbesondere die finanziellen Auswirkungen einer Fusion im Genehmigungsverfahren genau darlegen lässt (Haushaltsplan der fusionierten Kasse).
Ich glaube nicht, dass das Bundesversicherungsamt als zuständige Aufsichtsbehörde für die großen (bundesunmittelbaren) Kassen eine Fusion genehmigt, bei der die entstehende neue Kasse finanziell unsicher aufgestellt sein wird. Schließlich vertritt das Amt in gewisser Weise auch die Interessen des Gesamtsystems und wird nicht ohne Not eine Kasse tolerieren, bei der absehbar ist, dass sie schon bald auf Finanzhilfen anderer Kassen angewiesen sein wird.
Was die erzielbaren Einsparungen durch Fusionen betrifft, sollte man den Effekt nicht unterschätzen. Es geht ja nicht nur um die Einsparung von Verwaltungskosten durch den Abbau von administrativen Doppelstrukturen, sondern auch um bessere Einkaufskonditionen bei den Leistungserbringern durch die gößerere Nachfragemacht der fusionierten Kasse. Das summiert sich alles zusammen über die Zeit zu durchaus ansehnlichen Beträgen.
Natürlich kennt jeder Konzentrationsprozess auch seine Verlierer, siehe zum Beispiel Daimler-Chrysler u.ä. Was für die Beschäftigten der von einer Fusion betroffenen Krankenkasse am Ende rauskommt, ist nicht immer nur positiv. Schließlich gibt es zunächst einmal viele Stelleninhaber doppelt (oder mehrfach). Da können sich sicher geglaubte Karrierechancen plötzlich in Luft auflösen, weil jetzt neue Konkurrenten auftauchen, die auch geeignet wären. Meist können die Mitarbeiter froh sein wenn es den Gewerkschaften gelingt, die Bewahrung des status quo mit dem neuen Arbeitgeber zu vereinbaren.
Außerdem muss man natürlich immer berücksichtigen, dass die bisherigen "Unternehmenskulturen" durch eine neu zu bestimmende ersetzt werden müssen. Das dies nicht immer gelingt, dafür bildete Daimler-Chrysler ja ein gutes - wenn auch sicherlich extremes - Beispiel. Gelingen kann dies nur mit einem professionellen Change-Management, das gut überlegt und dann auch konsequent umgesetzt werden muss.